[Mo, 1.7.2024 – Hamburg]

Heute machte ich mich also auf den Weg nach Hamburg. Ich werde morgen meine Schwiegereltern vom Flughafen abholen. Das klingt jetzt etwas hanebüchen, aber daran sieht man auch, wie schlecht die deutsche Hauptstadt an das Flugnetz angeschlossen ist. Die Schwiegereltern haben einen fixen Termin in Berlin und um den Aufenthalt einigermassen kurz zu halten und auch preislich nicht alle Budgets zu sprengen, gab es schlichtweg keine guten Optionen. Also erweiterte ich die Suche auf umliegende Städte. Der Hamburger Flughafen entpuppte sich für diesen Besuch als Alternative, also bot ich schlichtweg an, nach Hamburg zu fahren. In Hamburg bin ich immer gerne, ich würde am Vorabend anreisen, eine Freundin treffen, in einem schönen Hotelbett schlafen und lange am Frühstücksbuffet sitzen, wo ich die Nachrichten des Morgens lesen werde.

Am frühen Abend traf ich Amelie im Kraweel. Sie besucht jetzt einen Apnoe Tauchkurs und hatte ihre Ausrüstung dabei. Sie erzählte mir von der Magie des Luftanhaltens. Ich kann ihren Schilderungen gut folgen und die Begeisterung nachvollziehen. Nicht atmen zu können, löst bei mir allerdings eher Beklemmungen aus. Ich weiss aber auch, dass mir ziemlich alles Spass macht, wenn ich mich wirklich darauf einlasse.

Eigentlich kenne ich viele Menschen in Hamburg, schliesslich wohnte ich vier Jahre lang in dieser Stadt. Die meisten sind natürlich Freunde meiner Exfreundin, die ich aus ebenjenen Gründen nicht mehr treffe. Die Freunde aus Blogzeiten sind mittlerweile eher Bekannte geworden und keine richtigen Freunde mehr. Es ist meine Schuld, dass ich diese Freundschaften nicht pflegte. Als ich Hamburg vor 16 Jahren verliess, ging ich völlig in meine neue Heimat Berlin auf und schaute wenig zurück. Es ist nicht das erste Mal, dass mir das passiert. Das ging mit meinem Weggang aus Südtirol, Niederlande und Madrid genau so. Ein Umzug löst bei mir eine sehr starke Euphorie oder auch Identifikation mit der neuen Heimat aus. Allerdings fällt es mir generell sehr schwer, Freundschaften über eine Distanz aufrecht zu erhalten. Irgendwann ist so viel Zeit vergangen, dass ich mich auch einfach nicht mehr traue, die Leute anzuschreiben. Erst recht nicht kurzfristig mit einem “Hallo, ich bin heute zufällig in Hamburg, hast du Lust auf einen Drink”.
Mit Amelie geht das allerdings, mit ihr war die Freundschaft immer sehr geradlinig und auf eine unkomplizierte Weise echt.
Was natürlich nicht bedeutet, dass die anderen Freundschaften nicht echt gewesen wären, aber mir fällt gerade keine bessere Beschreibung ein.

Später begleitete ich sie zu ihrem Tauchkurs in der Schwimmhalle am Millerntorstadion. Dann machte ich mich auf den Rückweg ins Hotel, vielleicht würde ich noch ein Bierchen im Brewdog an der Reeperbahn gönnen, einfach weil ich Lust auf ein Hazy Jane hatte und ich neugierig auf die Einrichtung war, ob dieser Bretterlook vom Frankfurter Tor auch in einem anderen Raum funktioniert.
Auf dem Rückweg ins Hotel lief ich am Heiligengeistfeld vorbei. Dort hat man die Fanmeile aufgebaut. Es liefen gerade die letzten Minuten von Frankreich gegen Belgien. Ich hatte nichts mehr vor, eigentlich wollte ich mir keine Spiele dieses Turniers ansehen, aber dann zog mich diese Fanmeile irgendwie in sich hinein. Ich betrat das riesige Gelände und wollte mir die volle Dröhnung geben. Die riesigen Boxen, die riesigen Leinwände. Dodi in Übergrösse im belgischen Trikot.
Die Meile war aber fast leer. Nur versprenkelte Menschen, die es mit Belgien oder Frankreich hielten.
Nach dem Spiel standen Klaus und Klaus live auf der Bühne und sangen “An der Nordseeküste”. Ein Ohrwurm aus meiner Kindheit. Ich wusste gar nicht, dass die beiden noch lebten.
Während ich den beiden lauschte, erinnerte ich mich an deren Performance im deutschen Fernsehen der Achtzigerjahre. Wie ich als Kind den beiden lustigen Matrosen zuhörte. Die beiden haben sicherlich meine positiven Gefühle zur Nordsee und Nordeuropa beeinflusst.

Ein kühler Sturm zog auf. Gestern war Berlin noch so warm, dass ich schlecht schlief und heute wehte ein kalter Wind, für den ich zu leicht gekleidet war. Also ging ich ins Brewdog an der Reeperbahn und bestellte mir ein Hazy Jane, mit dem ich eine Hälfte von Portugal gegen Slowenien schaute.

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