zum Abschied

  “Mama, kann ich das Foto von uns beiden ins Internet stellen?”
“ja darfst du, aber nicht das wo wir beide so komische Gesichter machen”
  “Nee Mama, ein Nettes von uns beiden, so als Zeichen unserer Liebe”
“Gut, und was schreibst du dazu?”
  “Ach nichts, bloss, dass du in jeder freien Minuten Geschirr abgewaschen, und dass du in diesen fünf Tagen sechsmal meine gesamte Wäsche durchgewaschen hast”
“Ja aber das war ja nötig, die Kragen deiner Hemden, die mussten mal so richtig mit der Hand geschrubbt werden”
  “Das erklärt aber nicht die ganze andere Wäsche”
“Ach das geht dann alles in einem”
  “Gut, dann werde ich auch darüber schreiben, dass du dich auf die Fähre getraut hast”
“Und dass ich im Museum war”
  “Genau, und, dass du meine ganzen kaputten Hosen und Hemden genäht hast und kurz davor warst meine löchrigen Socken zu stopfen, wenn ich dich nicht gebremst hätte…”
“Nein das schreibst du nicht”
  “Doch, das schreibe ich”
“Dann musst du aber auch schreiben, dass du ****** gemacht hast und dich dann nicht auf ****** ***** hast”
  “OK, das schreibe ich dann auch”

Und dann kommt die Erkenntnis, dass meine Mutter, jetzt wo sie alleinstehend ist, ein dreimal so spannendes Leben als meines führt.

wir waren es nicht

Und dann damals, als wir die ganzen Häuserwände vollsprühten, Fascisten raus und legalize Brigate Rosse und Punx in S.T., damals im kleinen und hübschen Meran. Da liefen wir andauernd mir Sprühdosen in der Innentasche herum, und dann hatten irgendwelche Glatzen ein Hakenkreuz an die Wand gesprüht, natürlich musste das durchgestrichen werden, also fing ich erst mit einem Spruch an, bevor ich es durchstrich, irgendwas vonwegen Scheissnazis oder etwas anderes hochrevolutionäres, als plötzlich der Carabinieriwagen um die Ecke bog. Sie hielten uns sofort an, flüchten war zwecklos, sie fanden die Dose Sprühfarbe und lachten und setzten das gemeinste Carabinierilächeln auf, Ha, auf frischer Tat ertappt, ihr haschischsüchtigen Punker, und wir beteuerten natürlich unsere Unschuld, worauf einer der beiden zur Wand lief, mit dem Finger über das Hakenkreuz fuhr und zu seinem Kollegen herüberrief, No, die waren es nicht, die Farbe ist nicht mehr frisch, sodass man uns widerwillig gehen liess.
Die waren damals völlig überfordert mit der politisierten Jugend.

so nicht, Petrus. Meine Mutter kommt.

Petrus, also so nicht. Ich bin oft ein artiger Junge gewesen, wenn du willst schlag in deinen Akten nach, ein paar Einträge über mich wirst du bestimmt finden. Jetzt kannst du auch mal zeigen warum Du Dir Deinen Heiligenschein verdient hast und ich nicht. Morgen kommt schliesslich meine Mutter, und Du lässt da oben am Himmel Wasserwolken aufziehen als ginge irgendein jüngeres Gericht vonstatten. Ich bin zwar ein fürchtender Katholik und deshalb glaub ich nicht, dass du für das Wetter zuständig bist, auch wenn das diese evangelische Heiden hier zwar immer behaupten, aber dennoch, porcavacca, ich muss mich doch an jemanden wenden.
Meine Mutter hat 260 Sonnentage im Jahr und klagt schon immer darüber, dass ich seit über einem Jahrzehnt nur in nassen und bitterkalten Gegenden gewohnt habe. Seit ich in Deutschland wohne, und das sind jetzt immerhin 2 Jahre, versuche ich sie schon zu überreden mich besuchen zu kommen, mit allen Tricks habe ich sie gelockt, dass die Männer hier gross und freundlich sind, dass St.Pauli vom Heiligen Paulus abgeleitet ist, immerhin dein Kampfgenosse, und von den lieben Mädls bei uns im Viertel hab ich ihr erzählt, wie sie einen immer fröhlich anlächeln und für jeden nette Worte übrig haben, auch wenn es bitterkalt ist, was es im sonnigen Hamburg aber ja nur im Winter ist. Den Dreck in den Strassen werde ich ihr als Kunst verkaufen, das wird schon gehen, so bewandert ist sie nicht, aber verrate mir bitte wie ich das mit dem Wetter erklären soll. Ja genau geht nicht. Schietwetter ist Schietwetter und ist nicht anders zu erklären. Und dabei geht es mir nicht um das Hochwasser da unten am Alpenrand, nunja, natürlich als guter Christ der ich bin, werde ich sie Dir zuliebe auch in meine Gebete mit einschliessen, aber komm, jetzt habe ich die ganze Wohnung blitzeblank geschrubbt, ihr Bett fein säuberlich gefaltet, sogar eine Südtirolkarte ins Gästezimmer gehangen. Weisst du, da kann ich sauer werden, so richtig, ich habe ihr in meinen jungen Jahren viel Leid zugefügt und wenn sie schonmal ihren Sohn besuchen kommt, was ihr schliesslich einige Urlaubstage und einen nervenzerreissenden Flug kostet, dann verdient sie es auch mal schönes Wetter zu haben, Elbe, Alster und den ganzen Quatsch, du weisst schon, jaja, ich halte sie schon fern von der Reeperbahn, keine Angst, ich werde sie nicht schockieren, höchstens mal auf die Achterbahn schicken, während ich mir unten ein Bierchen gönne, wie haben ja gerade Dom, aber das stärkt das Herz. Also tu mir den Gefallen und hör für ein paar Tage mit diesen Wetter auf, nur für diese paar Tage, wenn sie weg ist kannst du es meinetwegen wieder pissen lassen, ich bin dagegen immun, aber jetzt muss Sonne her, das verlange ich von Dir, ich bin schliesslich nicht für Nichts immer oft manchmal artig gewesen.