Heute früh sagte es mir die Waage: Ab sofort habe ich keine Adipositas mehr. Ab jetzt bin ich nur noch übergewichtig. Ich liebe es, diese Linie anzuschauen, die nach unten führt. Ich liebte auch immer fallende Aktienkurse. Früher zumindest. Jetzt bin ich erwachsen. Sieht aber trotzdem gut aus.
Hamburg ist übrigens gar nicht so dunkel, wie letzte Woche angedichtet. Dieser Tage hängt eine dichte Wolkendecke über der Stadt und das Licht fängt sich darin wieder. Das hellt alles auf. Indirektes Licht. Das lernt man schon als junger Mensch, wenn Frauen zu Besuch kamen: Du brauchst mehr indirektes Licht. Indirektes Licht macht das Haus schön.
Der Inder, mit dem ich mir die Firmenwohnung teile, will wissen, in welchem Stock sich mein Büro befindet, in welchem Flügel es liegt, ob es ein Einzelbüro ist und an wen ich reporte. Er versucht aus mir herauszukitzeln, ob er hierarchisch über mir steht, oder nicht. Wir werden nicht wirklich warm miteinander. Letzte Woche saßen wir eine Weile zusammen in der Küche. Ich hatte gerade einen Salat gegessen und er kochte sich ein Gurkenomelett. Die Konversation geriet ständig ins Stocken. Ich sagte etwas, er äußerte eine starke Meinung dazu, ich stimmte ihm zu, fügte jedoch ein „aber“ hinzu, worauf er mit einem „aber“ einen obendrauflegte, immer mit einem polizeihaften Absolutheitsanspruch. Und schon verlor ich die Lust auf das Gespräch. Das ging ein paar Mal so. Dass ich ein Einzelbüro habe, gefiel ihm nicht so.
Jetzt habe ich auch die Hanteln in die Wohnung gebracht. Dann kann ich abends Muckis machen. Sie wiegen 7,5 kg pro Stück. Eigentlich sind sie zu schwer für den Heimgebrauch, aber ich überschätze mich gerne. Ich bin wirklich froh, immer ein friedlicher Typ gewesen zu sein, ich hätte mich sonst sicherlich in jede Schlägerei geschmissen. Morgen gehe ich zu Fitx in Hamburg. Ich habe mein Herthatrikot dabei. Das werde ich morgen anziehen. Nicht, weil ich in eine Schlägerei geraten will. Auch nicht, weil ich mich überschätze. Ach doch, vielleicht überschätze ich mich.