[Do, 29.8.2024 – Abkühlen, Erinnerungen an die Nordkapreise]

Textseite 17 von 100. Ich war etwas weniger produktiv. Das hatte damit zu tun, dass ich mit der Hündin wieder zum Bernsteinsee gefahren bin. Es wurde heute deprimierende 34 Grad. Wann ist die Hitze eigentlich so schrecklich geworden? Früher war das doch nicht so.

Die Hündin und ich sprangen jedenfalls ins Wasser. Am Bernsteinsee gibt es flache Ufer aus Sand, wie die Strände am Meer. Das ist ideal, um Hunde ans Wasser zu gewöhnen. Meine Hündin war bis vor zwei Monaten faktisch wasserscheu. Ich lockte sie den ganzen Sommer lang mit Bällen und Stöcken. Bällen kann sie nicht widerstehen. Ich will, dass sie schwimmen lernt, ich will, dass sie die Sinnhaftigkeit des Abkühlens versteht. Getriggert durch Bälle und Stöcke ging sie immerhin mit den Beinen hinein. Seit ich mit ihr ein Stück ins Wasser mitging, traut sie sich mehr zu. Und weil wir die Wasserbesuche immer wiederholen, wurde sie immer mutiger, sie ging wesentlich tiefer hinein, aber sie brauchte noch Boden unter den Füssen. Auf der Rückreise vom Nordkap, irgendwo in Mittelschweden, verlor sie erstmals den Boden und musste schwimmen. Es wirkte nicht, als würde sie es mögen. Neulich am Maxsee sprang ich dann einfach ins Wasser und schwamm selber. Sie fiepte und piepte am Ufer. Die meisten Hunde sind Kontrolletti, sie mögen es gar nicht, wenn etwas Unanständiges passiert. Aber das veranlasste sie auch dazu, mir entgegen zu schwimmen. Deswegen gehen wir jetzt zum Bernsteinsee. Mittlerweile springen wir gemeinsam ins Wasser. Sie verlässt zwar nicht gerne den Boden unter ihren Füssen, aber wenn ich einen Ball habe oder ich sie zu mir rufe, dann schwimmt sie mir tatsächlich entgegen. Mir macht das sehr viel Spass, ich kannte diese Form der Freude bisher nicht. Zwar zerkratzt sie mich durch ihre Ungestümtheit mit ihren Krallen, aber das ist mir egal. Mein Körper ist an den Armen und auf der Brust und am Bauch zerkratzt.

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Gestern kamen übrigens auch meine Birkenstocks. Ich bestellte ganz gewöhnliche, schwarze in meiner Grösse. Es ist ein angenehmes Gefühl, den Wind an den Zehen zu spüren. Es ist so heiss, es ist mir egal, dass ich hässliche Füsse habe.

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Auch habe ich die Nordkapreise im Juni kategorisiert und in chronologisch richtiger Reihenfolge (also von alt nach neu) sortiert. Fürs Archiv. Dann kann man das nachlesen. Ich muss die Reise auch einmal nachlesen. Die ganze Reise habe ich als seltsam unwirklich in Erinnerung, wesentlich unwirklicher als die Reise nach Spitzbergen. Ich glaube, das hat mit meinem Vater zu tun, ich bin es gewohnt, mit meiner Frau zu verreisen, wir haben einen ähnlichen Blick auf die Welt, auf die Dinge, die wir entdecken wollen, verstehen wollen. Ausserdem sind wir sehr aneinander gewöhnt, wir kennen den Space des jeweilig anderen, wissen, wie wir einander nicht auf die Nerven gehen. Mit meinem Vater auf eine dermassen intensive Reise zu gehen (intensiv im Sinne der Nähe, in der man sich befindet), liess viele Gefühle aufkommen, die leider auch mit Genervtheit zu tun hatten. Damit will ich nicht die Schuld meinem Vater geben, sondern einfach dem Umstand, dass wir uns ziemlich fremd sind und diese intensive Zeit auf engem Raum (Auto, Blockhütte, Hotel) naturgemäss anstrengend sein würde.
Immer wenn ich in der Nachbetrachtung von dieser Reise spreche, dann begebe ich mich schnell in negative Rhetorik, das muss ich mir abgewöhnen. Denn die Reise war
eigentlich sehr schön und auch sehr wichtig. Diese Zeit werden wir in dieser Form nicht mehr miteinander haben. Aber das Gefühl der letzten Tage auf der Rückreise, dieser dringende Wunsch, wieder alleine zu sein, das zieht sich bis heute durch und beeinflusst meine Erinnerung an die Reise. Ich will mich daher auf die Tage davor konzentrieren. Als wir losfuhren, als es aufregend war und alles neu.

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