[Sa, 7.9.2024 – das letzte Drittel, Brauereien, Bernsteinsee]

Tagespensum Freitag: Seite 60 von 105
Tagespensum Samstag: Seite 61 bis 68 von 109

Ich hätte an jedem der beiden Tage mindestens 15 Seiten schaffen müssen, um die Deadline einzuhalten, davon war ich aber weit entfernt. Die Geschichte befindet sich ab Seite 55 in einer kritischen Phase, in der viel passiert. Das ist jene Stelle, an der die Geschichte an Fahrt aufnimmt, wo ich aber offensichtlich nicht viel Lust hatte, Ereignisse und Abläufe zu beschreiben. Das muss ich jetzt nachholen, das dauert aber, denn es ist aufwendiger, was man auch daran merkt, dass der Textumfang von 105 auf 109 Seiten angewachsen ist. Jetzt verstehe ich auch, warum ich immer den Eindruck hatte, dass der Text im letzten Drittel noch Schwächen hat. Ich hatte schlichtweg weniger Lust.

Freitag widmete ich dem Text zugegebenermassen nicht viel Zeit. Am Morgen traf ich eine Fussballfreundin. Ursprünglich wollten wir nur mit unseren Hündinnen spazieren. Vor einigen Tagen fiel mir allerdings ein, dass der Freitag immer noch so heiss sein wird und deswegen schlug ich vor, an den Bernsteinsee zu fahren und ins Wasser zu springen.
Ich bin sehr glücklich darüber, diesen See entdeckt zu haben. Hunde sind erlaubt und er hat mehrere flache Sandstrände. Und er ist tagsüber unter der Woche auch nicht so stark besucht. Nächsten Sommer, wenn ich wieder arbeite, werde ich natürlich nicht immer tagsüber hinfahren können. Deswegen fand ich es clever, die guten Bedingungen noch ein letztes Mal auszunutzen. Am Montag beginnt schliesslich der Herbst. Glücklicherweise. Dann schwindet auch der Wunsch danach, in einen See zu springen.

Am Abend war ich in dem neuen Augustinergarten an der Prenzlauer Allee verabredet. Ich verfolge die Bauaktivität an dem Standort der ehemaligen Bötzowbrauerei schon seit vielen Jahren. Ursprünglich sollte die New Yorker Brooklin Brewery dort ihren Garten eröffnen. Nun ist es Augustiner geworden. Immerhin die beste der grossen deutschen Industriemarken. Auch wenn die Auswahl an Bierstilen etwas beschränkt ist. Es gibt ein Helles und ein Dunkles. Wie vielfältig die deutsches Bierkultur früher war, ist leider auch in Vergessenheit geraten. Aber stop, ich bin schon wieder der Onkel, der über Bier zu sprechen beginnt.

Ein Biergarten an dieser Stelle ist jedenfalls eine schöne Zuführung einer alten Tradition für den Vorplatz der ehemaligen Bötzowbrauerei. Schade, dass man nicht kleine Berliner Brauereien dafür gewinnen konnte, das wäre eine angemessene Nutzung des Geländes gewesen. Diese Stadt der vergessenen Traditionen war bis zum Zweiten Weltkrieg einer der bedeutendsten Brauereistandorte der Welt. Wesentlich grösser und wichtiger als der südostdeutsche Raum, der sich heutzutage als Land des Bieres vermarktet. Vor allem in der Gegend nordöstlich des Alex entwickelte sich Ende 1800 zu einem regelrechter Brauereienboom. An der Schönhauser der Pfefferberg, gegenüber hinterm Due Forni die Königsstadt Brauerei, weiter oben die heutige Kulturbrauerei (früher Schultheiss), dann an der Vinetastrasse die Willner Brauerei, an der Greifswalder, die Schneider Brauerei, an der Landsberger gegenüber des Volksparks, die alte Mälzerei und die daran angeschlossene Böhmische Brauerei und zweihundert Meter weiter die Brauerei Friedrichshöhe, in der sich lange ein Kunstcampus befand. Und dann eben auch die Bötzowbrauerei. Und das war nur Prenzlauer Berg. In dem südlichen Prenzlauer Berg gab es um die Jahrhundertwende 16 Brauereien. Die Allermeisten überlebten den Mauerbau nicht. Und nur Kindl-Schultheiss hat auch die Wiedervereinigung überlebt. Die meisten Brauereien wurden zu Wohnungen umgebaut. Oder es sind Ruinen geblieben. Insofern freut es mich, dass hier wieder ein Biergarten hinkommt. Leider wird am Standort nicht mehr gebraut. Aber gut. Man kann nicht alles haben.

Dazu gibt es eine gute Dokumentation vom RBB. Sie ist in der Mediathek leider nicht mehr aufzurufen, aber mir Programmen wie Mediathekview o.ä. kann man sie immer noch downloaden. Falls jemand nicht weiss wie das geht, kann ich die Doku gerne zur Verfügung stellen.

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Den Samstag verbrachte ich in der verdunkelten Wohnung und arbeitete an dem Text. Ich habe jetzt allerdings verstanden, dass ich die Deadline nicht schaffen werde. Die Zeit war zu optimistisch geschätzt. Ich hatte mich von der Geschwindigkeit der ersten Tage mitreissen lassen, wobei ich nicht verstand, wie viel Arbeit der Text später noch brauchen würde. Am morgigen Sonntag ist es noch warm draussen, das werde ich nutzen, um weiterzuarbeiten.

5 Kommentare

  1. In den letzten Jahren hat sich in Sachen Bierviefalt jedoch wieder viel getan. Stell Dir mal vor, der Biergarten wäre vor 20 Jahren eröffnet worden. Dann hätte es dort doch mit Sicherheit Kindl, Schultheiss und Co. am Hahn gegeben.

    Alleine der Erfolg von Augustiner zeigt doch, dass es bei den Biertrinkern Lust auf Neues gibt. Die noch bestehende Brauereivielfalt im Süddeutschen ist eine Struktur, auf die man eben gerne zurückgreift, wenn man ,,mal was anderes” trinken will.

    Dazu noch die vielen Craftbiere usw.

    Natürlich dominieren Krombacher usw. weiterhin die Getränkemärkte, aber es verändert sich schon seit geraumer Zeit in Richtung neue Vielfalt.
    Prost (ich allerdings alkoholfrei)!

  2. Ich würde Augustiner allerdings nicht als etwas “Neues” bezeichnen. Augustiner lebt von ihrem Hellen. Deren Helles ist vor allem so gut, weil sie gute Rohstoffe verwenden. Das Mastermind hinter Augustiner besteht sogar darauf, selber aufwändig zu mälzen (das Malzen wird von allen anderen Brauereien an spezialisierte Firmen überlassen), weil er nicht mit den modernen Malzverfahren einverstanden ist, die nach seiner Meinung während der Keimung die Gerste nicht genug atmen lassen. Nicht genug atmen lassen! Sowas liebe ich ja.
    Gute Rohstoffe ist ja auch das, was die sogenannten Craft Brauer (ich mag den Begriff nicht) richtig machen: Gute und natürliche Rohstoffe verwenden. Allerdings mälzen die kleinen Brauereien nicht selber.

    Bezüglich der Brauvielfalt im Süden. Ich finde das Brauen im Süden ja nicht vielfältigt 🙂 Letzendlich werden im Süden drei Stile gebraut: Helles, Weizen und Dunkles. Und wenn man will: Pils. Wobei Pils und Helles fast das Gleiche ist, nur mit unterschiedlichen Bittereinheiten. Was im Süden aber so spannend ist, sind die vielen kleinen Handwerksbrauereien (Craft Brauer, wenn man den Begriff konsequent verwenden will). Vor allem in Franken. Aber auch da werden hauptsächlich Helle gebraut. Mit unterschiedlichen Bezeichnungen wie Zwickl, Landbier oder Kellerbier (alles unfiltrierte Helle bzw Lagerbiere), aber das ist nur Marketing.

    Mit Vielfalt meine ich eher, dass ich mir mehr alte Stile zurückwünsche, die aufgrund der Pils/Hell Produktion in Vergessenheit, oder zumindest in den Hintergrund geraten sind. Beispielsweise die echte Berliner Weisse (die gerade ein Comeback erfährt), Altbier (was technisch ein englisches Ale ist), die Gruit-Biere (dieses war das Standard-Bier bevor der Hopfen als Würzung verpflichtend gemacht wurde), Leipziger Gose, Lichtenhainer, dann die verschiedenen Bock-Varianten, echtes Märzen (nicht das österreichische Märzen), natürlich Schwarzbier- und Rotbiervarianten usw usw. Immerhin wurden die obergärigen Pale Ale und IPA (technisch sind das obergärige Bockbiere) von den amerikanischen Handwerksbrauereien wiederbelebt und zurück nach Europa rekultiviert.
    Das meine ich eher mit Vielfalt 🙂

    Dennoch freue ich mich natürlich über das gute Augustiner Hell. Wo das Malz richtig geatmet hat 😀

    • Verstehe! Vielfalt ist dann nicht gleich Vielfalt. Allerdings ist eine vielfältige Brauereilandschaft Grundlage für eine Biervielfalt und da bricht ja nach und nach etwas auf.
      Irgendwie sind junge, findige Brauerinnen und Brauer doch immer auf der Suche nach neuen und alten Varianten. Auch die Verfügbarkeit von ausländischen Bieren erweitert da bei vielen den Horizont.
      Wenn man ein wenig tiefer in die Brieftasche greift, kann man sich ja auch Bier bestellen. Als ich damals meinen Bierpodcast gemacht habe, gab es vielleicht mal einen Web-Shop, über den man Bier einzeln bestellen konnte. Das hat sich alles geändert.
      Was ich damit meine:
      Es geht wieder voran mit der Vielfalt. In meiner Jugend im Sauerland gab es im Getränkemarkt exakt einen Biertyp (evtl. dann doch mal ein verschämtes Altbier in der Ecke) von ungefähr 5 Brauereien, wobei die aus Dortmund immer verstaubt dastanden.
      Da hat sich doch schon eine ganze Menge getan.

      • Bierpodcast? Interessant. Wo finde ich den? Wenn ich deinen Namen und Bier google, bekomme ich äusserst seltsame Ergebnisse.

        Aber ja, was du beschreibst ist richtig. Es hat sich vieles geändert und es ist teilweise noch in Entwicklung. Ich bin dennoch überrascht, wie häufig es noch vorkommt, in teuren Restaurants zwar eine weite Variation von Weinen zu bekommen, man beim Bier aber mit einer Flasche Lübzer oder Warsteiner abserviert wird. Vereinzelt wird mal ein IPA aufgelistet (man muss ja auch “craft” können), aber richtig verstanden wird es nicht.

        Es hängt sicherlich noch mit dem Bild zusammen, das Biertrinker im Laufe der letzten Jahrzehnte bekommen hat (Fussball, Dosen, Doppelripp Unterhemd) und dass es billig sein muss. Und wie du sagst, je tiefer man in die Brieftasche greift, desto besser wird das Bier. Das ist bei der Nahrung ja auch so. Gutes Fleisch und guter Käse sind teurer. Wenn meine Schwester nach Berlin kommt, ist sie immer noch entsetzt über die schlechte Qualität des Gemüses. Was sie beim Anblick der Preise allerdings auch versteht. Beim Bier ist es genau so. In einem Land, in dem man vorzuweise unter 10 Euro für einen Kasten Bier ausgeben will, haben es kleine Brauereien mit gutem Bier mit guten Rohstoffen natürlich sehr schwer.

        Aber: es ist ein Prozess. Kultur ändert sich immer langsam. Es hat sicherlich auch lange gedauert, bis das langweilige Bier allgemein akzeptiert wurde.

        • Mein Podcast hieß ,,Alles außer Weizen”. Nachdem ich ihn vor vielen Jahren eingestellt hatte, habe ich die Folgen vom Netz genommen. Keine Ahnung, ob ich die noch irgendwo in einem Archiv schlummern habe.

          Angefangen hatte ich den Podcast so ziemlich als der Dosenbiertrinker, den Du beschreibst und mein Geschmack hat sich mit den Jahren entwickelt. War eine schöne und interessante Reise!
          Irgendwann artete das aber in Arbeit aus, weil ich nicht einfach mal ein Bier genießen konnte, ohne dass ich da eine gewisse Verwertungslogik gespürt habe. Auch habe ich Unmengen von Bier geschenkt bekommen (manches davon ziemlich gruseliges Zeug) und sogar eine Liste geführt, damit mir kein Bier umkippt.

          Letztens kam mir schon der Gedanke, einen Podcast über alkoholfreies Bier zu machen (da tut sich echt viel in der letzten Zeit), aber ich habe genug kreative Sachen am Laufen neben dem ganzen Das-Leben-in-den-Griff-kriegen.

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