19 April Montag – Geranien

Weil das Wetter wieder schlecht geworden ist, habe ich mich auf Hängegeranien traktiert. Als Südtiroler Bergbub sind Hängegeranien für mich nämlich das Symbol für Blumen schlechthin. Wenn meine Mutter um Ostern plötzlich sagte „Die Puschn (Blumen) müssen raus auf den Balkon“, dann hieß das, dass die Hängegeranien hinaus mussten. Dabei stand die ganze Familie parat. Dutzende Blumenfässer mussten wir vom Keller hinauf und hinaus auf den Balkon schleppen. Ein halber Tag Arbeit. Jedoch war das nicht nur in unserem Hause so, nein, so war das im ganzen Dorf. Sobald jemand irgendwo die ersten Hängegeranien auf den Balkon setzte, dann musste innerhalb einiger Tage überall das prächtige Rot hinaus. Christl, die da oben bei der Kirche, hatte immer die schönsten. Ein grün-roter Teppich hing dort vom Balkon, es ähnelte einem moosigen Geflecht, das fast bis zum Boden hing. Beim Kaffee am Nachmittag rätselten die Frauen darüber. Vielleicht waren es die Puschn aus Holland. Aber so richtig überprüfen konnte das niemand, weil die Christl die Frau des Hoteliers war und die sich nicht mit den gewöhnlichen Weibern herumtrieb. Petronilla, die Frau des Mechanikers hingegen hatte immer nur verkuemmerte rote Spriesse auf ihrem Balkon. Jedes Jahr dasselbe. Aber die ist ja auch so ne Launische, meinte Moidl, die Frau des Bäckers. Da kann nichts Gutes darauf wachsen, schau dir nur mal ihre Tochter an. Wenn Moidl dann weg war, dann fielen die Frauen über Moidls Blumen her, was sie dieses Jahr doch für eine komische Farbkombination hatte, mit der violetten Sorte dazwischen. Unerhört, wie sie so aus der Reihe tanzte, das wäre doch nicht mal schön gewesen.
Nächstes Jahr war der Trend wohl etwas verändert, als plötzlich überall die Violetten dazwischen hingen.

Jedenfalls hab ich jetzt auch Hängegeranien. Nur habe ich keine Dorffrauen, an denen ich mich messen kann. Ich weiß ja auch nicht, wie schön diese werden. Die gab’s halt bei LIDL. Ohne Gebrauchsanweisung und gar nichts, also meine Mutter angerufen:
me: Hallo Mama, ich habe heute Hängegeranien gekauft.
mu: Was? Spinnst du?
me: Nein, ich will nur den größten Geranienteppich von Hamburg aus meinem Fenster hängen.
mu: Du hast ja gar keinen Balkon.
me: Das ist den Hamburgern egal.
mu: Komisches Volk.
me: Wie muss ich die eigentlich behandeln, zwecks Gießen und so, und kann ich die schon raustun?
(Dann folgt ein 5-minütiger Monolog über Wetterbedingungen, Düngemittel, Wind und Blumenkisten.)
mu: Welche Geranien hast du eigentlich?
me: Rot und ein bisschen Violett.
mu: Ah, die sind schön.

Ein Kommentar

  1. That is a beautiful story Mek. Although I must protest – my tulips are looking gorgeous at the moment and geraniums are in my mind can be a bit over the top – too garish.
    Your story of the women in your village being competitive (and bitchy) over each others blooms reminds me of the annual Britain in Bloom competition – where villages tart themselves up with outrageous floral blooms to win Best Village in Bloom. Geraniums feature as a favourite in most of these displays.

Kommentare sind geschlossen.

To respond on your own website, enter the URL of your response which should contain a link to this post's permalink URL. Your response will then appear (possibly after moderation) on this page. Want to update or remove your response? Update or delete your post and re-enter your post's URL again. (Find out more about Webmentions.)