Wieder fuhr ich zur Dammsmühle. Mit meiner Fussballfreundin, ihrem Freund und ihrer jungen Hündin. Die Hündin ist mittlerweile 6 Monate alt und äusserst lebendig. Meine Hündin, die gerade die Phase einer grumpy old Lady durchläuft, hatte sehr wenig Lust auf einen aufgeregten Junghund, der dauernd und sehr ungestüm mit ihr spielen wollte. Die junge Hündin rempelte in der Aufregung meine Hündin immer wieder über den Haufen. Sie knurrte sie mehrmals weg und morste mir sehr genervt mit ihren Wimpern, dass sie das heute zwar noch mitmacht, aber kein weiteres Mal. Sie wird aber das Prinzip Menschenfreundschaft verinnerlichen müssen, es werden nämlich viele weitere solcher Wanderungen folgen.
Wir liefen einmal um den See und danach am Ufer des tiefergelegten Mühlenbecker Sees entlang. Erstaunlicherweise gehört dieses Seensystem zum Wassersystem Tegeler Fliess. Möchte ich erwähnt haben.
Am Abend war ich mit einem Freund in der Protokollbar verabredet. Er und seine Frau kauften letzten Winter ein kleines Holzhaus in Norwegen. Aus diesem Grund hatten wir viel zu bereden. So von Holzhausbesitzer zu Holzhausbesitzer. Allerdings ist deren Haus weit abgelegener als unseres. Sie verfügen beispielsweise über keinen Strom, was einen Aufenthalt dort sehr anders macht. Sie haben allerdings eine kleine Solaranlage auf dem Dach mit einem dazugehörigen Akku, mit dem sie Lampen und nicht allzu energiehungrige Geräte betreiben können. Es reicht auch für nachts aus. Fürs Kochen allerdings nicht, da muss man auf Gas ausweichen. Auch ich dachte bereits über eine Solaranlage nach. Solaranlagen schaden schliesslich nie. Man spart Geld und man fühlt sich ungemein autonom und der Zukunft zugewandt. Jedoch gibt es auch Meldungen über Diebstahl solcher Anlagen. Der Inhalt von Sommerhäusern ist vor allem in den verlassenen Wintermonaten beliebte Beute.
Wir redeten über den Winter und über Wege. Endlich kann ich mit jemandem über Wege reden. Wie wichtig Wege sind. Er hat das Glück, einen nicht allzu weit entfernten Nachbarn zu haben, der einen kleinen Schneepflug besitzt. Unseren Weg kann man damit aber nicht befahren. Vor allem die letzten 300 Meter auf dem wackeligen Waldweg käme man mit einem Schneepflug nicht voran. Im Winter müsste man die 300 m zu Fuss laufen und sich beim Transport von Gütern mit einem Schlitten behelfen. Vielleicht hegt die Hündin Ambitionen, Schlitten zu ziehen, das wäre lustig. Aber mit ihren 14 Kilos wird sie nicht einmal eine Kiste Bier transportieren können.
Sie waren auch im Winter da. Bei Minus 10 Grad. Es dauert dann einige Zeit, etwa zwei Tage, bis das Haus eine Grundwärme erreicht. Die Sache mit der Grundwärme merke ich auch immer in Schweden. Wenn wir im Mai das Haus aus dem Winterschlaf holen, ist es drinnen kühler als draussen. Es dauert zwei Tage, bis das Haus eine Grundwärme hat. An den ersten Tagen musste ich drinnen ständig eine gefütterte Jacke oder mindestens einen dicken Pullover tragen. Und die Betten sind in der ersten Nacht eisig. Nach zwei Tagen kann man die Türen und auch Fenster schon offen lassen, ohne dass es wieder auskühlt. Ist die Grundwärme einmal da, geht sie nicht mehr so schnell weg. Als wäre die Temperatur des Hauses ein eigener, sehr träger Organismus, wie ein Stein, der Temperaturschwankungen auch mit Phlegma hinnimmt. Komische Sache, diese Grundtemperatur. Man kennt das ja auch vom Hochsommer. Man kriegt im Hochsommer kein Haus runtergekühlt, wenn man nachts die Fenster öffnet. Das Phänomen hat bestimmt einen Namen, bin jetzt aber zu faul, das nachzulesen.
Und sonstso. Seit ich wieder in Berlin zurück bin, komme ich mit der Arbeit am Roman sehr gut voran. In Focuswriter habe ich das Tagesziel auf 4 Seiten bzw 1000 Wörter gesetzt, was ich zwar nicht immer erreiche, aber immer mindestens die Hälfte. Leider schreibe ich wieder in den späteren Abendstunden, wodurch ich bis in die Nacht am Bildschirm sitze. Wie ich schon einmal erwähnte, entwickelt sich die Geschichte ganz anders, als sie ursprünglich geplant war. Ich hatte immer nur die groben Eckdaten der Geschichte im Kopf. Sie entfaltet sich unerwartet düster vor mir aus. Das liegt daran, dass ich einen richtigen Ton für den Text gefunden habe. Gleich wie die Novelle, die neben einigen inhaltlichen Schwächen vor allem einen guten Sound hat, hat diese Geschichte auch einen guten Sound, ein bisschen anders zwar, etwas dunkler, melancholischer, aber ohne auf allzu viel Schnörkelquatsch zugreifen zu müssen. Und sie kommt mir jetzt schon inhaltlich gehaltvoller vor. Bisher bin ich sehr zufrieden.
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