Mitgliederversammlung Hertha BSC in der Messehalle 20. Die Stimmung ist angespannt, aufgeheizt. Die Mehrheit will Köpfe rollen sehen. Einer der Anträge sieht vor, das gesamte Präsidium abzuwählen. In dem Fall wäre der Verein nicht handlungsfähig, es würden keine neue Spieler verpflichtet werden können, aber den Leuten ist es egal, sie brüllen, Hauptsache ist abzustrafen. Als der Vizepräsident seinen Rücktritt verkündet, stehe ich hinten beim Ausgang, neben mir läuft ein junger Mann mit geballten Fäusten vor Anspannung im Kreis, sobald der Rücktritt verkündet wird, boxt er mit den Fäusten sekundenlang in den Himmel und brüllt. Es ist wie ein Fussballspiel.
Es sind viele Dinge, die sich aufgestaut haben, schlechte Kommunikation, der öffentliche Streit zwischen Präsidenten und Investor, die zerstrittenen Vereinsgremien, dieses Gefühl, alle Verantwortlichen seien gelähmt und dann kam noch die desaströse sportliche Lage hinzu.
Mit dem Fanclub belegen wir einen Teil der Reihen zwei und drei. Vor uns ein paar junge Ultras, neben uns auch, hinter uns Fans des Investoren, Männer aus der Wirtschaft.
Ich bin vor allem wegen der Wahlen da. Ich will verhindern, dass der Verein handlungsunfähig wird, aber fast noch wichtiger, die Wahl des Aufsichtsrates. Obwohl ich anfangs für einen Verbleib aller Präsidiumsmitglieder stimmen wollte, entscheide ich mich während der Reden um und wähle drei Kandidaten ab. Vor allem den einen, der einst aus der CDU austrat, weil sie ihm zu links sei.
Die wichtigste Mitteilung des Abend wird aber sein, dass am 26.6. ein neuer Präsident gewählt werden soll.
Der Aufsichtsrat deckt sich mehr oder weniger mit meinem Stimmverhalten. Nach den Wahlen entscheide ich mich zu gehen. Ich sitze schon seit 6 Stunden in dem Saal. Danach kommen nur noch die Reden des Sportchefs und des FInanzchefs und die Rede des Investors. Das interessiert die meisten Leute, aber da ich die Reden auch nachlesen ansehen kann, beschliesse ich zu gehen.
Der Nachteil beim Fussball sind übrigens die endlosen Schlangen vor der Männertoilette. Die vorbeigehenden Frauen lachen ungeniert.
Als ich zuhause ankomme, ist der Tag eigentlich schon um.