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Ich habe es vorgestern schon geahnt, als ich es bei der Gefühlskonserve las. Endlich werden sie sich auskotzen dürfen: die Neider, die Hasser, die, die gegen Hypes sind, die, die es immer schon gewusst haben, die, die schon seit Jahren an ihrem Buch schreiben wollen.

Ich habe Helene Hegemanns Axolotl Roadkill noch nicht gelesen, doch alles was ich schon darüber weiß, reicht aus, um zu wissen, dass das Buch verdammt geil ist, auch wenn es mir nicht gefallen sollte.
Und ich will jetzt gar nicht auf die Diskussion zu Urheberrecht eingehen, ist natürlich alles schön und gut, Helene hat das sicherlich nicht sehr geschickt gemacht mit den Danksagungen, mit den Verweisen, aber meine Güte, mit welchem Genuss die verkannten immerschonmalwollende-Buchschreiber die Siebzehnjährige mit dem Wort Abschreiben in die Schulbank verweisen.

[tagebuchbloggend 31.1.]

Das Tagebuchbloggen gerät asyncronologisch. Ich habe jetzt lange nachdenken müssen über die Richtigkeit dieses Wortes, u.a. auch wegen der Syncronik und der Ologie, aber letztendlich ist es mir egal geworden, ich bin zwar ein Freund der Präzision, ich halte mich aber nur daran, wenn es auch Sinn für mich macht, oder eben wenn es sonst die Bezüge zu sehr verwässert, aber es gibt eben diese Wörter bei denen mir das egal ist, jeder weiß was das bedeuten könnte und ich will damit sagen: Blog und Zeit laufen nicht mehr aufeinander abgestimmt. Rein aus technischer Sicht. Ich mag diese Freiheiten beim Schreiben, wenn die Dinge nur bildlich geng geschildert werden.
Beim erneuten Schreiben hat es allerdings etwas dümmliches an sich. Deshalb:

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Vollkommen out-of-sync wollte ich also nachholen, wie V und ich am Freitag im Lass uns Freunde bleiben gesessen haben und stundenlang in allen möglichen Themen vergraben lagen. Sechs Stunden später sind wir aufgestanden und noch durch die verschneite Stadt nachhause gelaufen. Das war nur eine Erwähnung. Die Gespräche zu vertiefen gibt es hier nicht den Raum.

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Gestern am Abend mit K, meiner Schwester und F und R in die lange Nacht der Museen gegangen. Die Tickets für K und mich, waren ein Weihnachtsgeschenk meiner Schwester. F und R sind mitgekommen. F und ich haben unabhängig voneinander zwei Listen der Museen erstellt, die sich weitgehend deckten. Wir haben uns dann für den Dom entschieden, für das Ephraimpalais und das Knoblauchhaus im Nikolaiviertel, die Deutsche Guggenheim Unter den Linden, und die Akademie der Künste am Pariser Platz.

Logistische Umstände, die zu schwierig sind, sie hier auszubreiten, verhinderten, dass ich den Dom besichtigen konnte, da ich aber auch nicht draußen in der Kälte auf meine Schwester warten wollte, machte ich mich auf der Suche nach einer Kneipe in der Gegend um der Museumsinsel, so zog ich ein paar Runden, fand aber kein Cafe, lediglich ein paar Imbisse oder Restaurants, alles ist hier auf den Museumstourismus ausgelegt und schließt um sechs oder um sieben, nachts zieht es die Schwärmer ja rein in die intimen Kieze. Jedenfalls fand ich dann in der Spandauer Straße diese Touristenabsteige mit dem Namen PalmBeach. Schon draußen dröhnt mir der plastisierte Cocktailsound entgegen, durch das Fenster sehe ich Palmen, ich betrete das Lokal und stehe mit meinen erforenen Füßen im Sand.
Dann nahm ich in einem Sonnenstuhl platz und bestellte mir ein eiskaltes Bier.

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Im Ephraimpalais. Im dritten Stock die Ausstellung von Konrad Knebel. Stadt aus Stein. Dutzende Gemälde von berliner Brandmauern, von bröckelndem Putz. Ein bröckelnder Stil.

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Heute an einer Kurzbeschreibung von Maxim Billers letzten Kurzgeschichtenband für das Common Reader Blog begonnen. Habe mich dann aber in anderen Texten verloren. Heute geht übrigens nur drinnenbleiben, die Polizei empfiehlt das auch, Ausgangssperre Abendland, ihr müsste heute nicht raus, ihr dürft drinnenbleiben, entspannt euch mal mit euren Lieben, oderso.

[tagebuchbloggend 29.1.]

Vielen Dank für die vielen Glückwünsche. Die vielen Kanäle auch, worüber diese neuerdings reinkommen. Facebook alarmiert, Skype alarmiert, und im Blog habe ich es auch schon Tage vorher gesagt, Glückwünsche werden so wasserfest wie Teer. Dabei war ich es immer gewohnt, die ganze Geburtstagssache ein bisschen an mir vorübergehen zu lassen, wollte nie groß etwas tun. Das hat mich gestern so gefreut, dass ich nächstes Jahr womöglich so etwas wie eine Feier machen werde. Oder wenigstens Freunde zum Essen einladen, oderso. Ich glaube das macht Spaß. K’s Geburtstag mit ihren Freunden hat ja auch sehr Spaß gemacht, und auf die Geschenke war ich nachher schon ein bisschen neidisch. Mensch, Geburtstag.

K hatte mir jedenfalls Frühstück versprochen. Sie ist Spätaufsteherin und ich Frühaufsteher. Ich sagte, sie bräuchte nicht für mich früh aufstehen. Ich würde mir morgens einen Kaffee machen und sie irgendwann gegen Mittag wecken und mich dann in freudiger Erwartung eines Frühstückes versetzen. Ich bekam gebratene Speckscheiben, Rührei und Wiener Würstchen, mit Brot.
Eigentlich wollten wir zum Frühstück die Verfilmung des zweiten Teils der Stieg Larsson Trilogie schauen. Schwedische DVD. Extra aus Schweden eingeflogen, weil mir K das Herunterladen von DIVX-Filmen aus dem Netz verboten hat. Die DVD hatte allerdings keine englischen Untertitel, und mein Schwedisch beschränkt sich auf belanglose Wörter, die ich planlos einsetze. Ich musste also Untertitel aus dem Netz ziehen, hatte aber Schwierigkeiten diese ans Laufen zu bekommen, sah nach einer Stunde ein, dass das über DVD nicht funktionieren wird, und habe deshalb den Film ins DIVX-Format gerippt, was eine Stunde dauert, um damit dann die Untertitel einzubauen. Das hat funktioniert. Hätte ich mir doch gleich —

Um vierzehn Uhr fingen wir also mit dem Film an. Toller Thriller, noch besser als der erste Teil, sehr geradlinig erzählt, sehr fesselnd, und sehr europäisch. Wer hier Widersprüche vermutet, möge auch Amen sagen.

Nachher sind wir nach Kreuzberg gefahren, in K’s Lieblingsbuchladen, sie hat zehn Bücher gekauft, ich habe Heine gekauft. Kreuzberg, das hat mich ja so oft: Kreuzberg, diese altlinke Piefigkeit, die gibt es so ja nur in Kreuzberg und sie ist so unerträglich miefig, dass ich nur noch gestriegelte Seitenscheitel tragen will.
Danach haben wir meine Schwester getroffen und sind ins Gasthaus Vigl an der Urbanstraße gegangen, Pizza essen und Geburtstagsabend ausklingen lassen.

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Möchte ich wirklich empfehlen: Textmanufaktur in Leipzig. Den Basiskurs besucht. Sehr kompetent geführt, gute Umgebung, gute Menschen. Anhand von mehreren, kleinen Übungen am Text, die wir erst theoretisch gelernt haben, dann dazu jeweils Miniaturen geschrieben, die wir nachher in der Gruppe, den gelernten Stoff referenzierend, besprochen haben. Intelligent, inspirierend, praktisch. In der Nacht dazwischen getrunken, gegessen und geschlafen. Alles stimmte.

(und Leipzig ist übrigens super)

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Über diese Vernetzung und Omnipräsenz der webzweinull-Communities bin ich wieder mit ganz alten Freunden und Bekannten aus meiner Kindheit in Kontakt gekommen. Ich habe es in den Anfangszeiten dieses Blogs einmal erwähnt, dass ich in einem kleinen Dolomitendorf aufgewachsen bin, in dem man Rätoromanisch spricht. Das ist ein übriggebliebener lateinischer Dialekt, den man damals, zur Römerzeit, und auch später noch, im gesamten Alpenraum sprach, bis das Latein aus politischen Gründen ausstarb und durch Französisch, Deutsch, Italienisch und Slawisch ersetzt wurde. Bis auf die paar gallischen Dörfer. Die paar Täler in den Dolomiten und der Schweiz, die geographisch dermaßen isoliert waren, dass sich die Sprache über die Jahrhunderte hinweg konserviert hat. Das Rätoromanische in den Dolomiten nennt sich Ladin. Ich bin ladinisch aufgewachsen, das heisst, dreisprachig natürlich, weil die amtliche Sprache italienisch ist, meine Eltern Südtirolerisch sprechen, aber mein sonstiges gesamtes sozialen Umfeld eben ladinisch sprach. Ladinisch war meine Alltagssprache. Ich dachte auf Ladinisch, ich träumte auf Ladinisch, und um es vollends zu verkitschen: ich schrieb sogar meinen ersten Liebesbrief auf Ladinisch.
Als ich vierzehn war, zog meine Familie weg, in Richtung Bozen, berufliche Gründe meines Vaters; ich stand mitten in der Pubertät, ich hasste es, meine ganze Welt wurde mir genommen, und seitdem hatte ich, bis auf wenige Ausnahmen, kaum mehr ein ladinisches Wort gesprochen.

Bis jetzt eben die webzweinull-Communities kamen. Und ich der Gruppe „Ladins“ beitrat. Neulich schrieb mich eine junge Frau an: Hey, auch ich bin Ladinerin und wohne in Berlin. Lust auf einen Drink?
Ich hatte Lust auf einen Drink.
Vorgestern trafen wir uns also in der Weinerei in der Griebenowstraße, nahmen einen Drink, und ich stockte und hakte. Es war sehr fremd und ungewohnt, und schwierig vor allem, nach mehr als zwanzig Jahren Ladinisch zu reden, Konversation in einer Sprache, die einmal meine Alltagssprache gewesen ist. Die einfachsten Wörter fielen mir nicht ein, dauernd bat ich mitten im Satz, auf Deutsch, nach Hilfe: »Woche?« »Edema« »Naturalmënt, Edema! […]« und sofort tauten die einzelnen, erfragten Wörter aus den hintersten tiefgekühlten Weiten meines Gedächtnissen wieder auf, die so gut konserviert gewesen sind, dass regelrecht die Gerüche zu den Wörtern mit auftauten, sie sagte in einem Satz »Lüsa« und eine Erinnerung fing an aufzutauen, ich fragte »Lüsa?«, ich wiederholte: »Lüsa? Schlitten?«, sie nickte und ich sah mich als kleinen Jungen den Schlitten über die kleine Holzbrücke des Baches ziehen, während mir der Duft der Fichten auf der anderen Seite des Baches entgegenwehte. Blöder Psychoscheiß, das, aber schon Okee.

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Die Idee ist natürlich uralt, die Umsetzung eigentlich auch, aber dennoch, es geht sicherlich noch besser, deshalb: ein paar gewöhnliche Leser schreiben ganz gewöhnlich, höchst subjektiv über Bücher die sie so gelesen haben. Wir präsentieren proudly: The common reader.

[tagebuchbloggend. die letzten Tage]

Was ist jetzt eigentlich alles passiert? Ich weiss es auch nicht mehr genau. In der Nacht zum neunungzwanzigsten hatte ich mich mit einer Falsche Wein am Rechner amüsiert und ein paar Seiten Text geschrieben die jetzt ein bisschen lala sind, komische Euphorie manchmal. Der nächste Tag war ein Handwerkstag, ich habe den großen Spiegel im Flur und eine Ablage für die Kräuter in der Küche montiert. Danach haben K und ich das Bett im Schlafzimmer umgestellt und das Zimmer war dann plötzlich doppelt so groß geworden. Was ziemlich gut war.
Am Abend dann zu Modeste auf ihre jährliche Feuerzangenbowlenparty gegangen. Und dann ziemlich spät und ziemlich trunken und seelig über einen weiten Umweg nachhause spaziert.

Am nächsten Tag mit meiner Schwester und ihrem Besuch aus den Niederlanden ins jüdische Museum gegangen. Wieder ein bisschen neerlands gesprochen, nach wenigen Minuten ächzendem Knarzen, ging das wieder wie geölt, einer verrosteten Maschine gleich, ich meine: man kann die Sprachmaschine direkt hören, wie sie sich hochfährt und die Gelenke entrostet, oder eben ölt. Selftest-selftest.
Danach waren K und ich mit F und R beim Buchstabenballet– nein Scherz, wir waren bei „The Bird“, dem berühmten Burgerrestaurant am Falkplatz, verabredet. Da haben wir Burger mit Pommes gegessen und Bier getrunken und versucht uns zu unterhalten, über AC/DC hinweg, die über uns aus den Lautsprecherboxen schepperten. Draußen schneite es. wie aus Schneemaschinen. Nachher haben wir die beiden, die ja noch bis nach Charlottenburg fahren mussten, fast zur Ringbahn begleitet und sind vorher noch in der Kopenhagenerstrasse, auf einen Absacker in eine Bar gegangen. Wir haben dort komische Sachen getrunken wie: Ricard, Sex On The Beach, Jack Daniels und Absinth.
Auf dem Heimweg sind K und ich lange durch den verlassenen, nächtlichen Gleimkiez, über den Mauerpark und Bernauer Straße, nachhause spaziert. Der Schnee kam von oben und alles war ausgeglichen und eine Art Seelenfrieden hing über der ganzen Stadt und uns beiden und dem ganzen Rest.

Silvester. Um Punkt zwölf Uhr mittags fiel mir die Deadline zu jenem Literaturpreis, für den ich etwas einsenden wollte, ein. K bearbeitete mir noch schnell den Text und dann sind wir zur Friedrichsstrasse spaziert, damit der Brief noch den Poststempel für 2009 bekommt. Und dann war es 15Uhr, uns fiel gleichzeitig der Appetit ein, also sind wir in das „12 Apostel“ in den S-Bahnbögen, Pizza essen gegangen. K aß eine Lukas und ich eine Thaddeus. Ich wollte erst eine Judas essen, aber die hatte Anchovis und das mag ich nicht immer, jedenfalls nicht um 15Uhr, was aber egal war, weil mir Judas ziemlich wurscht ist und ich jetzt weiß, dass es einen Apostel namens Thaddeus gibt.
Um 17Uhr waren wir wieder zuhause. Dort habe ich über jenen Literaturpreis nachgelesen, und gesehen, dass auch Maxim Biller ihn schon gewonnen hat, und jetzt weiss ich auch, wieviel ich von dem Preis gewinnen werde. Hätte ich vorher lesen sollen.

Silvester. Wir wollten in Rewe|Netto|Kaisers|Plus im Bahnhof Friedrichsstraße einkaufen, alles andere hatten ja schon (wieder) geschlossen. Wir sahen dann aber die Schlange vor dem Supermarkt, uns wurde anders zumute, und so kauften wir beim Spätkauf eine Packung Nudeln und kochten am Abend eine Pasta mit Tomatensauce.

Silvester. Wir hatten zwei lose Einladungen für den Abend abgesagt. Silvester immer wieder. Ich bin damit überfordert. Der Zwang. Er verdirbt mir auf eigenartige Weise die Laune, überall diese hibbeligen Menschen, meist in Partyhopping-Laune, man kann nichtmal ganz normal Freunde einladen, weil die dann sowieso nur hibbelig herumsitzen und warten bis alles losgeht und meistens warten sie hibbelend die Zeit ab bis sie noch bei einer anderen Party vorbeischauen. Mehrmehrmehr.

Silvester. Wir aßen also zu zweit Pasta mit Tomatensauce und schauten The fifth Element. Als das fertig war, schauten wir auf RBB „die 50 besten Partyhits“ und zappten ab und zu zum ARD und dem ZDF um die feiernden Menschen am Brandenburger Tor zu sehen und froh zu sein, nicht da zu sein.
Um zwölf Uhr dann Gonggong, Küsse und wir tranken statt des ekligen lieblichen Sekts, den ich fälschlicherweise gekauft hatte, ein großes Glas 18 jährigen Auchentoshan, schließlich zogen wir uns warm an und gingen hinunter auf die Brunnenstraße und schauten den Raketen und Feuerwerken nach. Der Nachbar von ganz oben stand draußen, mit Freunden und seiner Tochter auf den Schultern und zündete Knallfrösche. Er gab K und mir zwei Solidaritätsknallfrösche.
Drei Häuser weiter fiel beim Abfackeln eine Rakete um, sie ging los, knallte gegen eine gegenüberliegende Hausfassade und explodierte dort am Fenster. Zwei Jungens die aus dem Wedding herübergekommen waren, hatten eine Pistole und schüchterten Menschentrauben ein, die mit Wunderkerzen beieinanderstanden, indem sie auf sie schossen, Platzpatronen nur, aber sie machte helle Funken.

Silvester. Wir gingen wieder hoch ins Haus und schauten die Fortsetzung von „die 50 besten Partyhits“. DJ Ötzi war auch dabei.

[tagebuchbloggen 26.11.]

Wir machen ja oft Spaziergänge Unter den Linden.

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Am Abend endlich wieder an diesem langen Text gearbeitet, ich habe ihn seit etwa drei Monaten nicht mehr angefasst und überhaupt war ja diese freie Weihnachtswoche dafür da, aufzustehen und ein bisschen dazwischen zu hängen, zwischen den Tagen, zwischen den unterschiedlichen Wahrnehmungen, zwischen den Zeiten auch, wenn man so will, aufstehen und mich an den Text zu setzen, in dieser undefinierte Leere, nicht nur des entvölkerten Berlins, weil Berlin ja gar nicht so entvölkert ist, wie ich immer glaubte, es spielt sich nur alles in den Häusern ab, das Introvertierte an der Weihnacht, daran musste ich an diesem Heiligabend denken, als wir im Treppenhaus einer chinesischen Familie begegnet sind, sie waren auf dem Weg nach oben in die Ferienwohnung, das vermultich einzig gute daran, eine Ferienwohnung im Haus zu haben, dass man chinesische Familien im Treppenhaus trifft und sich wundert; es waren offensichtlich Touristen, zu Besuch im weihnachtlichen Europa, die Geburtsstätte dieses eigenartig bilderstarken Volksfestes, einer Ästhetik die wirklich so etwas wie Sehnsüchte zu erwecken vermag, ich meine, die Weihnacht strotzt ja nur so von Sehnsuchtsbildern, wenn auch nicht meine: der Schnee, die Glocken, die sanften Lichter, der nächtliche Himmel, die roten Wangen, die roten Gewänder, die roten Tischdecken, die bunten Geschenke, der Schnee, der Schnee, der Schnee, das sind ja die Bilder die hinaus in die Welt gebracht werden, und dann frage ich mich wie man als chinesische Familie die Weihnacht in Europa überhaupt erlebt, erleben kann, ich meine: wir Europäer gehen nach Japan um die Sache mit den Kirschblüten zu feiern und alles ist irgendwie Kirschblüte, dann gehen wir nach Rio um den Fasching zu feiern und alles ist irgendwie Fasching, aber dann kommt eine chinesische Familie nach Europa um Weihnachten zu feiern und findet am Tag an dem alles geschehen soll, an dem Abend an dem diese ganze aufgestaute Adventsspannung, alle Weihnachtsmärkte, alle Glühweinstände, alle Kerzen, alle rotweiß kostumierten Bartträger, und alles, alles irgendwie in tausende Lichter zerplatzen müsste, an diesem Abend findet die chinesische Familie eine tote Stadt vor.
Dieses Introvertierte der Weihnacht. Ich finde das ja ganz gut, eigentlich.