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Hat gerade seinen Grund, nicht Tagebuch zu bloggen. Manchmal kommt man mit den Tagen nicht so klar. (Ha, und die Nächte erst!).

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Schon beim Einbiegen in meine Straße sah ich ein Stück weiter das Blaulicht blinken, mehrere Wagen standen da, Polizei, Feuerwehr, ein weiteres Lalüüüü holte mich ein, als ich an meiner Türe stand. Die Straße roch nach verbranntem Holz, das riecht anders als brennende Luxuskarossen, denn wenn es in Berlin nach Rauch riecht, dann denkt man in letzter Zeit immer an gewisse Automarken, aber das roch ganz eindeutig nach Holz, das kenne ich von meinem Dolomitendorf, in dem ja nur mit Holz geheizt wird, und den ganzen Winter über riecht es immer so. Ich hatte keine Lust weiterzulaufen, um zu sehen was los ist, mensch Holz, mir doch egal, eine Wohnung wird gebrannt haben, ich werde es später in der Zeitung lesen, mich interessieren ja immer die Brandursachen, war es ein Kurzschluß, war es ein Bügeleisen, ich habe ja immer diese Horrorbilder im Kopf, wenn ich gerade im Kino sitze und die innere Checkliste ablaufe: Herd aus? Heizung aus? Kerzen aus?
Hier hat man jedenfalls nur noch eine junge Frauenleiche aus der brennenden Wohnung im ersten Geschoß holen können. Sie hatte sich selbst angezündet.

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Die andere Sache, war das mit den Bandidos im Alexa. Ich war mit K im Alexa verabredet, wir sollten die Brille abholen, und wie es aussieht, treibe ich mich wirklich nur noch im Alexa herum, kein Wunder, dass ich Tage lang nichts mehr aufgeschrieben habe, aber egal, Bandidos im Alexa, das war dann doch ein bisschen Gemulme, man liest ja vom ausgebrochenen Rockerkrieg, wegen den Überläufern von Bandidos zu den Hells Angels, von Leuten in Hellersdorf, die auf offener Straße erschossen wurden, der eine, der eine Axt in seinen Oberschenkel bekommen hat und von der Massenschlägerei in der Oranienburger bei denen die Leute Masken trugen, das sind so Bilder aus einem schlechten Film, und ich fühlte mich auch in einem schlechten Film, als ich das Alexa von der Grunerstraße aus betrat und drinnen der ganze Vorhof mit Lederjacken tragenden Bandidos gefüllt war, richtig so wie man sie aus den Zeitungen kennt: Lederjacken, Ketten, ärmellose Jeansjacken, fette Ohrringe, Sonnenbrillen, Metallgegenstände in den Händen, achtzig oder hundert Typen stand da, eine Testosteronwolke hing dort im Hof, das shoppende Publikum machte große Bogen oder beobachtete aus der Ferne, und weil ich erstmal dachte, in einem schlechten Film zu sein, ging ich auf die Typen zu, und ehe ich es richtig verstand, ließen sie mich einfach vorbei, sie gingen zur Seite und ließen mich vorbei, einfach so, ja warum auch nicht, aber trotzdem, irgendwie verstanden wir das beide nicht, der Bandidohaufen und ich. Doch als ich dann vorüber war (es dauerte ewig) schaute ich mich zur Sicherheit doch noch ein paarmal um, wegen der Sache mit dem Messer im Rücken, das ist ja so bildhaft in der Sprache, dass man gar nicht darum herumkommt, es sich vorzustellen, wenn man daran denkt. Und so halt.

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Am Samstag am Alex gewesen, wir stiegen aus der U8 an die Oberfläche, die Sonne schien uns ins Gesicht, wir blinzelten, und die Jacken, die wir trugen, waren eigentlich zu dick. Die Menschenmengen waren versammelt, unter der ersten Frühlingssonne zusammengekommen, die Gesichter lächelten alle, ausnahmslos, sie lächelten alle, sie lächelten alle, sie lächelten alle. Samstagnachmittag am Alex, zehntausende lächelnde Menschen. Ich sagte zu K, komm, lass uns einmal um den Platz herum laufen, das gibt es so nicht oft.

[tagebuchbloggend 26.2.]

Nebenan sitzt K mit ihrer Freundin und ich sitze hier in meinem Penseezimmer und mache Arbeit am Text. Ab und zu kommt K ins Zimmer und füllt mein Weinglas nach, der Beat in meinem Kopf macht UM-TCHA, im Hintergrund läuft eine Weise auf dem Theremin gespielt, und die macht üüü und üüüüüüüüüüüüüü und mmmmmmmmmmmmmm und üüüüüüüüüüüüüüüü. Ich fahre immer noch mit dem Fahrrad, weil Frühling, für mich ist alles nur noch Frühling, für mich ist alles nur noch FFFFRRRRRRRRRRÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜ-hh, dabei ist das alles ziemlich angeschlagenes Tatüüü das ich so fabriziere, von mir gebe.

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Der Madenautomat im Wedding.

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Später in deren Zimmer gegangen und sorry gesagt, wegen des Whiskys, der da steht, den ich haben wollte.

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Dann weitergeschrieben-

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Dann die ganze Flasche geholt

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[tagebuchbloggend 25.2.]

Heute wieder mit dem Fahrrad ins Büro gefahren. Als sei der Frühling losgebrochen. Das Eis weicht und gibt Steinplatten frei, Asphalt, Pflaster, hallo ihr, fast wie alte Freunde wiederzusehen, und sie wirken verschlafen dabei, mit den Steinspilttern in den Augenwinkeln und getrockenetem Sabber auf den Wangen.

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Gestern mit C im Liebling am Helmholtzplatz gesessen. Sie war zehn Minuten verspätet, ich hatte ein bisschen Zeit, also habe ich folgendes in mein Notizbuch geschrieben: Thomas der Haptiker.

[tagebuchbloggend 23.2.]

Am Abend mit Maike verabredet gewesen. Wir lesen uns ja schon seit Jahren, und nachdem wir uns regelmäßig im Verkehr am Alexanderplatz aus Entfernung zugrüßen, schrieben wir uns per Mail, beim nächsten Zufallstreffen einen Drink zu nehmen. Das nächstemal kam zwar nicht, aber der Drink dafür.

Wir hatten uns im Tacheles verabredet, ja Tacheles, im Cafe Zapata, man kann so vieles über das Tacheles sagen, und das meiste stimmt auch, aber das Tacheles ist gerade so out in diesen Tagen, dass es wegen der möglicherweise bevorstehenden Räumung durchaus Zuwendung vertragen kann. Nur hat uns das Problem des Tacheles wieder aus dem Tacheles verjagt. Das heisst, ich war noch gar nicht da, ich rief Maike an, dass ich mich um zehn Minuten verspäten würde, sie saß schon da und im Hintergrund hörte ich die Touristenscharen wie sie feiern.
Sie hat mich dann am Bahnhof Friedrichstraße abgeholt und wir sind an den S-Bahnbögen in Richtung Museumsinsel spaziert, haben einen Schlenker zum neuen Gebrüder-Grimm-Zentrum gemacht, da wir eh in der Gegend waren, hat mich die Lust gepackt kurz reinzuschauen um diesen großen Lesesaal zu bestaunen, und Maike war sofort begeistert, doch hineinzukommen war kompliziert, mit Wachschutz und Zwangsgarderobe, und uns in jenem Moment zu umständlich, also haben wir das sein lassen, zudem war Maike ohnehin gerade dabei, mir etwas spannendes von ihrer Arbeit zu erzählen. Am Hackeschen Markt haben wir uns in ein türkisches Restaurant gesetzt und Salat gegessen. Wir hatten uns vorgenomen nur leichtes Zeug zu essen und keinen Alkohol zu trinken, was zum Teil auch geklappt hat, bis auf den Raki, den der Kellner einfach so dazuserviert hat. Da sagt man nicht nein, das wäre ungastlich. -Ungastlich, das werde ich nächstesmal zu schlechten Gästen sagen.
Wir haben viel und angeregt geredet, natürlich kam auch das Thema Hegemann auf, und ich sagte, ha, siehste, reden wir wieder über die Hegemann, das Thema drängt sich seit Wochen immer auf und sie sagte, aber Du hast doch angefangen und ich sagte, nein, das kann nicht sein, und sie sagte, dochdoch.

Undsow.

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Uh. Und Lisa zeichnet jetzt tagebuchbloggend Comics.

[tagebuchbloggend 22.2.]

Wir hatten gestern Abend nicht wirklich etwas zum Essen zu hause, also Zutaten mit denen wir eine Mahlzeit nach unserem gestrigen Appetit zubereiten hätten mögen, also haben wir Pizza aus dem Internet bestellt. Zehn Minuten später wurde K ein wenig schlecht, dann ging sie in Badezimmer und kotzte. Und kotzte nochmal. Und nochmal. Als zwanzig Minuten später die Pizza kam, kotzte K schon nur beim Sehen der Pizzaschachteln. Der Geruch tat sein übriges. Ich hatte kein großes Problem mit beiden Pizzen, vor allem nicht heute früh. Wir diagnostizierten Noroviren. Kurz vor dem Kotzen hatte ich sie noch geküsst. In drei Tagen werde ich vermutlich selber über der Kloschale knien.

Vor dem Kotzen war Arbeitsfrühstück CommonReader bei Madame Modeste. Alle berliner Beteiligten waren da und die Kaltmamsell war sogar aus München eingeflogen. Wir haben gegessen und geredet, viel offtopic, natürlich hat sich das Hegemann-Thema aufgedrängt, sogar über den Tellkamp haben wir geredet, herrje, und uns seine Leser ausgemalt, aber das klingt jetzt nur alles so gescheit, in Wirklichkeit war es einfach nur nett.
Ich war noch ziemlich müde vom Vorabend, mit K, Modeste und ihrem Jan im Filestück gewesen und ein 400g schweres Entrecôte gegessen. Und mit viel Bier übergossen. Auch da haben wir über das Hegemann-Thema geredet. Das war der Vorabend.

Gestern habe ich K noch den die ersten vier Seiten von Tellkamps Turm vorgelesen. Das war vor dem Kotzen.

[tagebuchbloggend 19.2.]

Während des Pizzabackens das erstemal die neue CD von den Element of Crime gehört und mich eigenartig entfremdet gefühlt. Ich habe die Musik zwar nur aus dem Nebenzimmer in die Küche her schallen hören, aber es kam eine Bierzeltstimmung an, die ich beim Konzert letzte Woche schon gefühlt zu haben glaubte, aber dann verdrängt hatte, weil das ja quatsch ist und sicherlich nur meiner Stimmung an jenem Abend zuzuschreiben war, weil K und ich leicht am Schunkeln waren und das Ganze ja irgendwie schön fanden, romantisch irgendwie, und die Laune war vielleicht sogar ein bisschen bierselig, man konnte in dieser riesigen Halle auch frei herumlaufen, Bier holen, ein paar Snacks holen, Wienerwürste, auch beim Anstehen in der Schlange nahm man noch am Konzert teil, das würde passen, also Bierzeltstimmung auf intellektwell natürlich, keine Hansi-Hase-Musik, und auch die Frisuren der Leute waren okee, wenn auch sehr ergraut, was aber auch vollkomen okee ist, auch wenn ich aus Gründen der Spektakularität nicht herumkomme, es zu erwähnen. Aber sie hat schon sehr viel trompetende Dreivierteltakte, die neue CD, und zu allem Überfluss kommt irgenwann sogar ein Lied mit einem Kinderchor, alles auf irgendwielustig, so vom Musikalischen her, das ist es, was ich mit Entfremdung meine. Ich habe noch nicht auf die Texte geachtet, das soll auch keine qualifizierte Kritik sein, sondern nur eine Schimpftirade Ausdruck meinesr Unmutes Entfremdung. Weiß auch nicht.

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Schnellepizza, Callapizza, Schnallapizza.

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Heute mit K den ganzen Nachmittag durch den Wedding spaziert. Diese eigenartig ausgelassene Gegend hinterm Humboldthain, am alten Verlauf der Panke, Chauseestraße undso. Mauergegend. Wir haben über die Mechanismen der Trennungen in der Liebe geredet. Das sich Herausnehmen, das Abflachen, das Abfedern, die Ahnungen die es gibt, und doch dieses Zögern, weil man ja immer noch will, eigentlich. Nicht auf uns bezogen jetzt, aber auf die vergangenen Lieben.

[tagebuchbloggend 18.2.]

Sie trug einen schicken, dunklen Mantel, ihr blondes Haar war adrett nach hinten gekämmt und zu einem Pferdeschwanz gebunden, ihre Tasche war dunkelrot, sie hatte etwas rosanes an sich, der Schimmer des Lichtes vielleicht, ein eigenartiges Leder, ihre Schuhe hatten die selbe Farbe, und auch die Ohrringe waren farblich darauf abgestimmt. Sie stieg in die U-Bahn, brachte einen Schwall schweren Parfüms in das Abteil, klemmte das Frauenmagazin unter die Achsel und zog ihre weißen Lederhandschuhe aus. Dann sah sie mich an und sagte: Hey Mek.

Eine unserer Programmiererinnen.

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Heute war ich verabredet, die Verabredung wurde aber abgesagt, deshalb bin ich nachhause, habe mit K Spinat und Reis und eine Eiersache gekocht.
Wir haben dann spontan einen Film geschaut. Unerträgliche Verfilmung eines wunderbaren Romanes: Brideshead revisited.

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Kid hat das Buch gelesen.
Percanta schreibt Tagebuch über 40 Tage Buenos Aires.

[tagebuchbloggend 17.2.]

Am Montagabend habe ich mich erstmal vom Wochenende erholt, ich habe nach einem vollprogrammierten Wochenende ja immer das Gefühl, kein Wochenende gehabt zu haben. Eigentlich stand der Umzug meiner Schwester auf dem Plan, aber die Planlosigkeit war wiedermal der Wunsches Vater Gedanken Sohn Kusin, oderso, und hat also nicht hingehauen.
Vorher allerdings bei der Hausverwaltung gewesen. Angebote der Balkonbaufirmen verglichen und verschiedene Sachen besprochen. Und dann auf dem Nachhauseweg in der Reinhardtstraße in diesem Bücherladen der Mängelexemplare ein paar Bücher gekauft. Paul Auster, weil ich dem eine dritte Chance geben will, dann Murakami, Christoph Hein und wer war der andere nochmal, liegt auf dem Sofa aber es fällt mir nicht mehr ein.
Das Buch von Paul Auster hat sich übrigens als Filmbuch enttarnt. Zuhause erst. Ich werde es also nicht lesen. Mag es jemand?

Dienstagabend ist meine Schwester zuerst zu mir gekommen, dann haben wir die Matratze zusammengerollt die ich ihr geschenkt habe, ein Großraumtaxi gerufen, sind mit dem Taxi nach Neukölln gefahren, aus ihrer alten Wohnung Rucksäcke, Taschen und zwei kleine Kartons geholt und alles nach Friedrichshain in ihre neue Wohnung gebracht. Das war mit sechsundzwanzig Euro gar nicht so teuer wie befürchtet. Sie hat in ihrer neuen Wohnung die Dielen abgezogen, eine Teufelsarbeit, es sieht aber sehr schön aus. Sie wird sie allerdings nicht lackieren, sondern ökomäßig ölen (und jeden Kaffeeflecken verdammen). Dafür hat sie aber mehr von der Wärme des Holzes, sagt sie. Nach der Inspizierung sind wir dann zur Frankfurter Allee hinunter, durch die Säulendurchgänge der stalinistischen Bauten, hinaus auf die Straße, meine Schwester wollte noch eine Kleinigkeit essen, ich wollte zur U-Bahn. Dort trafen wir P, den Exfreund meiner anderen Schwester, wir redeten noch ein bisschen, sie begleiteten mich beide zur Bahn, und dann war es auch schon elf oder zwölf und gestern musste ich früh raus, und.