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Nur das mit der Groß-kleinschreibung, das ist eine mühsame Angelegenheit– Ich könnte ja nur noch über mein neues Handy reden. Ich habe das Fahrrad wieder stehen lassen, damit ich UBahn fahren kann und dort ein bisschen, öhm, nunja, Sachen mit dem Handy zu machen. Gerade jetzt mit der Datenflat. Übrigens will ich keine Simsen mehr, schreibt mir Emails, die bekomme ich genau so schnell wie Simsen, nur ohne den soundsovielen Cents.

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Am Wochenende vieles ohne das Handy gemacht. Am Sonntagabend aber habe ich mich mit Frau Casino von Hotelmama getroffen und wir haben rumgenerded. Sie mit dem iPhone und ich mit dem Androiden.
OK wir haben auch geredet.

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K habe ich vor einigen Wochen, aus Vorfreude über mein bald zu bekommendes Handy, so sehr damit vollgequatscht, dass sie kurzerhand in den Laden lief und sich selbst eines kaufte. Noch lange bevor ich meines bekommen sollte. Ich war rosarot vor Neid.
Sie sagte, das habe alles sehr sinnvoll geklungen, was ich ihr gesagt hatte.

[tagebuchbloggend 15.4.]

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Der Rosenthaler Platz wird sterilisiert. Mittlerweile ist er ja zum Zentrum meines Berlins geworden. Immer ein bisschen zu schäbig, immer ein bisschen zu laut, zu viel Verkehr. Vor zehn Jahren war er grau und laut, dann wurde er bunt und laut, jetzt malen sie das zweite Circus weiß an, und der Hotelnebau am Eck, wo man früher gegen eine Backstein-Brandmauer schaute, wird ein weißer Bau. Bald it es da so steril, dass man die Lautstärke nicht mehr hört. Dabei war es doch gerade die Lautstärke, die den Rosenthaler Platz immer ausmachte.
Wenn ich an den Potsdamer Platz der zwanziger Jahre denke, habe ich immer den Rosenthaler Platz der Nullerjahre vor Augen.

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Ich sitze am Rosenthaler Platz im mein Haus am See. Ich schaue im Vorbeigehen immer wieder kurz rein, um zu sehen ob es schon von den Touristenströmen eingetreten wurde. Es ist der beste Ort, um an einem Nachmittag zu sitzen und die Zeitung zu lesen oder ein paar Sachen niederzutippen, es wäre schade drum, wird sich aber wohl nicht vermeiden lassen. Es wundert mich ohnehin, wie sehr man es bisher ausgespart hat. Sie haben dort WLAN, gute Musik, es ist hell, groß, und angenehm kahl. Kahl, unverputzte Betonwände, abgerissene Tapete, unästhetische Sofamöbel, die vermutlich aus den siebzigern stammen, die aber so abstoßend sind, dass man sie nicht einmal als Retro bezeichnen kann. Weil Retro ja eine gewisse Romantik impliziert. Aber natürlich alles gewollt so. Der intelektuelle Gegenentwurf zur Loungeästhetik.
Dass die Loungeästhetik der Tod dieser Stadt ist, habe ich ja schonmal gesagt, habe ich?

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Beim Betrachten des Betonfußbodens ein bisschen verliebt werden, mit dem Android ein Foto schießen und als Hintergrundbild einstellen.

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Ahh, Weißweinschorle. Das Frühlingsgefühl. Warum habe ich das nicht schon im Februar getrunken.

Ich sitze in der Ubahn mit meinem Android und mache auf webzwonull. Test Test Test 123 dies ist ein Test. Undso.

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Hey. Zurück aus den Untiefen.

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Wo fängt man eigentlich an?

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Aus Angst, wie ein oberlehrerhafter Relevanzblogger zu klingen, wollte ich nicht gleich mit der Anschaffung meines Android-Phones beginnen, das hat gleich sowas Aufklärerisches, Investigatives, deshalb: Hey. Zurück aus den Untiefen.

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So ganz nebenher: ich habe mir ein Android-Telefon angeschafft. Ich telefoniere wenig, fand iPhones zwar ganz nett, aber ich kann keine Apple-Produkte kaufen, das fühlt sich an, wie bei McDonalds zu essen oder Waffen bei der C.I.A. zu beziehen (haha). Doch vor wenigen Wochen hat sich mir der Nutzen dieser Smartphones erschlossen. Schon nur das Lesen von Mails mit einer Hand in der UBahn war ein Punkt, Skype auf dem Handy, GPS, Wasserwage, Kompass und all diese Dinge sind Dinge die unabdingbar für mich zu werden dingsen.
(HTC Legend. Android-Linux 2.1)

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Meine Lieblingsapp heißt Antennas. Sie zeigt mir über Openstreetmaps den Handymasten an, mit dem ich verbunden bin. Wenn ich durch die Stadt spaziere, wechsle ich manchmal die Straßenseite um die Dächer nach meinem Handymasten abzusuchen.
Und manchmal wünsche ich mir, dass mich ein Auto überfährt.

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Falls mein Blögchen hier in den nächsten Tagen ein wenig Schluckauf haben sollte, dann keine Sorge. Es zieht nur um. Neues Rechenzentrum, neue Hardware, neues Glück.

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Meckpomm. Mein Kollege hat mich zu sich eingeladen, in seinen Bungalow im Norden, Resturlaub abbummeln, mal raus, ich wollte eh weg, bisschen schreiben, ich dachte an Templin, aber dann hat er mir seinen Bungalow angeboten, unter Männern, wir sitzen in der Frühlingssone, Abends, morgens, mittags, trinken Kaffee, trinken Bier, Abends schauen wir Fussball, reden von den Frauen, gehen mit dem Hund in den Wald, gehen runter zum Fluss, schauen ins Wasser, tote Fische treiben darin, die Vögel zwitschern.

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Ich mag ja Brandenburg. Und anders als Brandenburgs Ruf, ist es dort auch ziemlich schön, vor allem im Norden, die Uckermark, Templin, der lichte Wald, leicht bewegte Hügel, dazwischen die vielen Seeen, immer wieder Industrieruinen aus der Zeit Wilhelmzwo, kleine Orte, an denen sich unprätentiöse, alte Häuser reihen, mit Dächern die an Pickelhauben erinnern. Sanft entschlafen. Und: freundliche Menschen da.

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Ich möchte wissen:
-Wer in der Berlin-Brandenburger Regionalbahn diese Ankunftsdüdel komponiert
-Ob jeder Landstrich sein eigenes Düdel hat (ich kenne mittlerweile drei)
-Oder ob es sich saisonal ändert
-Welches Instrument das Düdel imitiert (Holzpfeifen-Orgel? Panflöte mit Gitarrenmäßigen Anschlag? Elektro-Blockflöte?)
Das möchte ich wissen. Obwohl. Nein. Ich möchte es doch nicht wissen.

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Beim näherem Nachdenken möchte ich wissen:
-Ob das Wort Düdel jetzt tatsächlich ein existierendes Wort ist, oder eine Wortschöpfung von mir, da ich unweigerlich an den komponierenden Dödel dahinter denken musste.
Mehr will ich nicht wissen.

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Ich laufe in diesen Tagen täglich über die Admiralsbrücke und es war dieser erste Sonnentag vor drei Tagen, an dem dort schon die ersten jungen Leute mit den Gitarren saßen und taten, als sei wieder Sommer, so sentimentalmäßig sofort aus den Löchern gekrochen und den Sommer hervorgekramt, weil man ja verliebt war, letzten Sommer, als man dort saß, unter dem niemals dunkel werdenden Himmel über Berlin.

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Das Wochenende als Anlass genommen, wiedermal rauszugehen, Abstand zu nehmen. Freitag klappte nicht, aber am Samstag dann mit K zu Elisabeths Buchpremiere gegangen, und dabei vor dem ersten vorgelesenen Wort bereits einen Liter Bier getrunken, was sehr okay war, ich habe mich einlullen lassen, vom Text, auch von dem Sänger auf der Bühne, der mit seiner Gitarre die Lieder zwischen den Texten begleitete. Am Ende der Lesung war ich sehr betrunken, und irgendwie befriedet, K und ich spazierten nach Hause, nahmen die Route durch den Rummel an der Kastanienallee, kauften auf dem Weg noch Bier, dann waren wir irgendwann zuhause, und der Abend zu Ende. Wir schliefen am nächsten Tag lange.

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Gegenüber mir stand der Punk in der U8, rechts daneben ein Hiphopper. Am Alex stieg ein kleiner, dicker Polizist in Uniform hinzu. Er war sehr klein und sehr dick, machte einen ungeschickten Eindruck, er stand neben dem Punk und dem Hiphopper. Er fühlte sich feindmäßig. Der Punk sah abfällig an ihn hinunter, der Hiphopper sah abfällig an ihn hinunter. Dann kam eine einbeinige Bettlerin im Rollstuhl den Gang heruntergerollt, sie fragte nach einer kleinen Spende. Natürlich weiß sie um das Bettelverbot, aber sie hatte den Polizisten nicht bemerkt. Der Polizist griff in die Tasche, holte ein zwei Euro Stück heraus, wollte es ihr geben, doch dann schlug die Ubahn aus, das Geld fiel zu Boden, die Frau im Rollstuhl rollte einen Satz nach vorne, der Polizist konnte sich nicht halten, fiel um, landete auf den Knien, die Frau im Rollstuhl konnte sich im letzten Moment noch an der Stange festhalten, bevor sie den Polizisten überrollt hätte. Das zwei Euro Stück landete zwischen den Beinen des Hiphoppers, der Polizist landete mit der Nase daneben. Der Hiphopper hob das Geldstück auf, wollte es dem Polizisten geben, der stand auf, rückte sich die Uniform zurecht, schaute im Stolz gekränkt, der Hiphopper gab das Geldstück der Bettlerin, die Bettlerin bedankte sich beim Polizisten mit überbordenden, aber sehr ernst gemeinten Dankbarkeit. Der Polizist wich nervös ihrem Blick aus. Der Punk daneben schaute abfällig, der Hiphopper daneben schaute abfällig.

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Heute bei Stevans Buchvorstellung im Kochlust an der Alten Schönhauser Straße gewesen. Mit K und auch V war dabei. Mann, kann der Mann vorlesen.