Ich wurde für Temperaturen jenseits der dreissig Grad nicht gebaut. Tagsüber kann ich mich immerhin noch in schattigen Orten aufhalten. Heute fuhr ich beispielsweise mit E von der Hundewiese zum Maxsee. Dort am Ufer, im Schatten der Bäume, ist es auszuhalten. Vom Wasser her weht leicht gekühlte Luft. Ich sprang ins Wasser. Es ist das erste Mal, dass ich in einen Brandenburger See sprang. Nach siebzehn Jahren Berlin eigentlich erstaunlich. Menschen von ausserhalb denken vermutlich, dass Berliner den ganzen Sommer lang in Brandenburger Seen springen. Ich tat es vor allem wegen der Hündin. Zuerst warf ich Stöcke und den Tennisball ins Wasser, sie schwimmt aber nicht wirklich, sie weiss nicht, dass sie es kann. Zwar ist sie mittlerweile mehrmals einen oder zwei Meter geschwommen, aber das waren immer eher Momente des Stresses, weil sie den festen Boden unter den Pfoten verlor. Heute stellte sie sich wieder an. Sie wollte den Stock holen, erreichte ihn aber nicht, und sie traute sich natürlich nicht, den letzten Meter ohne Boden unter den Pfoten zu überbrücken. Also zog ich mich aus und sprang einfach hinein und ging weit an ihr vorbei, bis ich schwimmen konnte. Es ist das erste Mal, dass sie mich schwimmen sah und sie war entsetzt darüber. Sie quiekte vom Ufer aus wie ein sterbendes Schwein, eine Art Weinen, Hunde sind unfassbare Kontrolletti. Ich im Wasser und dermassen unerreichbar für sie, damit konnte sie nicht umgehen. Deshalb spritze ich mit dem Wasser und warf den Ball vor mir her. Ich kenne schliesslich irre Trigger. Sie kam mir immer näher. Nach viel Aufregung erreichte sie mich plötzlich. Aber nur um mir den Ball zu nehmen und wieder zurückzuschwimmen. Als sie wieder festen Boden unter sich spürte, quiekte sie weiter. Ich fand das sehr lustig. Aber ich bezweifle, ob sie verstand, dass sie eben geschwommen war oder, dass sie eben schwimmen kann. Und sie wird kaum verstehen, wie gut ihr das kühle Wasser täte. Ab 20 Plusgraden wird sie träge. Ihr schwarzes, dichtes Fell ist dabei auch nicht förderlich. Genetisch ist sie ein Wasserhund. Goldies wurden in Schottland gezüchtet und Pudel in Deutschland. Beide Rassen wurden genutzt um Fischernetze oder Beute aus dem kalten Wasser zu holen. Meine Hündin weiss das nicht, aber ich warte darauf, dass die Gene ihre Magic machen. Es scheint nur nicht zu zünden.
Als ich aus dem Wasser kam, trocknete ich mich in der Sonne. Plötzlich stand ein sechzehnjähriges Mädchen bei uns. Sie gehörte zu einer kleinen Gruppe Mädchen, die sich auf der Luftmatratze auf den See hinausgleiten liessen, aber sie war offenbar an Land geblieben. Mir war sie vorher nicht aufgefallen, es gibt wenige Dinge, die mich weniger interessieren als sechzehnjährige Mädchen, ich hatte sie nur vorher angesprochen, ob es sie stören würde, wenn wir die Hunde ins Wasser liessen. Ich frage das immer, es gibt Menschen, die haben Angst vor Hunden. Das störte sie aber nicht.
Das Mädchen war sehr dick. Sie stand in ihrem Bikini in der Sonne und unterhielt sich angeregt mit uns. Sie hatte einen riesigen Bauch, riesige Brüste und riesige Oberschenkel. Ich erwähne das mit dem Dicksein, weil sie sich überhaupt nicht dafür zu schämen schien. Im Gegenteil, sie tänzelte, liess ihren Bauch aushängen und war bestens gelaunt. Wäre sie nicht so jung gewesen, hätte ich gesagt, sie flirte mit uns. Wenn das der Effekt der Bodypositivity-Bewegung auf Social-Media ist, dann ist das eine wirklich gute Sache. Ich hingegen zog meinen Bauch ein. Wenn ich schon ein alter, dicker Mann bin, dann versuche ich wenigstens, nur halbdick zu wirken. Gleichzeitig schämte ich mich ein bisschen, vor einem sechzehnjährigen Mädchen den Bauch einzuziehen.
Sie erzählte uns davon, dass sie immer hier herkommen, weil es hier so abgelegen sei und man selten Menschen träfe. Und mit dem Fahrrad sei es ja nicht weit. Sie erzählte, dass man im Winter manchmal darauf eislaufen kann, aber dafür müsse es schon sehr kalt sein. Ich versuchte mehrmals, das Gespräch höflich abzukürzen. Einerseits fand ich es irgendwie unpassend, wenn sich zwei alte Männer mit einem halbnackten Mädchen im Wald unterhalten und andererseits fiel es mir schlichtweg nicht so leicht, den Bauch über einen längeren Zeitraum zu halten. Aber das Mädchen plapperte drauflos, erzählte von der Schule, vom Dorf, vom Sportverein.
In der Zwischenzeit bratete ich bereits in der Sonne. Ursprünglich wollte ich mich nur in der Sonne trocknen, aber die Trocknung war längst geschehen. E von der Hundewiese sass nur neben mir auf dem Stamm und schaute meist auf sein Telefon.
Dann sagte ich, wir müssen gehen. Und so gingen wir. Leider war die Abkühlung nun vorbei.
Diese heissen Tage werden aber vor allem abends oder nachts sehr schlimm. Je näher die Bettzeit rückt, desto unentspannter werde ich. Bei 24 Grad kann ich schlichtweg nicht einschlafen. Abends heizt sich ausserdem mein Körper auf. Ich meide sogar den Alkohol. Alkohol verwandelt mich in einen Ofen. Aber auch Nahrung heizt mich auf. Heute beliess ich es bei einem gebratenen Lachs und einem Gurkensalat. Aber auch das erhitzte mich. Zumindest bilde ich es mir ein. So lag ich bis halb zwei Uhr auf meinem Bett, ohne Decke, unter dem geöffneten Fenster, alles auf Durchzug gesetzt. Es war eine grausame Nacht. Laut meiner Smartwatch verbrachte ich Schlaf- und Wachphasen in einem 20-minütigen Wechsel. Die ganze Nacht lang. So kam ich immerhin auf 4 und 7 Minuten Schlaf. Morgen wird es sogar schlimmer. Es wird 33 Grad warm und nachts kühlt es nicht ab.
Ich weiss auch nicht. Lasst mich jammern.
Wie ist der Stand deiner Überlegungen bezüglich eines Einbaus einer Klimaanlage?
Das ist in weite Ferne gerückt. Das Schlafzimmer befindet sich auf der ruhigen Hofseite. Wenn ich dort eine brummende Kühlung anbringe, treibe ich die ganze Republik auf die Barrikaden.
Vor einigen Jahren kaufte ich eine mobile Klimaanlage. Ich war nicht zuhause und die Nachbarin weigerte sich, das Gerät anzunehmen, weil damit das Klima zerstört wird. Andererseits: für die 5 heissen Sommertage im Jahr muss ich vielleicht kein eigenes Gerät anschaffen. Auch wenn die Tage sich häufen. Die letzten beiden Sommer waren allerdings erträglich. OK, ich war auch wenig in Berlin.
Sind in Hessen Klimaanlagen üblich?