Die nordischen Länder verfolgen traditionell eine sehr unentspannte Alkoholpolitik. Das betrifft alle nordischen Länder, neben Norwegen und Schweden, also auch Finnland, Island und die Faröer. Lediglich in Dänemark ist der Verkauf von Alkohol frei.
Ich finde die restriktive Politik nicht unbedingt schlecht, Alkohol ist schliesslich eine schlechte Sache. Andererseits bin ich ein ausgesprochener Liebhaber alkoholischer Getränke, deswegen finde ich allgemeine Verfügbarkeit von meinem Lieblingsbier eine gute Sache. Wie so oft sind die Dinge nicht einfach.
In Schweden kann man jedenfalls nicht einfach so Alkohol kaufen. Im Supermarkt gibt es alkoholische Getränke bis zu 3,5 Volumenprozent. Das ist nicht viel. Gewöhnliches Bier enthält ab etwa 4,5 Prozent. Alles darunter fühlt sich auf der Zunge leicht wässrig an. Für seriöse Getränke muss man also ins Systembolaget. Systemet oder Sysbollah, wie man es sonst auch nennt. Systembolaget ist ein staatliches Unternehmen. Es hat nur von Montag bis Freitag von 10 bis 17 Uhr geöffnet und am Samstag von 10 bis 13 Uhr. Man muss mindestens 20 Jahre alt sein und man wird regelmässig nach einer Legitimation gefragt. Auch für Leute wie mich. Hat man keinen Ausweis oder wirkt man betrunken, darf man auch keinen Alkohol kaufen.
Mehr zu Systembolaget findet auf der Wikipedia Seite.
Davon ausgenommen sind natürlich Restaurants und Bars.
Der Vorteil von Sysbollah ist, dass die Auswahl an Bieren und Weinen wirklich hervorragend ist. Selten sieht man derart gut kuratierte Bierregale. Allen voran verschiedene schwedische und norwegische Handwerksbrauereien, aber natürlich auch deutsche Industriemarken. Noch besser sieht es bei der Auswahl an Weinen aus. Sysbollah führt ein beeindruckendes Sortiment an Weinen. Wenn die gelisteten Weine nicht in dem lokalen Geschäft vorrätig sind, kann man sie bestellen und erhält sie garantiert innerhalb 24 Stunden ins lokale Geschäft geliefert.
Heute waren mein Schwiegervater und ich sehr früh in der Stadt. Sein Auto hat einen seltsamen Schaden an der Unterseite, deswegen fuhren wir mit zwei Autos zur Volvo-Werkstatt. Dort teilte man uns mit, dass es ein oder zwei Stunden dauern würde, bis sie eine Aussage treffen könnten. Deswegen fuhren wir in die Stadt, um Einkäufe zu tätigen. Zuerst zu Sysbollah, dann in den Supermarkt und dann zu Telia. Systemet öffnet um 10 Uhr. Um 10:01 fuhren wir auf den Parkplatz ein. Wir stiegen aus dem Auto aus, ich wollte gerade zusperren, dann stand ein Polizist vor mir und fragte nach meinem Führerschein. Er konnte genug Deutsch, um das Wort in meiner Sprache auszusprechen. Er hielt mir auch ein Gerät vor die Nase, um meinen Atemalkohol zu testen.
Der Polizist war nicht gut gelaunt.
Am Montagmorgen bei der Öffnung von Systembolaget auf deren Parkplatz Kontrollen durchzuführen, ist sicherlich eine clevere Idee. Zumindest aus Sicht des Polizisten. Montag um 10 kommen jene Leute, die den Alkohol wirklich nötig haben oder jene Leute, denen auf der Party der Sprit ausgegangen ist. Oder eben unbescholtene Bürger wie ich.
Ich war sehr erfreut. Ich hatte bisher noch nie das Privileg, in ein solches Gerät zu blasen, ich kannte das nur aus Erzählungen und aus Filmen. Ich sagte Momentmoment, zeigte auf meinen Kaugummi im Mund, ich konnte ihn nicht einfach auf die Strasse spucken, also wühlte ich im Auto nach einem Stück Papier. Dann nahm ich den Gummi demonstrativ aus dem Mund und zerdrückte ihn, in einen Kassenbon. Dann atmete ich tief durch und fragte, ob ich da einfach pusten müsse. Ich fragte auf englisch. Er nickte ernst, ich pustete, dann schaute er auf sein Display, alles schien gut und dann ging er schon wieder weg.
Ich würde nicht einmal gebührend gefeiert, dass ich nüchtern war.
Später kontaktierte uns Volvo, die uns mitteilten, dass sie den Schaden relativ unkompliziert beheben können, es aber einen Tag dauere, wir würden das Auto erst morgen abholen können. Also fuhren wir zurück in den Wald.
Den Rest des Tages hatte ich viele Diskussionen mit meiner Frau und davon wurde ich sehr schlecht gelaunt. Also wirklich schlecht gelaunt. Am späten Nachmittag versöhnten wir uns einigermassen, aber die schlechte Laune blieb. Wir machten einen langen Spaziergang mit der Hündin im Wald. Seit kurzen wissen wir, dass die Gegend, in der wir uns befinden, die wolfreichste Gegend des ganzen Landes ist. Das fand ich nicht unbedingt cool. Aber Wölfe sind immerhin besser als Bären. Ich würde mir durchaus zutrauen, einen Wolf in die Flucht zu jagen. Bei einem Braunbären ist das nicht ratsam. Bären gibt es in unserer Gegend aber kaum. Die leben wesentlich nördlicher, ab der Nordseite des Väner-Sees, und in der Gegend von Östersund.