Wäre jemand so nett mir ein/e/n Ostdeutsche/n/s Autor/in/Buch zu empfehlen?
Ich suche erzählende Prosa über den Alltag in der DDR, vorzugsweise Berlin. Alltag, also Einkaufen, Arbeiten, gerne auch Liebe, Aufstand etc.
Der beste Tip kriegt aufrichtigen Dank.

29 Kommentare

  1. Was möchten Sie denn lesen, einen Roman oder lieber Erzählungen? Wenn Sie auch an kurzen Portraits interessiert sind, käme „Berliner Mietshaus“ von der Schriftstellerin Irina Liebmann in Frage. Es geht um die Bewohner eines Mietshauses im Prenzlauer Berg; die Erstausgabe erschien 1982.

  2. Mh. Ein bißchen schwierig, denn es gibt ja kaum Bücher, die sich nur mit Alltag auseinandersetzen, meist ist der ja nur Hintergrund für Geschichten, sonst wärs ja langweilig.

    Außerdem hat sich der Alltag im Laufe der 40 Jahre ziemlich gewandelt. Aber wo Du von Einkaufen und Arbeiten sprichst fällt mir Plenzdorfs „Legende vom Glück ohne Ende“ ein, das man eigentlich unbedingt auf jeden Fall mal gelesen haben muß (der erste Teil des Buches ist als „Legende von Paul und Paula“ verfilmt worden). Kommt auch viel Friedrichshainer Alltag drin vor. Und Liebe.

    Etwas älter ist Neutschs „Spur der Steine“, das aber im Unterschied zum Film ziemlich langweilig ist.

    Ach ja, Christoph Hein: „Der fremde Freund“ (im Westen als „Drachenblut“ erschienen).

    [Ein Tip außer Konkurrenz: Parallelwelt Film ist eine schöne (und billige) Filmsammlung, deren Filme nicht besonders spektakulär sind, aber gerade den Alltag ganz gut beschreiben)]

  3. Sehr spannend fand ich die Tagebücher von Brigitte Reimann. Sie als Person hat mich tief beeindruckt, Bücher von ihr habe ich aber bedauerlicherweise bis heute nicht gelesen. Die Tagebücher zeichnen natürlich noch viel mehr ein Personenporträt, als das Leben in der Zeit wiederzugeben. Allerdings bekommt man einen recht anschaulichen Eindruck der damaligen Literatenszene.

  4. Monika Maron: Flugasche. DDR, schätzungsweise Ende 70er, anfangs 80er. Nur vordergründig politisch, inzwischen mehr oder weniger kanonisiert. Alltag einer alleinstehenden Frau mit Kind, mit Einblicken in den DDR-Journalismus. Auch etwas Liebe, ziemlich viel Aufstand. Wenn dich eine fragwürdige Überzeichnung von Weiblichkeit nicht stört, ist es ein gutes Buch.

  5. Monika Maron: Flugasche. DDR, schätzungsweise Ende 70er, anfangs 80er. Nur vordergründig politisch, inzwischen mehr oder weniger kanonisiert. Alltag einer alleinstehenden Frau mit Kind, mit Einblicken in den DDR-Journalismus. Auch etwas Liebe, ziemlich viel Aufstand. Wenn dich eine fragwürdige Überzeichnung von Weiblichkeit nicht stört, ist es ein gutes Buch.

  6. Bernd Schirmer, Schlehweins Giraffe.
    Das ist eine Wendesatire, die Ossis meist doof finden und Wessis meist klasse. Beide aus demselben Grund, weil DDR-Alltag dort so „typisch“ dargestellt ist (klischeehaft sagen die einen, informativ die anderen).
    Zum Beispiel die Geschichte von der Schubkarre und den fünf Zementsäcken, die Bauarbeiter in einer Plattenbauwohnung hinter einer Gipswand einmauern, weil das einfacher ist als den ganzen Kram wieder runterzuschleppen ohne Fahrstuhl…

  7. Versuchen sie mal Gertrud von Einar Schleef und auch seine Tagebücher.

  8. ein klassiker ist ja „die neuen leiden des jungen w.“, mussten alle kinder lesen. sonst viel mir gerade noch Claudia Rusch, „Meine freie deutsche Jugend“ ein, das war amüsant zu lesen.

  9. Mir hat von den Nach-Wenderomanen Die Spur der Broiler recht gut gefallen. Gerade weil da viele Namen und Begriffe aus der DDR-Alltagswelt drin vorkommen. „Zonenkinder“ habe ich nicht gelesen, soll so la-la sein.

  10. Uah, Zonenkinder. Da ist die Spur der Broiler auf jeden Fall die amüsantere Lektüre, und wenn es um „Kindheit in der DDR“ gehen soll, dann ist Mein erstes T-shirt von Jakob Hein lesenswerter als die Hensel. Es ist aber ebenfalls erst rückblickend entstanden (logischerweise, Hein ist Jahrgang 1971).

  11. Wo wir schon bei Nachwendeliteratur sind: „Müller haut uns raus“ von Jochen Schmidt.

    Zonenkinder ist wirklich Kacke.

  12. Stralau: mit Alltag meinte ich natürlich nicht bloß die Beschreibung des Alltags, sondern einfach erzählende Prosa über das Leben in der DDR. Vielleicht ein wenig unglücklich ausgedrückt.

    Wie hieß der ostdeutsche Schriftsteller nochmal der jüngst verstorben ist? (Verzeiht mir meine Lücke in der deutschen Literatur). Ich hatte den Namen vorher noch nie gehört, und schon isser weg. Ist der gut?

    Wusste ich es doch, dass hier Menschen mit gutem Geschmack mitlesen. Die Tips klingen schonmal alle gut.

  13. „Jüngst“ (glaub 2005) verstorben sind Harry Thürk und Helmut Sakowski. Hab aber beide noch nicht gelesen. Wenn Sie bei Ihrer Recherche was Lesenswertes entdecken, her damit.
    Es grüßt
    FrauvonWelt

  14. Gelten auch Vorschläge von Westlern?
    Franziska Linkerhand von Brigitte Reimann fand ich sehr gut. Die Sprache ist schön und klar und hat einen ganz bestimmten Zauber.
    Als Dokumentation sind die Kinder von Golzow sehr eindrucksvoll.

  15. ..Nochmal zur Reimann, du könntest stellvertretend für mich „Franziska Linkerhand“ lesen. nach allem, was ich weiß, entspricht das den Kriterien.

  16. Katja Lange-Müller: „Die Letzten. Aufzeichnungen aus Udo Posbichs Druckerei.“ Skurrile Figuren satt.

  17. christa moog, aus tausend grünen spiegeln – schau ob du’s noch im antiquariat findest.
    ansonsten der klassiker – christa wolf – der geteilte himmel.

    (bitte macht die brigitte nicht zur westlerin, herrschaften);)

  18. also bei christa moog, liest man zwischen den reiseberichten – eben sehr klassichen ddr – alltag – brief und etc.

  19. Noch eins: Gabriele Eckart, „So sehe ick die Sache“ (1984). Keine Fiction, sondern Interviews mit Leuten aus dem Havelland.

  20. Warum nicht Adolf Endler „Tarzan am Prenzlauer Berg“ (Sudelblätter 1981-83)?
    Tagebuchaufzeichnungen, einige der hier genannten Autoren kommen auch vor. Dissidenten-Szene in Ost-Berlin. Und schon der Titel ist wirklich schön.

  21. Maxi Wander, „Guten Morgen, Du Schöne.“: Frauenporträts vom Ende der 70er.
    Christa Wolf, „Der Tag im Jahr“, 30 Jahre lang hat Christa Wolf ihren 27. September protokolliert.
    Brigitte Reimann: „Tagebücher“, die Hoffnung der 50er und die Resignation der 60er Jahre.
    Erwin Strittmatter, alle Bücher. Kein Aufstand, keine Politik, manchmal provinziell, aber so fühlte sich der Osten an.

  22. Jüngst verstorben ist auch Otto Häuser. Seine Kinderbücher geben einblick in den Schulalltag. Keine Spur von Aufstand zwar, aber sonst stimmen sie mit meinen (begrenzten) Erfahrungen überein.

  23. fiel mir gerade noch ein, johnsons „mutmaßungen über jakob“, nachkriegsliteratur, meck-pomm eher, sehr gut. johnson hat dann irgendwann auch „rübergemacht“. gibts für’n fünfer von der sz.

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