[flugzeugmäßig von oben]

Ein fahrendes Flugzeug fühlt sich an, wie eine Spülmaschine. Wegen des andauernden Druckes im Antrieb, es fühlt sich an, unter Volldampf zu stehen, das ist ungemein beruhigend, ich hatte mir das eher wie Bahnfahren vorgestellt, wo man den Fahrtdruck nicht so spürt, weil Bahnfahren ja eher ein Gleiten über Schienen ist, das wäre in der Luft aber zu fragil, ich muss also gedacht haben, Fliegen wäre fragiler, jedenfalls hatte ich es so in Erinnerung. Fragil. Aber letztes mal warvor siebzehn Jahren, und ich hatte damals einen ziemlichen Kater, als ich in Wien in den Flieger stieg. Zudem war ich schlecht gelaunt und ziemlich deprimiert. Und Wien war seit Monaten bewölkt und grau gewesen.

Boah, die Leute essen hier tatsächlich während der Fahrt. Mir wird schon schlecht weil ich den Speichel schlucken muss.

# Man kann wirklich Europa sehen, so googlemaps-mäßig von oben, ein bisschen zu eingezoomt um den kompletten Überblick zu haben, aber das macht es nicht minder gut. Wiesen, Dörfer, Städte. Ich kann manchmal nicht runterschauen, zu unwirklich ist mir die reale Entfernung zum Boden, es wird mir ganz leer im Magen. Aber manchmal kann ich schauen. Eigentlich immer, aber oft nur aus den Augenwinkeln. Ich hätte aber gerne den Namen der Ortschaften auf die Landschaft projeziert. Labels anzeigen. Ich kann witzigerweise schon in mein Notizbuch schreiben, da schaue ich in das Buch, habe Europa in Augenwinkel und kann atmen. K redet manchmal mit mir, ich schaue ihr dabei ins Gesicht, registriere aber nur ein Drittel von dem was sie sagt. Ich lächle zurück.

# Ich halte meinen Seatbelt gefastened. Europa bekommt ein ganz neues Gesicht, wenn man es in Flugstrecken betrachtet. Nicht mehr die weiten Landilinien sondern spielzeugmäßig verkleinert, total erreichbar, zusammengeschrumpft. Das lässt sich vermutlich auf die ganze Welt anwenden, das mit dem Schrumpfen meine ich.

# Meine erste Turbulenz. War ok.

# OK Bier gekauft. Wackelt ziemlich. Bin eh zu aufgeregt zum Kotzen.

# Ich schwitze die Blätter des Notizbuches voll, die Blätter bleiben während des Schreibens dieser Zeilen an meinen Handballen kleben.

# Ich glaube ja, dass das Bordpersonal dafür bezahlt wird, entspannte Grimassen zu ziehen. Niemand unterhält sich während des Starts eines Flugzeuges dermaßen überbordend. Das habe ich mir vorhin gedacht. Und jetzt machen sie es wieder.

# Ich bin fortwährend am Ablenken. Also, ich will schon den Flug mitbekommen, sehr wichtig ist das, ich kann aber nicht am Fenster sitzen, auch wenn ich dauernd rausschauen will, schaue ich nämlich zu wenig hinaus, schuaue ich zuviel in das Flugzeug hinein, und wenn ich zu viel in das Flugzeug hineinschaue, dann habe ich zuviel von den tausenden Metern Luft unter mir im Bewusstsein.

# Gegen Ende hin bekommt das Wackeln etwas beruhigendes, wegen der Heimeligkeit wenn es wackelt, dann ist die Maschine nicht mehr nur der Antrieb und das statische in-der-Luft-sein, sondern man spürt die Maschine mit ihrem ganzen Innenleben, wie sie ächzt, wie das Möbiliär mitwackelt, wie man kleine Maschine im Wetter ist, das ist viel beruhigender als man sich das vorstellt, viel Verständlicher, weil mechanischer. Keine schlechte Erkenntnis (sage ich mir so).

5 Kommentare

  1. ich empfehle die old-school-tablette „reisegold“. gibt’s rezeptfrei in der flughafen-apo. zwei stück davon und du merkst das alles nicht mehr, sondern schläfst solange, bis die landung dich aus dem sitz kickt. gilt auch für reisen im hinteren teil eines busses.

  2. Nein Gesche, solche Mittelchen sind nichts für mich. Ich will dem Tod schon in die Augen schauen. Zumindest aus den Augenwinkeln.

  3. Aha, interessant, der Tod hat also Augen!
    Aber es ist wirklich so, wie dieser Spruch sagt: Wenn du dich vor dem Teufel fürchtest, gehe auf ihn zu und küsse ihn auf den Mund, dann verwandelt er sich in einen Engel.

  4. Na also! Wo die Angst ist, ist der Weg. Das werd ich mir morgen auch wieder sagen.

Kommentare sind geschlossen.