Ich bin ja kein Naturbursche. Wirklich nicht. Auch wenn das vielleicht nicht so erscheinen mag. Ich hasse Natur, ich hasse Insekten, ich hasse Schlangen, ich hasse vor allem hohes Gras. Ich bin voller Hass.
Meine Lieblingstätigkeit hier im schwedischen Wald ist es, Gras zu schneiden. Im kurzen Gras streife ich keine Zecken mit, es verstecken sich keine Schlagen darin und wenn doch, dann sehe ich sie gleich. Ich will die Wildernis zähmen, ich beseitige Gestrüpp und gehe jeden Morgen dort hin, wo ich Gestrüpp beseitigt habe und trete es fest, oder auch am Ufer, wo ich hohes Gras, Farne und Brennesseln gerodet habe, beim Morgenspaziergang gehen meine Hündin und ich das Ufer ab und treten die gerodeten Nesseln platt. Muss man jeden Tag machen, damit sie nicht nachwachsen.
Ich hasse Natur. Naja. Zumindest Schlangen. Aber auch Insekten. Wenn sie auf mir kriechen. Vielleicht ist es noch nicht Hass, vielleicht eher eine sehr starke Abneigung, oder vielleicht nur Abneigung, nicht sehr stark, fehlende Liebe. Fehlende Liebe vielleicht.
Unterm Haus, unweit des Flusses ging früher eine Waldstrasse, die unser Häuschen umfährt. Es sind etwa zweihundert Meter, die seit den achtziger Jahren nicht mehr genutzt werden, entsprechend verwachsen ist die Strasse. Vorgestern fand ich heraus, dass die Frau des Cousins meiner Frau diesen Weg nutzt, wenn sie mit dem Fahrrad ins nächste Dorf fährt. Das tat mir ein bisschen leid. Diesen verwucherten Schotterweg kann man eigentlich nicht mit dem Fahrrad befahren. Also nahm ich mein Mähgerät und mähte eine Schneise. Jetzt dürfte sie es leichter haben.
An einer Stelle des Flusses habe ich eine Sandbank entdeckt. Bereits letztes Jahr, als ich da mit der Drohne entlangflog. Ich suche immer noch eine geeignete Stelle, an der man einen kleinen Steg bauen kann. Unsere jetzige Badestelle befindet sich in einer Kurve, dort ist das Ufer steil, wir haben eine kleine, steile Holztreppe, die ins Wasser führt. Aber ich bin kein guter Schwimmer. Heute mähte ich deswegen an jener Stelle, an der ich die Sandbank entdeckt hatte, eine Schneise durch Brennnesseln und hohem, dichten Gras. Dahinter tat sich eine sehr schöne Uferstelle auf.
Ansonsten ist das Wetter sehr unstet. Zehn Minuten Sonne, zehn Minuten Gewitter, undsoweiter.
Ich verwildere.
Ich dachte mit Hund ist man, gerade was Zecken angeht, tatsächlich eher abgehärtet. Gleichgültig sogar: Sehen, rausziehen, vergessen. Oder so. Gegen FSME kann man ja impfen – was in Schweden tatsächlich unbedingt angezeigt ist. Boreliose scheint wohl nicht vorzukommen. Von daher: Biester, ja. Aber doch höchstens nervig.
FSME und Borreliose sind mir in der Tat eher egal. Aber diese Insekten und Spinnen überall. Hölle.