[So, 28.12.2025 – Greding, Skirennen, Markus, Kuhglocken]

Wieder zurück in Berlin. Wir fuhren über zwei Tage verteilt, dann müssen wir nicht so früh los und man sitzt nicht zwölf Stunden am Stück auf der Autobahn im Auto fest. Das ist entspannter für alle. Außerdem niste ich mich gerne für eine Nacht in einem Hotel ein. Diesmal in Greding, einer kleinen Stadt mit Mauer und Stadttoren. Dort waren wir schon einmal im Herbst, vor vier Jahren. Es gibt dort zwei Hotels direkt am Markt, die sich in Konzept und Aussehen sehr ähneln. Spitzes Dach und deftige, bayerische Küche. Vor vier Jahren hatten wir das an der linken Seite, diesmal buchte ich das auf der rechten Seite. Als wir durch das Stadttor fuhren, merkte ich aber, dass ich wieder das auf der linken Seite gebucht hatte. Das war aber nicht schlimm. Das hatte uns schließlich auch gefallen.

Am frühen Morgen ging ich mit der Hündin in dem kleinen Park vor dem Stadttor spazieren. Es war sehr kalt, aber die Morgensonne schien so schön.

Gesternvormittag bei meiner Mutter lief wieder ein Skirennen im Fernsehen. Eine Geräuschkulisse, die viele Gefühle aus Kindheitstagen in mir aufruft. Wenn Skirennen stattfanden, liefen bei uns in Corvara in allen Haushalten die Fernseher. Und Skirennen finden von Mitte Dezember bis Februar ja dauernd statt.

Im Nachbardorf La Villa gab es sogar eine Weltcup-Abfahrtspiste. Dort gingen wir gelegentlich hin, um die Skistars ins Ziel einfahren zu sehen. Mir gefiel es allerdings wesentlich besser, Skirennen im Fernsehen zu schauen, weil man viel mehr von dem ganzen Rennen sehen konnte. Vor Ort sah man ja nur die Ziellinie, das war doch sehr limitiert.

Einmal sammelte ich Autogramme. Dafür hatte ich mein Poesiealbum mitgenommen. Ich kann mich vor allem an Markus Wasmeier erinnern. Er war zwar nur mittelmäßig gut, aber er trug den gleichen Vornamen wie ich. Ich hatte an jenem Tag bereits mehrere Autogramme von eher namenlosen Skifahrern aus Norwegen und Frankreich gesammelt. Meine beiden Freunde auch. Zu den richtigen lokalen Stars kamen wir allerdings nicht heran. Als ich Markus Wasmeier auf der Anzeigetafel sah, freute ich mich jedoch sehr. Meinen Freunden war der eher egal, Markus Wasmeier war Deutscher, das interessierte die wenigsten, die richtigen Stars waren nur Norditaliener und Westösterreicher. Aber Markus Wasmeier hieß so wie ich, für mich war das kurz vor Star. Als er nach der Abfahrt unten durch diese Spaliergasse kam, hielt ich ihm mein Poesiealbum vor die Nase. Er schrieb dienstbeflissen seinen Namen auf das Blatt Papier. Ich sagte: Ich heiße auch Markus. Er schaute mich ziemlich unbeeindruckt an, und sagte kein Wort.

Danach wollte ich mit ihm nichts mehr zu tun haben.

Die ganze Woche in Südtirol las ich kaum Nachrichten. Ich merke schon, wie das meiner mentalen Verfassung zuträglich ist. Allerdings habe ich dabei auch das Gefühl, den Kopf in den Sand zu stecken, und weil mir das ziemlich überhaupt nicht liegt, werde ich mich also mehr um die Balance kümmern müssen, mit der ich mein Gemüt belaste.

Eigentlich wollte ich noch über die Geräuschkulisse der Skirennen im Fernsehen schreiben. Wie positiv die Gefühle sind, die dabei in mir hochkommen. Dieses Hintergrundgeräusch, das tagelang in den Küchen und Wohnzimmern meiner Kindheit ertönte. Meist liefen die Rennen nur nebenher. Die Kommentatoren kommentieren anders, als beispielsweise im Fußball, und diesmal fiel mir auch auf, dass ständig irgendwelche Kuhglocken bimmeln. Vermutlich stehen da immer irgendwelche Fans am Pistenrand und bimmeln mit großen Kuhglocken, wenn die Skifahrerinnen vorbeidüsen. Ich glaube, das war schon immer so. Aber was sind das für Leute? Es gibt beim Skisport ja keine Fans im herkömmlichen Sinne, außerdem wird ja bei allen Athleten gebimmelt. Wahrscheinlich sind das die Sender, die Kinder mit Kuhglocken auf die Pisten beordern und sie mit Kinderriegeln abspeisen. Also ich hätte mich für Kinderriegel durchaus auf die Piste gestellt. Aber gefragt wurde ich nie. Ich weiß ja auch nicht, ob das so stimmt.

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