Vorhin bei Franziska Gerstenbergs Buchpremiere auf diese neuartige popkulturelle Referenz gestoßen. Gleich im ersten Absatz. Ein Paar mit offensichtlich sexuellen Absichten trifft sich, die Frau stellt ihre Handtasche ab und sagt: Warum liegt hier überhaupt Stroh rum? Das Paar lacht über den Witz.
Wer bei diesem Satz an dieses Filmchen gedacht hat, konnte bei der Lesung mitlachen. Das waren etwa 10 Prozent. Wann kursierte der Filmausschnitt im Netz? Vor drei oder vier Jahren? Sind es schon fünf? Die Bedeutung dieser Referenz und wie sie popkulturell neben Beatles-Zitaten oder Plattencover-Beschreibungen einzuordnen ist, diese Zuordnung auf einen bestimmten, flüchtigen Zeitabschnitt, Internethits gehen doch in wenigen, kurzen Wellen durch das Netz, gehn sie nicht? Was, wenn man diese Welle verpasst (was offenbar den meisten passiert ist, zu alt vielleicht, zu jung, vielleicht das Internet ausgeschaltet gehabt?), was ist mit denen, die erst ein Jahr später geboren wurden, stoßen die noch auf so ein Filmchen? Wird das wiederbelebt? Gibt es vielleicht eine neue Welle? Was, wenn das Buch ein Klassiker wird, wie liest man diese Referenz?
Weiß nicht. Hat mich ungemein beeindruckt. Hätte ich stundenlang darüber nachdenken können (im Kreis).
Ist doch ganz ähnlich mit jedem Thomas Mann oder sonst vielschichtigen Buch – Ulysses meinetwegen. Ohne Vorwissen in alle möglichen Richtungen ist kein Verstehen möglich. Nur ist es da vll nicht so offensichtlich. Vielleicht ist das die große Kunst – Bezüge so zu verstecken, dass sie dem Nichteingeweihten nidht einmal auffallen.
Sicherlich. Die möglichen Referenzen, die Du ansprichst hängen meist aber mit Bildung zusammen, oder meinetwegen einer sozialen Schicht. Das interessante an „Stroh“ oder ähnlichen Internetphänomenen (Keks, alter Keks) ist aber die zeitliche Komponente, dass es einen kurzen zeitlichen Abschnitt gab, den man nicht verpasst haben durfte, da er vermutlich nicht wiederkommt.
Was, wenn das Buch ein Klassiker wird, wie liest man diese Referenz?
Naja, wenn das Buch ein Klassiker wird, dann gibt es bestimmt eine ordentliche Edition mit einem Anhang voller kluger Anmerkungen und Erklärungen. Trotzdem besteht natürlich das Risiko, dass die Anspielung auf das Filmchen (das im Übrigen auch an mir vorüberging) bis dahin nicht mehr präsent ist. Dann werden sich künftige Literaturwissenschaftler womöglich erbitterte Dispute liefern zu der Frage, ob es sich bei dem Satz mit dem „…überall Stroh rum“ um eine Product-Placement-Botschaft für Hochprozentiges aus Österreich handelt oder nicht. Im Internet ist halt nichts so alt wie der Keks von gestern…
Das Interessante daran finde ich ja gerade, dass auch Bildung eine Frage der Interpretation ist. Irgendjemand hat einmal beschlossen, dass nun also bestimmte Dinge Weltliteratur seien und andere nicht. Die meisten Leute lesen sie trotzdem nicht – und vielleicht verschwindet sie auch irgendwann in der Vergessenheit, ebenso wie die genannten Internetfilmchen. Oder die Filme werden Allgemeingut. Oder. Interessant, tatsächlich.
Wahrscheinlich off-topic, aber kennen Sie schon die Geschichte hinter diesem Dialog?
Der Produzent dieses Filmes wollte unbedingt einen bestimmten Darsteller, dieser wiederum wollte sich nicht von seiner Maske treffen. Obwohl einige Pornodialoge denkbar sind, die gerade aufgrund eines maskentragenden Mannes in sich schlüssig sind, hat der Produzent für seinen Film eine andere Lösung gewählt: „wenn wir das schon machen, dann machen wir richtig Trash“.
Warum hast’n Du ne Maske auf?
Fragmente: die wunderbare Banalisierung.
Wir werden alle noch unsere 15 Sekunden Ruhm haben.
unwichtig und unsexy. du wirst alt, mek.
Wichtig war mir nie wichtig, aber unsexy nimmst du sofort zurück.