[Mi, 26.11.2025 – Tusche, Raucher, Zeruya Shalev]

Noch nachgereicht vom Abend in der Bademeisterbar: die Zeichnungen von Vanessa Karré. Unten auf Instagram verlinkt. Vanessa sprach mich nach der Lesung noch an und sagte, ich sei ein dankbares Motiv zum Zeichnen. Das schmeichelte mir ungemein. Ich verstehe aber schon, was sie meint, ich habe dicke Augenbrauen und dunkles Haar, sowohl auf dem Kopf als auch am Kinn, das mittlerweile von grauen Strähnen durchzogen ist. Damit kann man viel anfangen, vor allem, wenn man wie sie, diesen expressiven Tuschestil anwendet. Manchmal sehe ich auf ihren Zeichnungen aus wie eine männliche Morticia Addams. Ich glaube, ich bin innerlich wirklich eine männliche Morticia Addams. Weiß ich erst jetzt.

Ich hatte mich gegen eine Krawatte entschieden, weil meine verbliebenen sauberen Hemden aufgrund des Gewichtsverlustes nicht mehr gut sitzen und, wenn ich eine Krawatte darüber knotete, sah das sehr onkelig an mir aus. Also legte ich ein weißes Hemd an, dem ich eine schwarze Anzugsweste drüberzog. Dem Hausbesetzertext total würdig. Der Look verstärkte natürlich meine Morticia-Adams-Haftigkeit.

Heute ging ich wieder ins Fitnessstudio. Oberarme, Rücken, Arsch. Ein Stück die Straße hoch, auf dem Weg zu Fittix, gibt es ein Billighotel, vor dem immer Leute stehen, die ins Telefon schauen und dabei einen Joint rauchen. Nicht wie wir früher, die wir immer konspirativ in Gruppen in dunklen Ecken zusammenstanden und uns den Joint teilten. Diese Leute stehen alleine vorn an der Straße beim Hotel, als wären sie in der Mittagspause. Sie stehen einzeln, alle etwa drei oder vier Meter auseinander, lehnen am Zaun, schauen ins Telefon und rauchen einen Joint. Mindestens einer steht da immer. Meist zwei oder drei. Heute waren es fünf.

Zurück in der Firmenwohnung fiel mir ein, dass ich doch ein Buch eingepackt hatte, und zwar Zeruya Shalevs Liebesleben. Das Buch steht schon seit fast 20 Jahren in meinem Bücherschrank. Wenige Jahre, nachdem das Buch herauskam, wurde es mir ungefähr von jeder Frau, deren Meinung mir etwas bedeutet, empfohlen. Ich habe es dann gekauft und ins Regal gestellt. Gestern hatte ich große Lust, das Buch zu lesen. Ich weiß nicht, was es über mich aussagt, dass ich es zwanzig Jahre lang im Regal stehen ließ. Ich könnte einen persönlichen Reifeprozess hineindichten, aber das ist es nicht.

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