Pralinen

Wenn ihr eurem persönlichen Computerfritzen, oder den blassen, käsigen Typen von der IT-Abteilung bei euch auf der Arbeit einmal eine richtige Freude machen wollt, dann vergesst dieses Jahr mal den 29.7. nicht. Der internationale Sysadminday. Es mag alles nicht so wichtig sein wie ein Muttertag, oder meinetwegen auch ein Vatertag, aber lasst die nerdigen Kauze einfach mal wissen, dass ihr es sehr zu schätzen wisst, welch eine ungeheuerliche Arbeit die in deren stillen und verrauchten Kämmerlein für euch, tagein tagaus verrichten, damit ihr unbekümmert eure Mails lesen könnt als wären die immer schon da gewesen, oder eure Dokumente abspeichert, als wäre das Laufwerk Y: oder eure Homedirectory etwas, das einfach da ist, wie der Tisch da drüben auf dem die Vase steht.
Eure Fritzen leisten wahre Meisterwerke für die ihr das ganze Jahr lang kein Auge habt, da ihr es nicht versteht, oder nicht verstehen wollt, und auch nicht die Wichtigkeit darin seht. Was ist schon, wenn der doofe Laptop schon wieder spinnt, dann muss halt der Fritze her, der soll sich den Scheiss mal angucken, dass ihr seine Arbeit als Scheiss bezeichnet, ist nun mal so, und steht nicht weiter zur Debatte, sie akzeptieren euren Frust. Sie sind alle bescheiden, verbringen still ihre Wunder, während ihr da draussen auf deren Arbeit eure grossen Reden schwingt.
Ihr müsst es ja nicht gleich übertreiben und eine köstliche Speise kochen, wie es man es bei mir zuhause zu tun pflegt, es reicht schon eine Schachtel Süssigkeiten, gepaart mit einem Kuss auf der Wange, oder selbst ein Strauss Blumen, auch wenn man letzteres vielleicht gar nicht denken würde, beim Sysadminday zählt jede Kleinigkeit, da dieser Tag jedes Jahr aufs neue vergessen wird, und ihr werdet sehr verdutzte Blicke ernten, weil es schon so weit ist, dass die Computerfritzen den Tag nur mehr untereinander feiern.
Und verbreitet das Wort.

Die Sorgen eines Mannes

Ich bin nicht dick. Nicht wirklich. Ein gestandener Mann halt. Etwas abgestanden vielleicht, aber mein stetig und entschlossen heranwachsender Körperumfang, vor allem in den letzten Jahren, macht mir etwas zu schaffen. Dabei habe ich nichts gegen dicke Menschen, schon gar nicht bei Frauen. Lieber etwas mehr auf den Hüften als zu wenig. Das ist schliesslich ein Zeichen von Reife, und überreif ist auch gut, letztendlich ergeben überreife Äpfel auch den besten Schnaps.

Aber ich bin halt ein Mann. Letztendlich ein Jäger. Ich muss stark sein und mein Revier verteidigen. Ich pinkle zwar schon seit tausenden von Jahren nicht mehr in die Ecken um heranpirschende Männer vor meiner Anwesenheit zu warnen, aber wir Männer sind nunmal umgeben von gefährlichen Feinden. Ob es nun der ältere Herr an der Supermarktkasse ist, der sich versucht vorzudrängeln, oder bloss der Nachbar im Kino mit dem man sich zwei Stunden lang, wortlos aber entschlossen, einen erbitterten Krieg über den Anteil der Armlehne auskämpft. Wir Männer sind tagein tagaus vom Schwund unserer Dominanz bedroht, und damit die absolut nötige Verbreitung unserer Gene. Ja unsere ganze Existenz steht auf dem Spiel, während wir unsere Damen widerwillig ins Kino begleiten. Die haben es leicht, die gucken irgendeiner Liebesgeschichte zu, lassen Tränen in Strömen fliessen, die wir einhändig zu trocknen vermögen, oder sie drücken uns bei spannenden Szenen, bis zur Bläue hin, die Pulsadern des rechten Armes zu, während wir mit dem linken Arm, auf der Armlehne, eine blutige Schlacht um den Erhalt unserer Gene auf dem Weltmarkt austragen.
Natürlich erzählen wir ihnen nichts von unseren tragischen Kämpfen, weil wir gestandene Männer bescheiden sind, die Ehre im Herzen tragen, und still und nachdenklich am Feuer sitzen, wenn wir uns erholen von unserer täglichen Odysee ins Büro.

Aber ich merke, dass ich als Mann, mit zunehmendem Gewicht meine Chancen verspiele. Das erkennt man an Kleinigkeiten. Wenn zB. die Dame mich darum bittet, das Fahrrad in die Wohnung hochzuschleppen, dann mache ich das natürlich sofort und ohne Widerrede, weil wenn ich schon keine Wildschweine und Bären mehr erlegen darf, dann muss ich halt meinen Wirkungsradius in die urbanen Gefilde verschieben und mich den hiesigen Jägeraufgaben widmen. Es ist jedoch enttäuschend festzustellen, dass man, mit dem schweren Damenfahrrad Stahlross, oben angekommen ist und erstmal eine Minute vor der Wohnungstür schweigend, jedoch laut um Atmeluft ringend, ausharrt, bevor man stolz, das Fahrrad lässig an der Schulter baumelnd, die Wohnung betritt.
Das ginge ja noch, schliesslich kann man sich im Geheimen etwas erholen, schmerzhaft für die eigene Männlichkeit wird es jedoch erst so richtig, wenn man nach dem Betreten der Wohnung merkt, dass man immer noch völlig ermüdet ist, und somit nicht fähig wäre, eine Frau, die sich dann uns starken Männern, voller Stolz an den Hals schmeissen würde, zu begatten, weil irgendwann muss man ja auch dazu kommen die Gene zu verstreuen.
Traurigerweise, oder in meinem Fall muss ich sagen glücklicherweise, sagt die Dame dann immer bloss ein dahingeworfenes Dankeschön, und denkt nicht die Bohne daran, befruchtet zu werden.

Aber der Gedanke, dass ich körperlich nicht mal imstande wäre, in jenem Moment der männlichen Stärke, meine Nachkommenschaft zu sichern, reisst tiefe Löcher in mein Bild von einer guten und heldhaften, zukünftigen Welt. Auch reisst es tiefe und blutige Wunden in meine letztendlich warme und liebende Seele, aber das ist Nebensache, es geht um das Ganze, das Grosse.

Bewegung muss her. Viel Bewegung. Weil Diäten sind für Memmen. Schliesslich glaube ich mittlerweile den Grund für meinen Körperumfang zu kennen. Ich esse nämlich mehr als ich mich bewege. Eine äusserst interessante Entdeckung.
Ich bin nun aber kein träger Kerl, der abends bloss am Fernseher sitzt, sich statt Wildschwein eine Tüte Chips in den Rachen drückt, mit einer Hand die Abstandsbedienung hält und mit der Anderen das Bier wärmt, sondern ich bin eher der Typ, der nachts noch aus dem Bett springt, weil ihm eingefallen ist, dass der Müll noch raus auf die Strasse muss. Zum Glück denke ich nie an den Müll wenn ich im Bett liege und komme daher auch nie in diese Situation, aber ich will ja nur ein Bild der Möglichkeiten skizzieren.
Ich fahre auch immer Fahrrad zu meinen Verabredungen, schnell und geschwind durch den Wind, und wenn nur irgendwie möglich, laufe ich.
Höchstens verbringe ich manchmal zu viel Zeit am Computer, und das auch nach meinem Burojob, bei dem ich auch bloss sitze und mich nur erhebe, wenn ich in die Kantine spaziere, oder mir Butter aus dem Kühlschrank hole.

Aber, ich esse halt gerne. Und das nicht wenig. Natürlich aus dem Gefühl heraus, dass ich mich stärken muss, es kann ja nicht sein, dass mir die Haut an den Rippen anliegt, was wäre das denn für ein Bild von einem stattlichen Ernährer. Die Wildschweine würden mich auslachen, wenn es sie noch gäbe. Es ist schliesslich unter anderem eine Sache des Gewichtes, wenn man den Platz an der Supermarktkasse behaupten will.

Deshalb ersann ich mir vor drei Tagen eine Strategie, wodurch ich den angesammelten Winter-, Fruhlings-, Sommer- und Herbstspeck abtrainieren könne. Fahrradfahren, also so richtiges sportliches Fahrradfahren, ist nicht besonders wirksam, finde ich, und überdies kann es nichts gutes bedeuten, wenn man stundenlang mit der Prostata, die ja schliesslich die Röhre ist, die mein wertvolles Erbgut vom Hoden hinaus in die weite Welt transportieren soll, auf einem mickrigen Sattel sitzt, der sich einen dauernd in den Darm schiebt.
Die andere Option wäre ein Fitnesscenter. Sicherlich, sehr wirksam, eine Institution, die nur dazu dient, das Fett vom Körper zu schwitzen. Trotz wiederholter Empfehlungen hege ich jedoch einen tiefe Abneigung gegen solche Einrichtungen. Der Fitnesstrainer, mit den weissen Zähnen und dem knappen Höschen das seine muskulösen Arschbacken bedeckt, könnte morgen ja schon neben mir an der Schlange vor dem Bankomaten stehen. Ich würde mir die Zähne zerbeissen, wenn er mit hervorgehobener Brust andeutet, als nächster an der Reihe zu sein. In solcher Situation bliebe nichts übrig von der männlichen Würde, und wozu kastrierte Ochsen imstande sind, wenn sie merken, keine baumelnden Hoden mehr zwischen den Beinen zu haben, will ich gar nicht schildern.
Und dann sind in einem Fitnessstudio ja auch noch die anderen, schwitzenden Männer, die einem, sichtlich beschämt, nicht in die Augen schauen können. Man kann auch noch so oft sagen, dass ein Fitnessstudio neutrales Gebiet ist, wo keine Territorien verteidigt werden. Es werden aber auch keine Friedensverträge geschlossen, und da haben wir schon das Problem. Fitnessstudios sind Orte der Erniedrigung, der Selbstbestrafung, der gnadenlosen Ausmerzung jeglicher Aussicht auf strahlenden Erfolg. Leidende Männer unter sich. Die Geburtsstätte der Metrosexuellen. Nach der kollektiven Demut sitzen sie beim Bier, in ihren verweichlichten Klamotten nebeneinander, und reden leise und verständnisvoll von den Tücken des Lebens.

Und darum nahm ich gestern eine Bohrmaschine in die Linke, einen kleinen Vorschlaghammer in die rechte Hand, zog mich bis auf die Unterhose aus, betrat fern jeglicher fremder Augen das Schlafzimmer und fing an zu Joggen.
Ob man nun weiterkommt oder nicht ist ja egal. Es geht um die Bewegung. Ich hob auch die Beine extra an, damit ich so richtig viele Kalorien verbrennen würde, und dazu auch noch rythmische Bewegungen mit meinen Armen, in denen ich die schweren Werkzeuge hielt. Eine Stunde lang, nahm ich mir vor. Schon gleich in der dritten Minute stiess ich die Spitze, der Bohrmaschine, bei der ich unglücklicherweise nicht die Notsache gesehen hatte, den Steinbohrer zu entfernen (eine Borschmaschine ohne Bohrer ist ja nur so ein halbes Ding), in mein linkes Knie.
Für einen richtigen Mann ist eine Wunde jedoch nur ein zusätzlicher Antrieb, der uns befiehlt weiter zu machen, den Schmerz verdrängen, (nun, vielleicht nicht ganz verdrängen, aber eben noch so ein kleines bisschen dalassen, damit man nicht vergisst wie mutig man ist) und tief durchatmen.
Der Vorschlaghammer streifte mein Knie allerdings ein paarmal derart knapp, dass ich es vorzog, das Werkzeug wegzustecken und dafür zwei Mineralwasserflaschen zu nehmen. Bei einem kaputtgeschlagenen Knie würde ich vermutlich einknicken und vor allem fiele mir keine vernünftige Ausrede ein, mit der ich den Unfall erklären könnte.

Das mit den Wasserflaschen ging besser, nur bei den Kniebeugen hatte ich das Gefühl ich verbrenne so wenig Kalorien, das doofe Auf und Ab des Oberkörpers kam mir so uneffizient vor, dass ich derart wild mit den Armen herumwedelte, dass mir eine der Mineralwasserflaschen entglitt und wie ein Überwassertorpedo quer durchs Schlafzimmer raste und nur zehn Zentimeter neben dem Glasfenster des Kleiderschrankes aufschlug. Ich sah schon den ganzen Schrank in tausende Holzsplitter zerfetzen, aber stattdessen geschah gar nichts. Sogar das Glas überlebte. Vielleicht bloss männliche Überschätzung, wer weiss.

Die Stunde habe ich dann nicht vollgekriegt. Nichtmal ansatzweise. Nach einer Viertelstunde Joggen, Kniebeugen, Situps, Liegestützen, gingen mir plötzlich die sportlichen Disziplinen aus. Neben diesen vier kenne ich nämlich nur noch Schwimmen, Skifahren, Langlaufen, Fussball und Sackhüpfen. Aber die restlichen fünf konnte ich in diesem kleinen Schlafzimmer unmöglich ausführen. Eigentlich war ich sehr froh darüber, weil ich, während ich über weitere Disziplinen nachdachte, keuchend auf dem Bett lag, da mir die Liegestützen den Garaus gemacht hatten.

Als die Dame nach Hause kam und durstig zur Mineralwasserflasche griff, die nach dem Öffnen fast explodierte und ein Viertel des gesamten Inhalts sich über ihr Oberteil entleerte, guckte sie erst verblüfft auf die Flasche und warf mir dann einen äusserst argwöhnischen Blick zu. Ich wusste natürlich von nichts.

Wenn der Blog- zum Tisch-

Wenn virtuelle Welt und die Reale da draussen, sich auf eine witzige Art treffen, dann ist das, wenn der Nachbar da drüben bei Antville, plötzlich auch zum Tischnachbarn wird, man sich kurz, überrascht und schüchtern begrüsst, weil Hilfe, so spontan kriege ich dann auch kein gescheites Wort mehr heraus, und jeder sich dann seiner Begleitung und der Pizza widmet, man selbst dann beim gehen „Tschüss, Herr Paulsen“ sagt, aber gleich realisiert, ach nee, der heisst ja gar nicht so, sondern Stevan, oder Paul, wie war das nochmal, der andere aber auch nur „Tschüss Herr Mequito“ sagt, und dann weiss man wieder wie witzig das heutzutage alles ist, mit diesen neuen Medien.

Das nächste Mal nehme ich aber auch die Pizza die er hatte. Sah irgendwie leckerer aus.