Mit etwas Verspätung kam heute das Paket meiner Mutter an. Sie hatte mir Reisepass und Führerschein per Post nachgesendet. Die italienische Post dauert immer unfassbar lange. Von Italien aus, aber auch nach Italien hinein. Postkarten brauchen meist mehr als einen Monat. Die Reise dieses Briefes dauerte 8 Tage. Mittlerweile wurde mir bereits etwas mulmig zumute. Es wäre nicht das erste Paket aus Italien, das verschollen gegangen wäre. Ginge aber diese Sendung verloren, stünde ich ohne Pass und Führerschein ziemlich blöd da. Ich könnte mich nicht mehr ausweisen. Deswegen telefonierte ich heute gegen Mittag mit der italienischen Botschaft. Ich wollte wissen, wie ich einen neuen Reisepass beantragen kann, wenn ich mich nicht mehr ausweisen kann. Dem Herrn am Telefon gingen dabei ziemlich schnell die Ideen aus. Deswegen wollte der mich direkt an das ufficio passaporti weiterverbinden, da nahm aber niemand ab, vermutlich wegen der Mittagspause, wie er sagte. Also gab er mir die Durchwahl, ich solle es später am Nachmittag versuchen.
In der Zwischenzeit kam aber das Paket.
Auch so eine Sache: Auf dem Rückweg von der Runde mit der Hündin traf ich zwei junge Männer mit ihren Postfahrrädern in meiner Straße. Ich hielt sie gleich an und fragte, ob sie in meinem Haus die Post bereits verteilt hätten. Sie bejahten es. Dann fragte ich, ob es ein Paket für „Pfeifer“ gegeben hätte. Daraufhin sagte einer der beiden, sichtlich erfreut: „Ja!“ Er sagte, es gäbe ein Paket aus Meran.
Ich sagte: „Ja! Meran!“
Er erzählte mir, dass es ihn heute früh sehr gefreut hatte, als er das Paket in seinem Korb sah. Er käme nämlich aus der Gegend von Meran.
Ich sagte: „Wie schön, da komme ich auch her!“
Er sagte: „Echt? Woher denn?“
Ich so: (erklärte, dass ich bin in Bozen geboren, aber im Gadertal aufgewachsen bin und meine Familie jetzt in Meran lebt.)
Er so: (erklärte, dass er aus Bozen kommt und seine Mutter noch da wohnt.)
Er zog das kleine Paket aus seiner Box und wir unterhielten uns noch eine Weile. Ich fragte ihn, ob er wusste, dass die neue Chefin der Bahn eine Südtirolerin ist. Er wusste es auch nicht. Mich beruhigte das. Ich schrieb meiner Frau vom Bozner Postboten.
Sie sagte: „Uh, das kannst du sicherlich verbloggen.“
Ich sagte: „Nah, das ist eher unlustig und es wirkt konstruiert.“
Und sie so: „Ja vielleicht.“
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Neulich am Innsbrucker Bahnhof hätte ich ja fast ein Buch von Ferdinand von Schirach gekauft. Nun suchte ich heute in meinen Bücherregalen nach den beiden kleinen Bänden von Hugleikur Dagsson. Bei der Suche stieß ich jedoch auf ein Buch namens „Verbrechen“ von besagtem von Schirach. Muss ich irgendwann vor vielen Jahren einmal gekauft und vergessen haben. Lese ich jetzt. Es ist ein sehr präzises Textstück. Mehrere verschiedene Kriminalgeschichten. Lakonisch im Stil, aber die Lakonie kommt als Stilmittel gar nicht so nach vorne, weil die Texte etwas Protokollarisches haben. Das ist eindringlich und gefällt mir sehr.
Später telefonierte ich mit Sonja Steger, der Organisatorin des Literaturfestivals in Meran. Sie hatte nach der Lesung letzte Woche keine Zeit mehr, mit mir zu sprechen, also schlug sie vor, dass wir noch einmal telefonieren, wenn ich wieder zurück in Berlin bin. Sie wollte hauptsächlich wissen, wie es mir gefallen hatte und ob ich mich wohl gefühlt hätte.
Ob ich mich wohl gefühlt hätte.
Das fand ich so unfassbar nett gefragt. Ich hatte mich nämlich sehr wohl gefühlt. Mir ist durchaus bewusst, dass sie als Veranstalterin wissen möchte, wie die Veranstaltung für mich als auftretenden Gast war. Es war also so etwas wie ein Feedbackgespräch. Ich fand es aber trotzdem ausgesprochen nett, weil es auf mich auch eher wirkte, als wäre das Projekt ohne dieses Gespräch noch nicht abgeschlossen. Einmal den Abend rekapitulieren, sich bewusst zusammentun und es abschließen. Das habe ich auch von Projekten gelernt. Ein Projekt sollte immer zeremoniell abgeschlossen werden. Entweder in einer Retrospektive, mit einer Pizza oder idealerweise mit einer Party. Auf Kulturveranstaltungen ist mir das bisher noch nie passiert. Glaube ich. Zumindest nicht bewusst.

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