[Freitag, 14.10.2022 – Queere Konferenz, Fanclub Mitgliederversammlung]

Der Tag lief heute ziemlich anders als ich ihn mir vorgestellt hatte.

Die Vorstellung:
Gegen Mittag würde ich die „Unicorns in Tech“ Konferenz besuchen, eine Konferenz für queere IT-Menschen. Diese Konferenz ist für mich deswegen interessant, weil meine Firma ja eine Datingapp für queere Menschen baut. Auf der Konferenz würden viele Menschen herumlaufen, die vermutlich gerne für uns arbeiten, wenn sie wüssten, dass wir existieren und Stellen zu vergeben haben. Ich würde den einen oder anderen Kaffee zu mir nehmen, mit den Organisatoren über eine mögliche Zusammenarbeit reden, der einen oder anderen Podiumsdiskussion zuhören und eventuell teilnehmen, usw. Und sicherlich gäbe es irgendwo auch phantastische Schnittchen.
Nach der Konferenz, also um 17 Uhr, würde ich ins Fanhaus an der Cantianstrasse gehen, in dem die Mitgliederversammlung meines Fussballfanclubs stattfindet. Das ist ein Termin auf den ich mich schon lange sehr freue. Die Mitglieder wiedersehen, über Themen diskutieren und dabei Bier trinken.

Wie es kam:
Ab sieben Uhr früh hatten wir auf der Platform wieder ein technisches Problem. Wir sassen bis etwa 2 Uhr nachmittags in einem Zoom und arbeiteten am Problem. Die Köpfe rauchten. Gegen zwei Uhr war das Problem gelöst. Gegen 3 Uhr konnte ich zur Konferenz fahren. Als ich dort ankam, war es nach halb vier. Die Konferenz war so gut wie vorbei. Dann fiel die Mitgliederversammlung des Fanclubs aufgrund von Krankheiten und Corona aus und wurde als Remoteveranstaltung in einen Zoom verlegt. Die Aussicht darauf, 4 bis 6 Stunden in einen Zoom zu verbringen, nachdem ich den ganzen Tag schon in einem solchen verbracht hatte, stiess bei mir sehr übel auf. Ich hatte mich sehr auf das Treffen vor Ort gefreut, online wird das wieder ein stundenlanges Starren auf quadratische Fensterchen, während Leute ständig vom Bildschirm verschwinden und nebenher andere Dinge machen, mir macht das schreckliche Laune. Und nicht mal das Bier schmeckt zuhause vor dem Bildschirm richtig gut. OK, kommt ein bisschen auf das Bier an.

Die Entscheidung wurde in meiner Abwesenheit getätigt, da ich mit der Arbeit beschäftigt war. Ich bekam dermassen schlechte Laune davon, dass ich es nicht verbergen konnte. Eigentlich wollte ich nur mitteilen, dass es mir lieber gewesen wäre, die MV zu verschieben, meinetwegen ins Freie oder auf den Sommer, dabei klimperte ich aber sehr viele misslichen Töne in meine Tastatur. Schon während des Schreibens bat ich um Entschuldigung, weil ich irgendwie merkte, dass ich meine Gefühle nicht unter Kontrolle hatte, aber ich musste mich dazu äussern.

Man sah es mir nach. Ich war jedenfalls nicht beleidigend oder persönlich geworden

Die MV war dann natürlich nicht so schlimm wie erwartet. Ärger verfliegt bei mir immer schnell. Eigentlich war ich schon wieder gut gestimmt, nachdem ich meinen Unmut in die Tastatur gehämmert hatte. Offenbar reicht es mir aus, wenn Leute wissen, wie ich darüber denke. Boah, ich bin so eine simple Seele.

Ich wurde heute in den Vorstand des Fanclubs gewählt. Der Vorstand bat mich bereits vor mehreren Monaten, für das Amt des Vorstandes zu kandidieren. Anfangs zögerte ich. Als einfaches Mitglied habe ich das Gefühl, mich zurückziehen zu können. Wenn ich mich über den Fussball ärgere, über den Verein, über andere Fans, über interne Streitereien, über die Mannschaft, dann möchte ich mich manchmal einfach mal ein halbes Jahr vom Fussball zurückziehen und nichts mit dem Zirkus zu tun haben. Weil dieser Ärger aber immer nur wenige Tage andauert, nahm ich die Kandidatur an.
Bei der Wahl gab es keine Gegenstimmen oder Enthaltungen. Wir sind aber auch ein sehr freundlicher Fanclub, muss man sagen.