Die zwei Tage mit wenig Schlaf und viel Alkohol setzen mir einigermaßen zu. Es wird ein langsamer Tag. Aber das wusste ich vorher schon. Ich bewege mich lange zwischen Bett und Schreibtisch. Hin und her und hin und her.
Bis zum Spiel (15:30 Uhr) will ich angezogen und bereit sein für den Tag. Hertha spielt in Frankfurt.
Es ist ein richtig gutes Spiel. Das erste gute Spiel der Saison. Die Pässe funktionieren, die Angriffe werden zu Ende gespielt, die Bälle werden abgefangen, es wird schon im Mittelfeld verteidigt.
Beim 2:0 klingelt es an der Tür. Ich lasse mich niemals während eine Spiels stören. Alles kann immer warten. Es sei denn, es klingelt an der Tür. Das mit der Tür ist vermutlich ein Reflex, Türklingeln klingt für mich wie eine Alarmsituation. Das heisst: jemand braucht dringend etwas, jemand will mich warnen, oder es gibt Geschenke. Ich stehe also auf und beantworte die Tür. Die Nachbarin steht unten, sie fragt mich, ob ich ihr und ihrem Ehemann mit dem Anhänger helfen kann. Sie haben eine Ladung mit 800kg Split, die in den Hof geschoben werden muss. Ich werde panisch und sage, ich könne jetzt unmöglich, es laufe gerade Fussball und wir stünden 2:0 vorne. Ob sie denn nicht bei jemand anderem klingeln könne. Ich sage sorry und nochmal sorry und lege auf. Doch schon zurück in der Küche weiss ich, dass ich die Welt jetzt nicht einfach so stehen lassen kann, wie ich sie gerade stehen lassen habe. Dabei geht es mir nicht einmal so sehr darum, dass ich jemandem helfen will, es geht mir vor allem darum, dass ich mich nicht mehr dem Spiel hingeben kann, mit dem Wissen, dass ich die Nachbarn gerade hängen lasse. Wenn sich dadurch der Spass nicht mehr heraufbeschwören lässt, dann kann ich genau so gut schnell runtergehen.
Meine Frau lacht nur. Sie hat mich laut abwägen gehört, wusste aber, dass ich hinuntergehen würde. Weil ich mich immer aufspringe, wenn es darum geht, nachbarschaftliche Dinge zu erledigen. Sie nennt es Pflichtbewusstsein. Ich bin mir da nicht so sicher.
Das Spiel endet jedenfalls 2:1. Und ich freue mich auf ein Wochenende ohne schlechte Laune.