Wir besuchten Max. Max und meine Frau kannten sich als Kinder. Danach vergingen viele Jahre, bis sie sich letztes Jahr im Mai wiedertrafen, als er uns damit half, ins Haus zu kommen. Wir mochte Max damals sehr und wir beschlossen in Kontakt zu bleiben, da er von Lappland wieder in den Süden gezogen war, also in den Süden von Schweden, da wo er herkommt, da wo wir auch immer sind. Letztes Jahr sagte er, dass er ein Tattoostudio eröffnen wollte, wir schrieben ihn deshalb an, ob es geklappt habe, ich liess ihn wissen, dass ich mir nämlich ein schwedisches Motiv von einem schwedischen Tätowierer stechen lassen wollte.
Er lud uns spontan zu sich ein. Er wohne jetzt in einem Haus zur Miete, das er sich demnächst kaufen wolle. Das mit dem eigenen Studio habe noch nicht funktioniert. Er arbeitete gerade in einem Werkzeugladen und sei sonst eher mit Kunst beschäftigt, er richte sich das Haus gerade als Atelier ein, in dem er dann auch privat tätowieren würde. Es klang alles etwas chaotisch, aber auch lustig.
Er wohnt etwa 15 Minuten von uns entfernt, ziemlich abseits in einem Haus an einem offenen Hang mit einer wunderbaren, weiten Aussicht über Hügel und in der Ferne sieht man sogar einen See. In unmittelbarer Nachbarschaft gibt es drei weitere Holzhäuser, in zwei davon leben Freunde von ihm, ein Stück weiter unten der Vermieter, der ihm das Haus verkaufen wird.
Das Haus ist eher klein, es hat eine Gesamtwohnfläche von etwa 80 Quadratmeter, auf zwei Etagen verteilt, aber es sind vier Räume und es ist gross genug.
Neben seinem Haus hat er eine Downhill-Fahrbahn gebaut. Eine Downhill Fahrbahn ist eine wilde Farbahn mit Sprungschanzen und Hindernissen, die man in hohem Tempo bergabwärts befährt. Ziel ist es, schnell zu sein und heil unten anzukommen. Er hat dort Schanzen, Kurven und Rillen in Beton gegossen. Die Fahrbahn beginnt ein paar hundert Meter oberhalb seines Hauses, streift unmittelbar seinen Gartenzaun und soll am Ende eine Gesamtlänge von etwa einen Kilometer betragen. Die Nachbarn finden das gut.
Wir trinken Kaffee und essen Haferkekse. Wir reden über seine Pläne, über Kunst, Graffitiys, über Mexiko und über Berlin. Er liebt Mexiko und Berlin. Er fragt was mit diesem Löwen in Berlin passiert sei. Die Nachricht über die freilaufende Raubkatze ist bis nach Schweden durchgesickert. Wir machen nur blöde Witze darüber und zeigen im irgendwelche Memes zu dem Thema, die in den letzten Stunden entstanden waren.
Ich bin mir nicht so sicher, ob er mich überhaupt tätowieren will. Er sagt, er könne erst ab nächsten Monat wieder tätowieren, er empfiehlt mir einen Freund aus Göteborg, ich sagte aber, dass ich es nicht so eilig hatte, ich hätte eher an Mai oder Juni nächstes Jahr gedacht. Dann zeigt er mit Motive, die er entwirft und die er gestochen hat. Ich sagte, ich möchte diese altmodischen, schwedischen Scheren als Motiv. Ich weiss nicht, ob sie explizit schwedisch sind, aber man sieht sie hier öfter, zB im Wappen der Stadt Boras und sie hängen auch bei uns im Häuschen, die hingen da immer schon, vermutlich wurden sie von den Grosseltern aufgehangen. Ich zeigte ihm ein Foto auf meinem Telefon.
Darafhin zeigte er mit seiner Hand hinter mich und sagte: schau da. Ich drehte mich um. Auch da hing eine dieser altmodischen Scheren. Sie waren vor seinem Einzug schon da.
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Freitag war Packtag. Der letzte Tag ist immer ein merkwürdiger Tag des Aufbruchs. Ich habe nichts zu berichten.
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Nachtrag von gestern. Meine neue Frisur und das Filmchen von der Rehkuh.
Die Frisur sieht aber brav aus, das wilde, lockige steht Ihnen besser, finde ich
Danke. Ja bisschen brav, das stimmt. Aber auch strenger.
Die Scheren sind meines Wissens zum Schafe scheren oder Pferdemähnen stutzen
Ich bekomme dazu leider keine klare Aussagen. Die Stadt, die die Scheren im Wappen führt, ist wegen der Textilindustrie bekannt. Alle beziehen die Scheren auf das Schneiden von Textilien. Zugegebenermassen habe ich aber auch keine richtigen Landmenschen gefragt. Werde ich nächstes Jahr tun.