[tagebuchbloggend 10.2.]

Gestern sind K und ich im Frau Mittenmang gewesen und haben auf Michaels Geburtstag angestossen. Ein paar Gläser Wein getrunken, ein bisschen gelacht und geredet, mich von einer Restaurateurin in interessantem Fachwissen unterrichten lassen.
Nachher, noch ziemlich früh eigentlich, sind wir dann die Schönhauser hinuntergelaufen, das mit den Straßenbahnen war uns gestern zu mühsam, wegen des BVG-Streikes fuhren sie ja nur bedingt, und in der Kälte herumzuklappern war auch mühselig, zudem hatte ich ja diese dünne Jacke an, die man erst ab dem ersten Plusgrad tragen soll, und so liefen wir eben über die Schönhauser Allee hinunter und redeten über die Sache mit Helene Hegemann, ein Thema bei dem K und ich uns nicht einig werden können, es hampelt in dieser Sache ja immer mit, dass man sagt, sie hätte es nicht so weit bringen können, wenn sie nicht die Tochter des Intendanten wäre, mag sein, das trübt die Sicht auf ein mögliches, tatsächliches Talent, andererseits ist das im Kulturbetrieb _immer_ so: der Traum vom Entdecktwerden ist ein naiver Jugendtraum. Wovon reden wir also. Also nicht K und ich, sondern die anderen. Den Airen wird es jetzt allerdings freuen. Das ist ja auch so ein klasse Nebeneffekt. Der sich freuende Dritte um den sich das eigentlich alles dreht.
Wir wurden dann von einem jungen Mann im Rollstuhl unterbrochen, ob wir ihn hinüber zur Sonnenburger Strasse fahren können, die Bürgersteige seien so miserabel und ihm sei kalt, er käme nicht weiter, und er wolle schalfen gehen, ich sagte, klardoch, packte die Griffe am Stuhl und wir fuhren ihn durch das Gleimviertel, zudem war das ja auch eine Art Nachhauseweg, K und ich führten dann noch schnell zweidrei Sätze des Gespräches zu ende, aber das starke Zittern der Beine des jungen Mannes im Rollstuhl war dann stärker, ich meine stärker im Sinne der Präsenz, da konnte ich mich nicht auf meine Gedanken konzentrieren, und fragte ihn, hey, alles gut mit Deinen Beinen?, und er sagte, ohja, alles bestens, das sei eine muskuläre Reaktion bei Minusgraden, das käme von seiner Krankheit, er könnte auch eines dieser muskelberuhigenden Mittelchen nehmen, aber das sei ihm zu gefährlich, ein Freund von ihm sei schließlich daran gestorben, weil, man darf nicht vergessen, auch das Herz ist ein Muskel, und bei dem Freund habe sich das Herz dann total beruhigt, zu Ende beruhigt sozusagen, boah bitter das, jo, bitter das. Zehn Minuten später erreichen wir sein Haus, er wohnt im Erdgeschoß, ich schiebe ihn rein ins Treppenhaus, er bedankt sich. K und ich gehen weiter durch das Eis, kommen dann zuhause an und gehen schlafen. So.

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Heute bei Saturn am Alex, ich wollte diese Sichtschutzfolien für mein Netbook kaufen, ich mag es nämlich nicht, wenn ich unterwegs bin, und mir Menschen in den Bildschirm schielen, da war im Saturn durch die CD Abteilung hindurch, durch die Computerabteilung hindurch, schlängelnd zwischen den Regalen, bis hinüber zu den Fernsehern, bis ins hinterste Eck und dann einmal an der ganzen Wand entlang, eine Schlange von mehreren hunderten Menschen. Ganz vorne war der Grund der Aufregung. Peter Maffay signierte seine neue CD. Er war braungebrannt. Wie ein Außerirdischer von einem sommerlichen Planeten, oder einem sonnigen Himmel der Stars heruntergeschwebt, oder aus einem weit entfernten Jahrzehnt herbeigebeamt, aus meinen Erinnerungen als kleiner Junge, als ich in den achtzigern über eine grüne Wiese lief und in die Sonne schielte.

[…]

Ich habe es vorgestern schon geahnt, als ich es bei der Gefühlskonserve las. Endlich werden sie sich auskotzen dürfen: die Neider, die Hasser, die, die gegen Hypes sind, die, die es immer schon gewusst haben, die, die schon seit Jahren an ihrem Buch schreiben wollen.

Ich habe Helene Hegemanns Axolotl Roadkill noch nicht gelesen, doch alles was ich schon darüber weiß, reicht aus, um zu wissen, dass das Buch verdammt geil ist, auch wenn es mir nicht gefallen sollte.
Und ich will jetzt gar nicht auf die Diskussion zu Urheberrecht eingehen, ist natürlich alles schön und gut, Helene hat das sicherlich nicht sehr geschickt gemacht mit den Danksagungen, mit den Verweisen, aber meine Güte, mit welchem Genuss die verkannten immerschonmalwollende-Buchschreiber die Siebzehnjährige mit dem Wort Abschreiben in die Schulbank verweisen.

[7.2.]

von der Beusselstraße bis nach Bellevue spaziert

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Schwere See

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Bei Element of Crime in der Arena die Hüften gewiegt. Die Band ist definitiv als allgemeines Kulturgut angekommen. Und das meine ich gar nicht negativ, nur ein bisschen verlassen fühle ich mich vielleicht, das war ja sehr intim damals, als wir rauchend auf dem Sofa saßen.

[tagebuchbloggend 31.1.]

Das Tagebuchbloggen gerät asyncronologisch. Ich habe jetzt lange nachdenken müssen über die Richtigkeit dieses Wortes, u.a. auch wegen der Syncronik und der Ologie, aber letztendlich ist es mir egal geworden, ich bin zwar ein Freund der Präzision, ich halte mich aber nur daran, wenn es auch Sinn für mich macht, oder eben wenn es sonst die Bezüge zu sehr verwässert, aber es gibt eben diese Wörter bei denen mir das egal ist, jeder weiß was das bedeuten könnte und ich will damit sagen: Blog und Zeit laufen nicht mehr aufeinander abgestimmt. Rein aus technischer Sicht. Ich mag diese Freiheiten beim Schreiben, wenn die Dinge nur bildlich geng geschildert werden.
Beim erneuten Schreiben hat es allerdings etwas dümmliches an sich. Deshalb:

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Vollkommen out-of-sync wollte ich also nachholen, wie V und ich am Freitag im Lass uns Freunde bleiben gesessen haben und stundenlang in allen möglichen Themen vergraben lagen. Sechs Stunden später sind wir aufgestanden und noch durch die verschneite Stadt nachhause gelaufen. Das war nur eine Erwähnung. Die Gespräche zu vertiefen gibt es hier nicht den Raum.

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Gestern am Abend mit K, meiner Schwester und F und R in die lange Nacht der Museen gegangen. Die Tickets für K und mich, waren ein Weihnachtsgeschenk meiner Schwester. F und R sind mitgekommen. F und ich haben unabhängig voneinander zwei Listen der Museen erstellt, die sich weitgehend deckten. Wir haben uns dann für den Dom entschieden, für das Ephraimpalais und das Knoblauchhaus im Nikolaiviertel, die Deutsche Guggenheim Unter den Linden, und die Akademie der Künste am Pariser Platz.

Logistische Umstände, die zu schwierig sind, sie hier auszubreiten, verhinderten, dass ich den Dom besichtigen konnte, da ich aber auch nicht draußen in der Kälte auf meine Schwester warten wollte, machte ich mich auf der Suche nach einer Kneipe in der Gegend um der Museumsinsel, so zog ich ein paar Runden, fand aber kein Cafe, lediglich ein paar Imbisse oder Restaurants, alles ist hier auf den Museumstourismus ausgelegt und schließt um sechs oder um sieben, nachts zieht es die Schwärmer ja rein in die intimen Kieze. Jedenfalls fand ich dann in der Spandauer Straße diese Touristenabsteige mit dem Namen PalmBeach. Schon draußen dröhnt mir der plastisierte Cocktailsound entgegen, durch das Fenster sehe ich Palmen, ich betrete das Lokal und stehe mit meinen erforenen Füßen im Sand.
Dann nahm ich in einem Sonnenstuhl platz und bestellte mir ein eiskaltes Bier.

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Im Ephraimpalais. Im dritten Stock die Ausstellung von Konrad Knebel. Stadt aus Stein. Dutzende Gemälde von berliner Brandmauern, von bröckelndem Putz. Ein bröckelnder Stil.

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Heute an einer Kurzbeschreibung von Maxim Billers letzten Kurzgeschichtenband für das Common Reader Blog begonnen. Habe mich dann aber in anderen Texten verloren. Heute geht übrigens nur drinnenbleiben, die Polizei empfiehlt das auch, Ausgangssperre Abendland, ihr müsste heute nicht raus, ihr dürft drinnenbleiben, entspannt euch mal mit euren Lieben, oderso.

[tagebuchbloggend 29.1.]

Vielen Dank für die vielen Glückwünsche. Die vielen Kanäle auch, worüber diese neuerdings reinkommen. Facebook alarmiert, Skype alarmiert, und im Blog habe ich es auch schon Tage vorher gesagt, Glückwünsche werden so wasserfest wie Teer. Dabei war ich es immer gewohnt, die ganze Geburtstagssache ein bisschen an mir vorübergehen zu lassen, wollte nie groß etwas tun. Das hat mich gestern so gefreut, dass ich nächstes Jahr womöglich so etwas wie eine Feier machen werde. Oder wenigstens Freunde zum Essen einladen, oderso. Ich glaube das macht Spaß. K’s Geburtstag mit ihren Freunden hat ja auch sehr Spaß gemacht, und auf die Geschenke war ich nachher schon ein bisschen neidisch. Mensch, Geburtstag.

K hatte mir jedenfalls Frühstück versprochen. Sie ist Spätaufsteherin und ich Frühaufsteher. Ich sagte, sie bräuchte nicht für mich früh aufstehen. Ich würde mir morgens einen Kaffee machen und sie irgendwann gegen Mittag wecken und mich dann in freudiger Erwartung eines Frühstückes versetzen. Ich bekam gebratene Speckscheiben, Rührei und Wiener Würstchen, mit Brot.
Eigentlich wollten wir zum Frühstück die Verfilmung des zweiten Teils der Stieg Larsson Trilogie schauen. Schwedische DVD. Extra aus Schweden eingeflogen, weil mir K das Herunterladen von DIVX-Filmen aus dem Netz verboten hat. Die DVD hatte allerdings keine englischen Untertitel, und mein Schwedisch beschränkt sich auf belanglose Wörter, die ich planlos einsetze. Ich musste also Untertitel aus dem Netz ziehen, hatte aber Schwierigkeiten diese ans Laufen zu bekommen, sah nach einer Stunde ein, dass das über DVD nicht funktionieren wird, und habe deshalb den Film ins DIVX-Format gerippt, was eine Stunde dauert, um damit dann die Untertitel einzubauen. Das hat funktioniert. Hätte ich mir doch gleich —

Um vierzehn Uhr fingen wir also mit dem Film an. Toller Thriller, noch besser als der erste Teil, sehr geradlinig erzählt, sehr fesselnd, und sehr europäisch. Wer hier Widersprüche vermutet, möge auch Amen sagen.

Nachher sind wir nach Kreuzberg gefahren, in K’s Lieblingsbuchladen, sie hat zehn Bücher gekauft, ich habe Heine gekauft. Kreuzberg, das hat mich ja so oft: Kreuzberg, diese altlinke Piefigkeit, die gibt es so ja nur in Kreuzberg und sie ist so unerträglich miefig, dass ich nur noch gestriegelte Seitenscheitel tragen will.
Danach haben wir meine Schwester getroffen und sind ins Gasthaus Vigl an der Urbanstraße gegangen, Pizza essen und Geburtstagsabend ausklingen lassen.

[tagebuchbloggend 27.1.]

Das hat gestern ziemlich gedauert. Die Mädls von K waren zum Essen da. Sie hatten ihre Männer mitgebracht. Die Männer habe ich abgefüllt. K die Frauen. Wir haben viel gelacht, und viel geredet.

Heute ist Mozarts Geburtstag. Der 27.1. Ich feierte als Kind den Tag immer vor.

Zusammen mit mir hingegen, haben lauter eigenartige Menschen Geburtstag: Sarkozy zB. Aber auch: Elijah Wood. Oder: Gianluigi Buffon. Ich mag die italienische Fussballnationalmannschaft ja überhaupt nicht, aber Buffon gefällt mir schon. Erscheinungsmäßig jedenfalls, er hat etwas von einem respekteinflößenden römischen Soldaten. Aber auch: Henry VII. Ich habe eben K gefragt ob Henry VII okay war, sie weiß solche Sachen immer. Wusste sie aber nicht, nur dass es der Vater eines anderen Henrys war. Das macht ihn weder okay noch nicht-okay. Aber auch gute Leute sind am 28.1. dabei: David Lodge. Also einer jedenfalls.

K hat es da schon nicht so gut getroffen mit Jörg Haider und Nicolae Ceauşescu.

Heute haben wir erst die Geburtstagsfeier ausgeschlafen. Danach kam der Fenstermann, der sich die undichten Fenster angesehen hat. Er hat nur den Kopf geschüttelt.
Danach haben wir gefrühstückt und dann sind wir spazieren gewesen. Wir wollten eigentlich nach Kreuzberg, dort liegt K’s ehemaliger Lieblingsbuchladen. Wir sind aber erst zu Fielmann ins Alexa, neue Gläser für K, das hat lange gedauert. In der Zwischenzeit habe ich die SuperILLU komplett durchgelesen. Als wir beide fertig waren, habe ich mir eine Mütze gekauft. Und dann war es auch schon dunkel, und wir haben Kreuzberg sein lassen. Sind nachhause und haben total auf Schlechtewettertag gemacht. Rumsitzen, lesen, schreiben und ab und zu etwas trinken.

[tagebuchbloggend 26.1.]

Heute ist K’s Geburtstag, übermorgen ist meiner, also haben wir einfach alle drei Tage frei genommen, so ein Geburtstagsübergreifende Auszeit, so schirmmäßig muss man sich das vorstellen, es bedeckt die Tage, hält sogar ein bisschen warm, was bei diesen Minusgraden nicht schadet, ich habe gestern ja die Deutschlandkarte gesehen und Berlin liegt in der Minusfünfzehnzone, die westlich hinter den Stadtgrenzen alles schon bald wieder zum Tauen bringt, total sibirisch erstarrt hier, während es ein paar hundert Kilometer flussabwärts in Hamburg ja fast schon tropisch ist. Irre das, und natürlich übertieben, aber auch egal. Gestern hatten wir im Büro diesen Spezialisten aus Paris zu Besuch, der gerade aus Stockholm gekommen war und sagte, in Schweden sei schon fast Frühling. Das ist auch „irre“, aber nachher habe auf wetter-de-e geguckt und gesehen, dass er ein bisschen geschwindelt hat. Womöglich beschäftigt uns alle das einfach zu sehr, alsdass wir uns mit Non-absolutismen zufrieden geben würden. Jedenfalls. K und ich haben heute also ihren Geburtstag mit Frühstück im Bett begonnen, ich habe ihr auch ein paar Geschenke ans Bett gebracht, die Schuhe hat sie noch liegend anprobiert, die Kerzen haben in den Schinken getropft, weil das so olle Kerzen ohne Tropfschutz waren, und dann halt auf Schinken, weil K die süßen Sachen nicht so mag, sondern mit Schinken und Käse am Morgen total glücklich zu kriegen ist, dachte mir heute früh, ein bisschen Schlagsahne drauf zu tun, eine Art gespielte Feierlichkeit, die irgendwas Geburtstägiges mit dem Schinkenbrot machen soll, aber das wäre wiederum kein schlechter Witz, sondern eher eine eigenartig ungelenke Bösartigkeit gewesen, die mir ja gar nicht liegt, und überhaupt: habe so oft das Gefühl, mich mit schlechten Witzen zurückhalten zu müssen […]
Nun.

Der Geburtstag fing jedenfalls mit einer kaputten Spülmaschine an. Nicht weiter schlimm, nur, dass die Küche heute Kopf stand, und wir am Abend Leute zum Essen haben werden, also gleich, in einer halben Stunde, heute war dann irgendwie alles Putztag und Kochtag, gerade haben wir uns selbst noch ein bisschen herausgeputzt, weil wir uns ja total vollgeschwitzt haben, nachdem dann auch noch der Staubsauger den Geist aufgegeben hat, und als K noch schnell ihr Kleid bügeln wollte, streikte auch noch das Bügeleisen, das war dann so etwas wie: schlechtes Omen. Wegen dreimal, das ist Schiffsrecht, oder quasi biblische Zahl […] Oh. Die Klingel.

[tagebuchbloggend 23.1.]

Sonne.

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Gestern am Abend auf V’s Housewarmingparty im Friedrichshain gewesen. Sie und ihr Freund sind noch nicht eingezogen, es sei besser erst zu feiern und dann erst die Sachen umziehen, sagte sie. Das klang gestern so plausibel. Heute verstehe ich es allerdings nicht mehr. Wegen der Sachbeschädigung vielleicht, aber das bringe ich mit V nicht so recht in Verbindung, weil V so Sachen macht wie: TonSteineScherben hören, oder barfuß durch Peru zu laufen. Oder so ähnlich halt, möglicherweise hatte sie Schuhe an, aber ich meine ja nur.
Tatsächlich wurde ich von einem jungen Mann angerempelt und der Inhalt meines Rotweinglases landete auf dem Boden. Niemand interessierte es, es gab auch keine Tücher.

K und ich waren sehr gut gelaunt. Später haben wir ein Taxi genommen, der Fahrer, der Frisur nach ein Rastafari, hörte Rasta, K und ich plauderten, hörten der Musik zu und als wir zuhause waren, kochte K noch Spaghetti und gab gewürfelten Gorgonzola und geriebenen Parmesan dazu.

Und generell: zu wenig Wein auf den Boden geleert.

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Am Morgen dehydriert wach geworden. Ich hatte vergessen, vor dem Schlafengehen einen halben Liter Wasser zu trinken, das heilige Ritual, das mich vor dem nächsten Tag rettet. Diesmal nicht. Diesmal wurde ich morgens verstört wach. Trockene Kehle, trockenen Mund, die männliche Katze saß mir in den Gliedern. Und blieb dort den ganzen Tag.

Heute habe ich alles aufgeschoben. (Oder sagt man dazu noch das Wort mit dem Pro vornedran?)