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Weder K noch ich, sind besonders Sachsen-erfahren, wir kommen ja beide nicht aus Deutschland, man möge es uns nachsehen, aber schon ziemlich früh hat sich unter uns, ein sächselndes Hallö als Grußformel eingeschlichen. Das hatten wir einmal von einem sächsischen Bekannten aufgegriffen, der einen Sachsen nachahmte, und solche Sachen sagte wie: am Telefön, da sagen wir Hallö.
Wir haben gelacht, dachten, das sei Veralberung, das Spiel mit den Klisches, ist ein erleichtendes Spiel. Wenn K und ich uns Abends begrüßen, sagen wir seitdem meistens Hallö. Weil K und ich oft sehr albern sind.
K war als erste von uns beiden in Sachsen, letztes Jahr in Leipzig. Aus dem Taxi schrieb sie mir eine SMS: der fahrer hat gerade hallö zu mir gesagt
Ich wusste, das wäre ein Witz, antwortete also: sösö. Ich habe es dann auch gleich in meinem T9 abgespeichert. Nebst hallö und alsö und möment. Als sie zurück in Berlin war, öffnete ich ihr die Tür und sagte: Hallö. Sie lachte zurück und sagte, Läpzsch sei sehr toll.

Vor einem Monat war ich selber in Leipzig. Zum ersten mal in Sachsen. Ich war spät dran, stieg eilig ins Taxi, und natürlich: der Fahrer begrüßte mich.
Ich war erstaunt und schrieb K sofort eine SMS: du die grüßen hier wirklich so
Das wusste sie aber schon.

Letzten Samstag war ich dann das zweite mal in Leizpig. Voller Freude in dieser schönen Stadt mit der lustigen Sprache zu sein, stieg ich am Hauptbahnhof in ein Taxi und sagte zum Fahrer: hallö.
Der Fahrer sah mich darauf ein bisschen zu lange an. Ich sah ihn deswegen nur ganz kurz an. Doch dann sagte auch er hallö.
Ich bat ihn, eine schöne Route nach Plagwitz zu nehmen, ich fände Leipzig so schön.

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Kommt jemand mit? Ein bisschen raus in die Sonne, runter bis zur Spree vielleicht, unterwegs nehmen wir uns irgendwo ein kühles Bierchen mit, dann setzen wir uns auf einen Bootsanleger ans Wasser, an einem schattigen Plätzchen, wir reden von den Dingen, und lassen dabei die Beine überm Wasser baumeln, die sich darin spiegeln, unruhig zerfranst, und wir schauen den jungen Sportlern zu, wie sie in ihren Drachenbooten rudern, und denken uns, herrje, was für ne Hitze, wer will sich da denn noch bewegen.

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Ich habe es vorgestern schon geahnt, als ich es bei der Gefühlskonserve las. Endlich werden sie sich auskotzen dürfen: die Neider, die Hasser, die, die gegen Hypes sind, die, die es immer schon gewusst haben, die, die schon seit Jahren an ihrem Buch schreiben wollen.

Ich habe Helene Hegemanns Axolotl Roadkill noch nicht gelesen, doch alles was ich schon darüber weiß, reicht aus, um zu wissen, dass das Buch verdammt geil ist, auch wenn es mir nicht gefallen sollte.
Und ich will jetzt gar nicht auf die Diskussion zu Urheberrecht eingehen, ist natürlich alles schön und gut, Helene hat das sicherlich nicht sehr geschickt gemacht mit den Danksagungen, mit den Verweisen, aber meine Güte, mit welchem Genuss die verkannten immerschonmalwollende-Buchschreiber die Siebzehnjährige mit dem Wort Abschreiben in die Schulbank verweisen.

[tagebuchbloggend 31.1.]

Das Tagebuchbloggen gerät asyncronologisch. Ich habe jetzt lange nachdenken müssen über die Richtigkeit dieses Wortes, u.a. auch wegen der Syncronik und der Ologie, aber letztendlich ist es mir egal geworden, ich bin zwar ein Freund der Präzision, ich halte mich aber nur daran, wenn es auch Sinn für mich macht, oder eben wenn es sonst die Bezüge zu sehr verwässert, aber es gibt eben diese Wörter bei denen mir das egal ist, jeder weiß was das bedeuten könnte und ich will damit sagen: Blog und Zeit laufen nicht mehr aufeinander abgestimmt. Rein aus technischer Sicht. Ich mag diese Freiheiten beim Schreiben, wenn die Dinge nur bildlich geng geschildert werden.
Beim erneuten Schreiben hat es allerdings etwas dümmliches an sich. Deshalb:

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Vollkommen out-of-sync wollte ich also nachholen, wie V und ich am Freitag im Lass uns Freunde bleiben gesessen haben und stundenlang in allen möglichen Themen vergraben lagen. Sechs Stunden später sind wir aufgestanden und noch durch die verschneite Stadt nachhause gelaufen. Das war nur eine Erwähnung. Die Gespräche zu vertiefen gibt es hier nicht den Raum.

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Gestern am Abend mit K, meiner Schwester und F und R in die lange Nacht der Museen gegangen. Die Tickets für K und mich, waren ein Weihnachtsgeschenk meiner Schwester. F und R sind mitgekommen. F und ich haben unabhängig voneinander zwei Listen der Museen erstellt, die sich weitgehend deckten. Wir haben uns dann für den Dom entschieden, für das Ephraimpalais und das Knoblauchhaus im Nikolaiviertel, die Deutsche Guggenheim Unter den Linden, und die Akademie der Künste am Pariser Platz.

Logistische Umstände, die zu schwierig sind, sie hier auszubreiten, verhinderten, dass ich den Dom besichtigen konnte, da ich aber auch nicht draußen in der Kälte auf meine Schwester warten wollte, machte ich mich auf der Suche nach einer Kneipe in der Gegend um der Museumsinsel, so zog ich ein paar Runden, fand aber kein Cafe, lediglich ein paar Imbisse oder Restaurants, alles ist hier auf den Museumstourismus ausgelegt und schließt um sechs oder um sieben, nachts zieht es die Schwärmer ja rein in die intimen Kieze. Jedenfalls fand ich dann in der Spandauer Straße diese Touristenabsteige mit dem Namen PalmBeach. Schon draußen dröhnt mir der plastisierte Cocktailsound entgegen, durch das Fenster sehe ich Palmen, ich betrete das Lokal und stehe mit meinen erforenen Füßen im Sand.
Dann nahm ich in einem Sonnenstuhl platz und bestellte mir ein eiskaltes Bier.

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Im Ephraimpalais. Im dritten Stock die Ausstellung von Konrad Knebel. Stadt aus Stein. Dutzende Gemälde von berliner Brandmauern, von bröckelndem Putz. Ein bröckelnder Stil.

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Heute an einer Kurzbeschreibung von Maxim Billers letzten Kurzgeschichtenband für das Common Reader Blog begonnen. Habe mich dann aber in anderen Texten verloren. Heute geht übrigens nur drinnenbleiben, die Polizei empfiehlt das auch, Ausgangssperre Abendland, ihr müsste heute nicht raus, ihr dürft drinnenbleiben, entspannt euch mal mit euren Lieben, oderso.

[tagebuchbloggend 29.1.]

Vielen Dank für die vielen Glückwünsche. Die vielen Kanäle auch, worüber diese neuerdings reinkommen. Facebook alarmiert, Skype alarmiert, und im Blog habe ich es auch schon Tage vorher gesagt, Glückwünsche werden so wasserfest wie Teer. Dabei war ich es immer gewohnt, die ganze Geburtstagssache ein bisschen an mir vorübergehen zu lassen, wollte nie groß etwas tun. Das hat mich gestern so gefreut, dass ich nächstes Jahr womöglich so etwas wie eine Feier machen werde. Oder wenigstens Freunde zum Essen einladen, oderso. Ich glaube das macht Spaß. K’s Geburtstag mit ihren Freunden hat ja auch sehr Spaß gemacht, und auf die Geschenke war ich nachher schon ein bisschen neidisch. Mensch, Geburtstag.

K hatte mir jedenfalls Frühstück versprochen. Sie ist Spätaufsteherin und ich Frühaufsteher. Ich sagte, sie bräuchte nicht für mich früh aufstehen. Ich würde mir morgens einen Kaffee machen und sie irgendwann gegen Mittag wecken und mich dann in freudiger Erwartung eines Frühstückes versetzen. Ich bekam gebratene Speckscheiben, Rührei und Wiener Würstchen, mit Brot.
Eigentlich wollten wir zum Frühstück die Verfilmung des zweiten Teils der Stieg Larsson Trilogie schauen. Schwedische DVD. Extra aus Schweden eingeflogen, weil mir K das Herunterladen von DIVX-Filmen aus dem Netz verboten hat. Die DVD hatte allerdings keine englischen Untertitel, und mein Schwedisch beschränkt sich auf belanglose Wörter, die ich planlos einsetze. Ich musste also Untertitel aus dem Netz ziehen, hatte aber Schwierigkeiten diese ans Laufen zu bekommen, sah nach einer Stunde ein, dass das über DVD nicht funktionieren wird, und habe deshalb den Film ins DIVX-Format gerippt, was eine Stunde dauert, um damit dann die Untertitel einzubauen. Das hat funktioniert. Hätte ich mir doch gleich —

Um vierzehn Uhr fingen wir also mit dem Film an. Toller Thriller, noch besser als der erste Teil, sehr geradlinig erzählt, sehr fesselnd, und sehr europäisch. Wer hier Widersprüche vermutet, möge auch Amen sagen.

Nachher sind wir nach Kreuzberg gefahren, in K’s Lieblingsbuchladen, sie hat zehn Bücher gekauft, ich habe Heine gekauft. Kreuzberg, das hat mich ja so oft: Kreuzberg, diese altlinke Piefigkeit, die gibt es so ja nur in Kreuzberg und sie ist so unerträglich miefig, dass ich nur noch gestriegelte Seitenscheitel tragen will.
Danach haben wir meine Schwester getroffen und sind ins Gasthaus Vigl an der Urbanstraße gegangen, Pizza essen und Geburtstagsabend ausklingen lassen.

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Möchte ich wirklich empfehlen: Textmanufaktur in Leipzig. Den Basiskurs besucht. Sehr kompetent geführt, gute Umgebung, gute Menschen. Anhand von mehreren, kleinen Übungen am Text, die wir erst theoretisch gelernt haben, dann dazu jeweils Miniaturen geschrieben, die wir nachher in der Gruppe, den gelernten Stoff referenzierend, besprochen haben. Intelligent, inspirierend, praktisch. In der Nacht dazwischen getrunken, gegessen und geschlafen. Alles stimmte.

(und Leipzig ist übrigens super)