[Di, 4.6.2024 – Reiseplanung, alter Kollege]

Nun stellte ich die Reise zum Polarkreis zusammen. Mein Vater überliess mir die Planung. Er stellte keinerlei Bedingungen. Er weiss so gut wie nichts über Skandinavien und will sich einfach überraschen lassen. In meiner Familie spielte Nordeuropa nie eine Rolle. Im Sommer fuhren wir zu den Stränden in Lignano, Iesolo oder Caorle, das nördlichste, wohin meine Familie reiste, war München. Und immer noch reist meine Familie eher zu den sommerlich heissen Destinationen. Also Kroatien, Griechenland, Sardinien. Mich zog es hingegen schon in jungen Jahren immer eher nach London, Amsterdam und Berlin. Nun mussten sie mich aufgrund meiner präferierten Wohnorte hin und wieder in den Niederlanden, Hamburg und Berlin besuchen, aber am nördlichen Stadtrand von Hamburg hörte deren Welt eher auf.

Dass mein Vater sich einfach überraschen lassen will, freut mich. Er war eigentlich immer schon neugierig und aufgeschlossen, das wurde mir erst in den letzten Jahren bewusst. So fragte ich mich damals, wie sie auf meinen Job in der Firma mit der schwulen Dating-App reagieren würden. Mein Vater fand das lustig und interessant, während meine Mutter, zu der ich eine engere Beziehung habe, eher verhalten reagierte. Nicht wegen der Homosexualität, sondern eher wegen der ganzen Sex- und Dating-Sache. Mein Vater findet erst mal immer alles spannend. Ich sehe da eine Parallele zu seinem Sohn. Meine Mutter besteht hingehen aus Vorbehalten. Nun war sie einmal in unserem Häuschen in Schweden und sie schwärmt seitdem davon, aber von einem weiteren Urlaub in Skandinavien sah sie bisher ab. Wobei mir auch auffällt, dass sie seitdem schlichtweg nie mehr im Urlaub gewesen ist.

Aber egal, ich schweife ab. Mein Vater findet es spannend und will alles geschehen lassen, wie ich es plane. Er freut sich sehr darauf. Vor allem scheint ihn das Neue da oben, alles nördlich von Hamburg bis zum Nordpol, zu faszinieren. Es stand schlichtweg nie richtig auf seiner inneren Weltkarte.
Während ich die Reise plante, merkte ich, dass ich selbst nicht so viel weiss. Ich habe einige lose Punkte, die ich ansteuern will, wie beispielsweise Umea und Lulea, sowie Jokkmokk am Polarkreis und dann Alta sowie Hammerfest. Auch würde ich gerne nach Tromsö rüberfahren, das liegt aber ausserhalb unserer Route und man kommt in Nordnorwegen wirklich nicht sehr schnell voran, wir würden zusätzliche drei Tage brauchen, obwohl es Luftlinie nur wenige hundert Kilometer sind.
Aber ich muss mich auch um die Zwischenstopps kümmern. Wo man etwas sehen kann, und um kurze Wanderungen mit der Hündin zu unternehmen. Ich fand spektakuläre Wasserfälle und Steinformationen. Auch Höhlenmalereien. Bauwerke gibt es da oben weniger. Nur einige beeindruckende Brücken und besondere Kathedralen, wie die Nordlichtkathedrale in Alta. Auch sollte ich darauf achten, dass die Orte, in denen wir übernachten, mit einen Aufenthaltswert daherkommen. In Lulea gibt es diese alte Holzstadt und Pitea soll auch schön sein, ich weiss aber gerade nicht mehr warum.
Generell sind skandinavische Städte abseits von Göteborg, Stockholm und Südschweden nicht besonders schön. Sie wurden meist in den 70 Jahren generalüberholt und sehen aus wie Fussgängerzonen im Ruhrgebiet. Die kleinen Dörfer haben hingegen oft einen ästhetischen Charme, sie sind allerdings auch immer ein bisschen tot. Und in Nord-Norwegen wurde in den letzten Kriegswochen alles von den Nazis evakuiert und zerstört, die dortigen Siedlungen wurden alle im Nachkriegsstil wiedererrichtet.

Ich plane also noch. Manchmal ist es vielleicht besser in einer kleinen Ortschaft zu nächtigen bzw unterwegs ausserhalb der Städte. Es gibt auf der Route manchmal kleine Herbergencluster mitten im Nirgendwo. zB ein Camping, ein Motel und zweidrei Ferienhäuser die beisammenstehen. Das müsste bedeuten, dass es dort irgendwas Aufenthaltswertes gibt. Aber das muss ich mir alles noch im Detail ansehen. Es ist wesentlich aufwendiger als erwartet.

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Am Abend traf ich Manfred, meinen alten Partner der Firma, in der ich von 2018 bis 2019 arbeitete. Wir hatten uns seit 5 Jahren nicht mehr gesehen. Das erste das er zu mir sagte: du siehst so jung aus.
Danach konnte er nicht mehr viel falsch machen.

Unsere gemeinsame berufliche Zeit war sehr aufregend, aber auch dramatisch. Als ich dort in 2018 eingestellt wurde, waren wir noch eine Tochterfirma der DHL. Nach einigen Monaten verkaufte DHL den Laden an einen Reifendiscounter aus Niedersachsen. Zwar waren Manfred und ich die beiden Geschäftsleiter in der Firma und verantwortlich für den Standort in Berlin, Geschäftsführer waren wir aber nicht. Letztendlich bestimmte der neue Eigentümer alles und fuhr die Firma faktisch gegen die Wand. Nach drei Monaten brach mehr als die Hälfte des Umsatzes weg. Manfred und ich sammelten fast ein Jahr lang Scherben ein, weil wir das nach ein paar Monaten nicht mehr mit ansehen wollten, und auch der neue Eigentümer nicht mehr wirklich glücklich schien, schlugen wir ihm vor, dass wir uns nach einem neuen Käufer umsähen, und so reisten wir durch halb Deutschland auf der Suche nach neuen Käufern oder immerhin Firmen, die Teile unserer Firma übernehmen würden. Wir hatten noch ein intaktes und teils motiviertes Team mit viel Kompetenz, das hätten wir gerne gerettet.

So gruben wir wieder viele alten Geschichten aus. Es wirkt so lange her. Er kramte auch die Geschichte mit den Russen in Düsseldorf hervor. Die hatte ich ganz vergessen, aber ich hatte darüber gebloggt, das wusste ich noch.

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