[Mi, 9.4.2025 – Fitness]

Zwei sehr lange und liebe Mails zur Novelle erhalten, die mir ein paar Erkenntnisse über den Text gaben, derer ich mir vorher nicht bewusst war.

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Heute dann ins Fitnessstudio gegangen. Ich hatte den Einführungstermin mit einem freundlichen, muskulösen Mann in etwa meinem Alter. Sein Akzent war persisch. Das erkenne ich daran, wie die letzte Silbe oft sanft ausgehaucht wird. Also fragte ich ihn, ob er aus dem Iran käme. Er sagte: Nein, ich komme aus der Türkei. So viel dazu, wie gut ich Persisch immer gut an der letzten Silbe höre.
Wir sassen in einer ungemütlichen Sitzecke des Studios und er hielt ein Tablet vor sich, mit dem er mir einen Trainingsplan erstellen würde. Er wollte von mir wissen, wie viel Erfahrung ich schon mit Fitness hätte. Ich sagte ihm, dass ich noch nie in einem Studio gewesen bin. Das stimmte nicht ganz. Ich arbeitete in 2012 drei Monate lang in einem Projekt für McFit, wo ich für den IT-Rollout der neuen Studios in Spanien und Italien verantwortlich war. Trainiert hatte ich allerdings nie.

„Noch nie in einem Studio?“ Fragte er, um sich zu vergewissern. Dabei lächelte er seltsam. Das Lächeln wirkte einerseits mitleidig, andererseits schien es sich zu freuen, dass er mich gerade entjungfert. Er fragte mich nach meinen Zielen. Ich sagte: Ich will schön und stark sein. Weil er mit der Antwort nicht viel anzufangen wusste, sagte ich: Muskelaufbau. Das gefiel ihm. Ich erklärte, dass ich gerade viel Gewicht verliere und ich das mit Muskeln kompensieren möchte. Gewicht zu verlieren fand er spannend, es stieg sofort in das Thema Ernährung ein. Über Proteine und Kohlenhydrate und Uhrzeiten. Es war offensichtlich sein Lieblingsthema. Ich liess ihn reden. Andererseits weiss ich auch, dass man Menschen, die Ernährungs- oder Gesundheitstipps geben, nie zu viel Raum geben sollte. Nach einer Minute fiel ich ihm etwas unsanft ins Wort und wechselte das Thema.

Der Trainingsplan sah vor, dass ich mich an bestimmten Geräten in bestimmten Zeiteinheiten, bestimmte Gewichte bewegen musste. Da ich einmal den gesamten Körper trainieren wollte, waren das Rücken-, Bauch-, Bein-, Schulter- usw -Maschinen. Am beeindruckendsten fand ich den Namen Trizepsmaschine. Meine nächste Industrial-Band wird Trizepsmaschine heissen. Hätten wir das geklärt.

Ich war erstaunt darüber, wie wenig ich mich ein Alien fühlte. Die Atmosphäre war freundlich, die anwesenden Menschen stammten aus allen Altersklassen und sassen in allen Körperformen. Als ich etwas orientierungslos zwischen den Maschinen herumirrte, um Maschine nr 13 zu finden, kam ein junger Mann zu mir und fragte mich, ob er mir helfen könne. Der war dort nicht angestellt, sondern einer der Trainierenden.

Komischerweise verbringt man in einem Fitnessstudio viel Zeit mit Nichtstun. Ich stellte mir ein Fitnessstudio immer unglaublich anstrengend vor. Dass man schwitzt und keucht. In Wirklichkeit macht man aber ständig Pausen. Zehnmal den Bizeps bewegen und dann anderthalbe Minute pausieren. Dann wieder zehnmal den Bizeps und wieder anderthalb Minuten Pause. Dann Maschine suchen, dann wieder mal Griffe reinigen, Maschine einstellen. Tatsächlich machte ich mehr Pause als Sport. Aber die meisten dort sind schon sehr fit und deren Körperpartien sind definiert. Das wird sicherlich funktionieren.

Frauen tragen oft auffallend enge Sporthosen mit dicken Nähten, die die Pobacken verstärken und etwas hervorquillen lassen. Das sieht sehr pornös aus, trotzdem super, aber ey, ich kann doch nicht ständig Frauen auf den Hintern schauen. Zum einen will ich das nicht und zweitens bin ich nicht die Zielgruppe. Deswegen konzentrierte ich mich auf meinen eigenen Arsch, der wird irgendwann auch so aussehen, dann kann ich mich selber im Spiegel anstarren.

4 Kommentare

  1. Ja, das ist mir auch schon aufgefallen, ich empfinde die arschbetonten Hosen auch als Belästigung. Man(n) guckt halt hin, kann kaum vorbei gucken und es wird schlimmer, wenn man sich dessen auch noch bewusst ist. Furchtbar.

    Ich bin ja gespannt, wie lang Deine Hochs und Tiefs im Studio so sein werden. Mein Tipp noch: Handy im Spind lassen. Wie oft die Woche gehs’te denn hin?

    • Also so weit zu gehen, dass ich es als Belästigung empfinde, würde ich nicht 🙂
      Ja auch ich bin gespannt auf das Durchhaltevermögen. Zur Zeit bin ich ja sehr motiviert. Aber ich kenne meine mich.
      Ich wollte drei Mal die Woche gehen. Da mir heute aber immer noch der ganze Körper schmerzt, setze ich einen Tag (oder zwei?) aus. Das wird sich aber legen, hoffe ich, dann will ich drei Mal hin.

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