Die Arbeit an der Novelle befindet sich in den letzten Zügen. Die Grafikerin arbeitet gerade an den sogenannten Schusterjungen (halbe Zeile verrutscht auf den Anfang der nächsten Seite) und den Hurenkindern (Seite endet mit halber Zeile). Ich wusste nicht, dass das so ein Frickelwerk ist. Die Arbeit am Buchumschlag hat sie bereits begonnen, aber sie braucht natürlich noch einen Titel, auf den ich mich allerdings noch nicht festlegen konnte. Ich habe eine ganze Liste an Titeln, die ich vermutlich am Freitag mit dem Lektor abgleichen werde. Wir einigten uns darauf, dass jeder von uns mit einer Liste kommt und über die wir dann bei einem Kaffee brainstormen. Ein Titel, den wir beide auf die Liste gesetzt haben, ist: „Scheiss Gespenster“.
Das ist ein Satz aus der Geschichte. Ich fürchte lediglich, dass dieser Titel eine falsche Fährte legt. Eine Gespenstergeschichte ist sie schliesslich nur nebenher. Andererseits: Why not? Details kann ich ja auf dem Buchrücken geraderücken.
Der Buchrücken nennt sich in Fachsprache U4. Für die U4 werde ich in späteren Auflagen Zitate sammeln. In der ersten Version erstelle ich eine kurze Zusammenfassung der Geschichte, wo ich von den Gespenstern ablenken kann. Wir besetzten eben ein altes Spukhaus. Es ist in Wirklichkeit aber eine Abenteuergeschichte und auch ein Milieuporträt. In dem Haus geschahen allerdings seltsame, gruselige Dinge. Aber wir glaubten nicht an Gespenster. Scheiss Gespenster eben. Draussen waren die freundlichen Nachbarn und oft auch die Polizei. Und geräumt wurden wir auch. Aber wir kamen immer wieder. Das ist die Geschichte.
Huch. Vielleicht schreibe ich auch genau diese neun letzten Sätze auf die U4.
Ich erzähle hier einfach vom Prozess der Buchentstehung, okay? Vielleicht wird am Ende alles anders, aber ich teile meine Überlegungen. Vor allem für mich selbst, aber eben mit Publikum. Das funktioniert für mich prima.
#
Am Dienstagnachmittag ging ich mit meiner Fussballfreundin spazieren. Seit ihrer Krebs-OP hatten wir uns nur einmal im Stadion und einmal mit ihren Kindern getroffen. Heute konnten wir aber ausgiebiger darüber reden. Es geht ihr ausgezeichnet. Dabei spazierten wir vom Mauerpark hinauf bis zur grossen Fussgängerbrücke über die Ringbahngleise hinweg, wo wir den Weg weiter verfolgten, auf dem etwas verwilderten Grünstreifen zwischen Bahngleisen und dem nördlichen Prenzlauer Berg. Später streiften wir die Kleingartenanlagen und danach an der Rückseite des Tiroler Viertels in Pankow. Immer am Bahndamm entlang bis ganz zum S-Bahnhof Pankow. Dort endete der Weg ziemlich abrupt auf dem Dach eines Gewerbegebäudes. Es gab auch keine Möglichkeit, auf die laute Strasse hinabzusteigen, also mussten wir ein ganzes Stück zurücklaufen.
Während man spaziert, plätschern die Gedanken.
#
Am Abend traf ich mich mit meiner Freundin Isa aus Hamburg. Wir waren vor zwanzig Jahren in Hamburg befreundet. Damals lasen wir gemeinsam auf Bühnen, schrieben Weblogs und hatten überhaupt viel Spass im Hamburger Kulturleben. Als ich vor 17 Jahren nach Berlin zog, verloren wir etwas den Kontakt. Wir sahen uns letztes Mal bei der Buchvorstellung ihres Romans „Der Pfau“ in 2017, mit dem sie einen richtig grossen Erfolg feierte und die Bestsellerlisten anführte. Seitdem nenne ich sie Bestsellerautorin. Das klingt ironisch, das meine ich aber nicht so. Es freute mich sehr.
Wir bestellten Hummus und ein paar Meze und unterhielten uns lange über den Kulturbetrieb, über die Liebe, sowie über frühere Weggefährten und Menschen, die wir kennen. Und überhaupt fanden wir, dass wir uns öfter sehen sollten.
#
Das nächste Buch handelt vom Hund. Und dann kommt das großartige Foto von oben auf den Umschlag. Das Buch hat den Titel „Die Hündin“. Damit ist es quasi schon halb fertig.