[Di, 2.9.2025 – Loses über die anstehende Reise in die Arktis]

Die Nachbarin und ihr Sohn sind heute nach schwedisch Lappland aufgebrochen. Sie werden drei Wochen lang über den 470 km langen Kungsleden, den Königspfad, wandern. Das bedeutet: Schlafsäcke, eisige Nächte, kein Strom, kein Netz und viel zu Fuß und mit schwerem Gepäck unterwegs zu sein. Eigentlich wollte ich aber sagen: eine traumwandlerische Reise zu Fuß durch eine surreale Landschaft fern der Zivilisation. Ich habe ziemlichen Respekt vor einer solchen Unternehmung. Wenn ich in den hohen Norden reise, dann sind meine Ziele immer eher zivilisatorischer Natur. Ich besuche die Dörfer, die Orte. In die Wildnis begebe ich mich nur punktuell. Als die Nachbarin und ihr Sohn uns letzten Mai in Schweden besuchten, planten sie die Reise bereits. Wie sie von den Bedingungen erzählten, von den Vorplanungen, der Ausrüstung, das alles erweckte schon eine Lust in mir. Ich weiß jetzt schon, dass ich eine solche Wanderung einmal unternehmen werde.

Apropos Planung. Wir haben noch nichts für unsere Grönlandreise in drei Wochen geplant. Die Detailplanung überlässt meine Frau ja immer mir. Wir fliegen zuerst nach Island, wo wir drei oder vier Tage bleiben, weil meine Frau dort arbeiten muss. Ich sollte mir daher etwas vornehmen, ansonsten hänge ich nur in Museumsshops, Restaurants und Bierbars herum. Bei unserer letzten Islandreise hatte ich noch keinen Führerschein. Damals nahm ich mir vor, beim nächsten Mal ein Auto zu mieten. Wenn ich aber zurückdenke, dann hatten wir die schönsten Momente der Reise in diesen kleinen Überlandbussen. Wir hatten nämlich oft Glück, dass wir die einzigen Passagiere waren und dann vorne beim Fahrer saßen, mit dem wir uns die ganze Zeit unterhalten konnten. Die Fahrer sind in der Regel Frühpensionäre, die gerne reden und viel zu erzählen haben. Das meiste Detailwissen, das ich mir über Island angeeignet habe, kommt von diesen Busfahrern.

Ich muss mal sehen, was ich mache. Natürlich würde ich gerne die damalige Route entlang der Südküste fahren, die Gegend ist heute wegen der Risse im Boden und der Lavaströme aber weitgehend gesperrt. Die Geysire und Wasserfälle werde ich mir aber nicht geben, das fand ich damals sehr überlaufen. Eventuell würde ich nach Akureyri in den Norden fahren, das ist außerhalb der Reykjavik-Region die größte Stadt auf der Insel. Außerdem läuft durch Akureyri die 10°-Juli-Isotherme und gehört somit offiziell zur Arktis. Letztes Mal wollten wir von Akureyri aus eine Walbeobachtungs-Tour unternehmen, aber das schafften wir zeitlich nicht mehr. Allerdings glaube ich auch, dass ich das dieses Mal zeitlich nicht hinbekomme. Abends muss ich meine Frau und ihre Kolleginnen bespaßen, ich bin ja die First Lady, ich kann mich nicht einfach vom Acker machen.

Aber Grönland ist anders. Wir werden auch dort nur vier Tage sein. Vielleicht plane ich die Schifffahrt in Grönland. Außerdem ist gerade gute Polarlicht-Zeit. Eine kleine Wanderung zu den Gletschern fände ich auch gut, allerdings sollte ich beachten, dass dort Eisbären leben. Das wird ähnlich wie in Longyearbyen sein, dass man die Dörfer nur mit einer Waffe oder in Begleitung erfahrener Guides verlassen kann. Eisbären töten nämlich nicht, sondern sie fressen einfach drauflos. Während man schreit. Wir werden uns vor allem in Nuuk aufhalten. Eisbären meiden die Städte eigentlich, sie leben ja eher auf dem Pack- bzw. Meereis. Allerdings nähern sie sich aufgrund des verschwindenden Eises und des damit zusammenhängenden Nahrungsmangels auch den Siedlungen. Menschen sind zwar weitaus weniger nahrhaft als Robben, aber als kleiner Proteinsnack für den kleinen Hunger zwischendurch auch annehmbar. Sage ich jetzt mal ganz mutig und kokett an meinem Schreibtisch. Ich kann mich an die Angst erinnern, als wir vor zwei Jahren auf dieser leeren Ebene oberhalb Longyearbyens liefen und ich unten im Dorf diesen weißen Golden Retriever sah.

Und dann: Kleidung. In Nuuk hat es heute geschneit. Für Ende September gibt es noch keine Prognose. Auch nach Spitzbergen fuhren wir Ende September. Da hatten wir schon –15 Grad. Weil wir damals auf der Hinreise einen Tag im relativ warmen Oslo verbrachten, reiste ich mit kurzer Hose und hatte dummerweise meine Winterjacke im großen Gepäck mitgegeben. Das wird mir dieses Mal nicht passieren. In Reykjavík misst es immerhin noch 14 Grad plus.

Nun.

Ich muss jetzt langsam planen.

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