[Do, 1.8.2024 – Trevor Noah, Stadträume]

Abends waren wir bei Trevor Noah in der Uber Arena. Ich tat mich anfangs schwer, die Show lustig zu finden. Wenn amerikanische Comedians über Radfahrer ranten, dann finde ich es nur theoretisch lustig, naja, das Fahrrad ist in Europa halt ein Verkehrsmittel und nicht ein Freizeitgerät, die Leute wollen von A nach B kommen. Ich beschwere mich ja auch nicht über Autofahrer, dass sie hupen, wenn ich auf der Strasse spaziere. Aber auch die anfängliche Fixierung auf nationale Klischees. Die Franzosen sind so und die Engländer sind so und die Deutschen so, etc. Nationale Klischees finde ich dermassen störend, dass ich sogar Länderspiele beim Fussball weitgehend meide.

Da Trevor Noah aber sehr klug und lustig ist, wurde die Veranstaltung danach natürlich super. Sein Repertoire nahm auf viele zeitgenössische Themen Bezug. Auf die Olympischen Spiele, die rechtsextremen Randale in England usw., was erstaunlich ist, weil Comedy Shows üblicherweise ja sehr einstudiert sind. Er hingegen wirkte immer, als würde er sich gerade Anekdoten aus den Fingern saugen, die er auf dem Weg nach Berlin erlebt hat. Das stimmt natürlich nicht, weil den Witz, wie er in einer Kölner Bäckerei Brot bestellte, den kannte ich auch von Youtube. Aber wie er sich zehn Minuten lang über die Wasserqualität der Pariser Seine lustig macht, oder wie er über englische Faschos ranted, das muss er rein zeitgeschichtlich ja erst vor wenigen Tagen ersonnen haben. Das macht wohl auch gute Comedians aus.

Ich kann dem ganzen Gelände der Arena durchaus etwas abgewinnen. Es ist sehr amerikanisch und ich finde, es passt sich in diesem undefinierten, uneinheitlichen und damit auch vielfältigen Berlin ganz hervorragend ein. Diese seltsamen Kontraste aus Oberbaumbrücke, Warschauer Strasse, Friedrichshain, Spree, Zalando, die neuen Hochhäuser und eben das Anschutz-Gelände mit der Uber Arena, dahinter das Berghain und das Ostplattenmeer. Auf dem Platz die Springbrunnen, die grossen LED Bildschirme, Werbung, es erinnert mich ans „LA Live“ in Los Angeles, wenn auch kleiner und architektonisch weniger spektakulär, und das LA Live spielt mittlerweile ja in der Kategorie eines Stadtzentrums mit. Als ich 2016 in Los Angeles war, gingen wir ins LA Live zum Essen und Trinken, wie man anderswo sagt, dass man „in die Stadt geht“, geht man in Los Angeles ins LA Live, schliesslich gibt es dort Parkplätze und neben Parkplätzen alles, was man zur Unterhaltung braucht, Geschäfte, Kinos, Bars, Restaurants, Konzerthallen, Sportveranstaltungen. Aus der europäischen Perspektive sieht das vielleicht künstlich aus, und man macht sich gerne über diese oberflächliche Glitzerwelt lustig, weil EUROPA, da ist ja immer alles so ECHT und ALT, was natürlich Unsinn ist. Das Anschutz Gelände, oder wie nennt man das jetzt eigentlich, Uber Gelände, Zalando City, ich weiss es nicht, jedenfalls scheint die Gegend jene stadtplanerischen Visionen zu erfüllen, die man sich in den Neunzigern vom Potsdamer Platz erhoffte, seit das Kino am Potsdamer Platz geschlossen hat, ist die Gegend aber ziemlich gestorben, nun eröffnet dort die dritte Food Court für Mitarbeiterinnen der Deutschen Bahn, es gibt kaum noch Gründe, sich in die Ecke zu verirren.
Oder auch die Friedrichstrasse, die an Samstagen so tot ist, dass man apokalyptische Filme drehen könnte. Auch darüber gab es neulich einen Artikel im Tagesspiegel, dort wurde der sterbende Einzelhandel als Schuldiger ausgemacht, weswegen man nun die Hoffnung darauf setzt, dass die Zentral- und Landesbibliothek ins ehemalige Galerie Lafayette einzieht. Aber ich bezweifle, dass es sich bessert, ich habe immer das Gefühl, dass es dort an Wohnungen fehlt, wenn man es nüchtern betrachtet, funktionieren doch nur jene Gegenden, in denen auch die Menschen leben, das ist weder in der Friedrichstrasse noch am Potsdamer Platz der Fall, beide Orte sind abends oder nachts ja immer tot, mittlerweile sogar tagsüber, während die Schönhauser oder die Warschauer oder auch der Kudamm, Hermannplatz und solche Orte ständig vom Leben durchgepustet werden. Vielleicht sollte man dort einfach Büroräume in Wohnungen umwidmen. Wohnungen brauchen wir eh. Aber das kann man ja nicht einfach so anordnen.

Die Gegend an der Uber Arena scheint aber mit der Spree, der Music Hall, den vielen Konzerten und den Spielen von Alba und den Eisbären wesentlich besser zu funktionieren. Vielleicht profitiert das Anschutzgelände von der Diversität im Angebot. Neben dem Spreetourismus, die Nähe zu den Kiezen auf beiden Seiten der Spree, dann die Abendveranstaltungen in Musik und Sport und sicherlich auch von den Zalandobüros, bei denen jetzt Arbeitsplätze von Amazon dazukommen, das dürfte immerhin die Tageszeiten beleben.

Ich finde das jedenfalls alles sehr spannend.