[Donnerstag, 9.9.2021 – Hochalpin]

Nach den harten letzten Wochen auf der Arbeit, öffnen sich gerade vorsichtig die ersten Blüten, wegen den Änderungen, die ich vorgenommen habe. Eigentlich wollte ich hier eine Metapher mit Früchten bringen. Aber zuerst kommen ja die Blüten. Das weiss ich, weil ich mal Äpfelpflücker war. Und Früchte sind ja schon das finale Stadium, das man ernten will. Davon bin ich noch weit entfernt. Aber vorsichtige Blüten, das ist ein Bild.

Als ich das Büro verlasse, merke ich, dass meine Frau heute auch unterwegs ist und wir uns am Alex treffen könnten. Ich schlage vor, in dieses Flying Tiger Geschäft zu gehen, da wir nächste Woche nach Südtirol fahren und sich dort immer lustige und gute Sachen finden lassen, die man den Kindern mitbringen kann. Nicht nur lustige Sachen, sondern kluge und lustige Sachen.

Aberdann: steht man kurz vor sieben vor einem geschlossenen Geschäft. Am Alex. Der Laden schließt jeden Tag um 18Uhr. Ich komme mir vor wie im Dorf.
Wir liefen dann gemeinsam nach Hause. Das sind 3,5 Kilometer. Ich dachte immer, es seien nur 2.

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Zuhause tausche ich mich mit meiner Mutter über meine Urlaubsplanung aus. Ich war so lange nicht mehr da, ich möchte etwas hochalpines unternehmen. Eine Wanderung auf mindestens 2000 Höhenmetern. 2000m ist ungefähr die Baumgrenze. Ab zweitausend Metern beginnen diese magischen Mondlandschaften. Damit meine ich nicht unbedingt die Felsen, sondern die weitläufigen, kargen Hochflächen, in denen manchmal ein Hochgebirgssee eingeschlossen ist, wo nur noch vereinzelte, niedrige Sträucher und Moose wachsen. Und Disteln, Enzian.

Vor einigen Jahren wanderte ich mit meiner Mutter vom Grödnerjoch zur Puezhütte. Das ist Kernland Dolomiten. Man muss sich dabei zuerst eine Stunde lang durch einen Felsenkamm hochmühen, aber dahinter öffnet sich diese unwirkliche, bewegte und steinige Weite. Man wähnt sich auf dem Mond. Nach drei Stunden waren wir bei der Schutzhütte unter dem Puezgipfel angelangt. Dort ass ich die besten Hirtenmakaroni der Welt. Ich war so müde. Dabei wusste ich, dass wir noch einmal drei Stunden vor uns hatten, um wieder zurück zum Grödner Joch zu gelangen.

Meine Mutter läuft und läuft. Sie macht solche Touren jedes Wochenende. Ich möchte eine Tour finden, die meine Frau auch mitmachen kann. Sie ist das grobe Gelände nicht so gewohnt und auch die Aussicht sechs Stunden lang durch Gebirge zu laufen, lässt einigen Respekt vor der eigenen Belastbarkeit aufbringen. Wenn ich mir sechs Stunden vor Augen führe, dann zweifle ich selber. Ich bin ja schon müde, wenn ich zwei Stunden durch Berlin spaziere. Vielleicht würde ich so eine Wanderung nach Puez gar nicht mehr schaffen. Muss ich im Blog mal stöbern, ob ich darüber schrieb, damit ich weiss, wann das war.

Oh.

Ich schrieb tatsächlich über die Puez-Wanderung. Lustig. Sogar mit ähnlichem Vokabular. Das war 2008, also dreizehn Jahre her. Und die Wanderung dauerte offenbar sogar sieben Stunden. Ich denke, da sind die Hirtenmakeroni nicht mit eingerechnet.