[Mo, 28.4.2025 – Ärmel, VOffice, Barrowlands]

Komischerweise haben sich in dieser Woche fast so viele Bewerbungsgespräche angehäuft wie im ganzen ersten Quartal dieses Jahres. Dabei ist es sogar eine Brückentagswoche mit dem ersten Mai am Donnerstag. Der erste Termin fand heute statt und es war ein Erstgespräch vor Ort in der Räumlichkeiten der Firma. Es ist bestes Sakko-Wetter und meine Frisur sitzt ungemein gut. Meine Frisur sitzt schon seit Tagen gut, was vermutlich an dieser neuen Pomade liegt. Morgens fahre ich mit den Händen einmal durch die Haare und sie drapieren sich wie eine griechische Gottheit aus Marmor über mein Haupt. 

Nach dem Gespräch fuhr ich zu Zara, weil ich neulich merkte, dass mir für diese Temperaturen die richtige Kleidung fehlt. Morgens ist mir zu kalt und mittags zu warm. Das schwarze Blouson, mit dem ich aussehe wie ein italienischer Clanchef passt am ehesten in diese Jahreszeit, aber seltsamerweise sind die Ärmel leicht gefüttert, was bei mir für ein Ungleichgewicht in meinem Temperaturhaushalt sorgt. Wärme Arme. Wer braucht denn sowas? Bei Zara fand ich einen fast identischen Blouson, aber ohne gefütterte Ärmel. Dafür eine Innentasche, was ich beim anderen Blouson schmerzlich vermisste.

So. Ich jetzt glücklich.

Während ich bei Zara stand, fiel in ganz Spanien und Portugal der Strom aus. Eine beachtliche Sache. Wir hatten uns in der Firma nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine mit der Gefahr von landesweiten Stromausfällen beschäftigt. Mit beachtlichen Erkenntnissen. Vielleicht schreibe ich mal etwas darüber. Das braucht aber mehr Raum.

Um 19 Uhr war ich mit Frau Fragmente für eine Virtual Office Sitzung verabredet. Virtual Office nennt sie ihre Online Meetings mit zB Frau Novemberregen, in denen sie sich via Teams oder Zoom verabreden und an Texten arbeiten. Nicht gemeinsam an einen Text, sondern in einem gemeinsamen virtuellen Raum in dem sie an ihren eigenen Texten schreiben. Als sässe man in einem Gemeinschaftsbüro.

Sie schlug das letzte Woche vor, weil sie meinen Blogbeitrag über Textarbeit las. Sie meinte, man könne dieses Virtual Office ja probieren, ihr helfe das immer sehr gut. Zuerst war ich nur mittelmässig interessiert, was vielleicht an meiner Aversion gegen Online Meetings liegt. Die Pandemie hat mir im Hinblick auf Zoomcalls wirklich sehr viele negative Gefühle beschert. Weil ich aber trotzdem zu erkennen glaubte, wie gut das für den Schreibprozess funktionieren könnte und ich sowieso immer alles ausprobieren will, stimmte ich zu. 

Ich bin ja ein Prokastrinator. Während der Arbeit an der Novelle habe ich verstanden, dass ich mir Zeitfenster setzen muss, innerhalb derer ich nichts anderes mache, als zu arbeiten. Das schliesst auch ein, keine Browsertabs zu öffnen, keine Emails zu lesen und nicht aufs Telefon zu schauen. Das gelang mir im Sommer und im Herbst, als ich an der Novelle schrieb. So ein Bürosetting würde die Konzentration auf alle Fälle unterstützen. Während ich das hier schreibe, sitzt Frau Fragmente in einem kleinen Fenster rechts oben auf meinem Bildschirm und tippt Sachen in ihren Computer. Wir haben uns vorher abgesprochen, worüber wir schreiben. Sie wird einen Blogtext über–

[Pause]

–über Barrowlands verfassen. Gerade hat mich Frau Fragmente unterbrochen, weil sie keine Tippgeräusche mehr von meiner Seite hörte. Deshalb die Pause. Ich gab zu, dass ich das Wort Barrowlands aus unserem Chat suchen musste. Weil ich zum einen nicht wusste, wie man es schreibt und weil ich auch überhaupt keine Ahnung habe, was das ist. Ich war mal in einer Gegend in Westirland, die hiess „Barrowlands“, das war eine unwirtliche und unwirklich schöne Gegend aus Stein, Gebüsch und Geröll. Ich gehe aber davon aus, dass es in ihrem Fall eine Band ist. Oder ein Festival oder ein Film. 

Sie buchstabierte es für mich und als ich fragte, was das überhaupt ist, dieses Barrowlands, sagte sie, ich müsse warten bis ich ihren Blogtext gelesen habe, dort steht alles drin. Sie hielt mir aber eine Videokassete in die Webcam. Darauf stand in ziemlich unleserlicher Schrift „barrowlands“ geschrieben. Wie gesagt, ich gehe davon aus, dass es eine Band ist.

Ich hingegen legte mich zuerst auf den Romantext fest. Zur Zeit arbeite ich an dieser Geschichte die ich Liebesgeschichte nannte, die aber in Wirklichkeit keine Liebesgeschichte ist. Seit gestern trägt sie den Arbeitstitel „Malena“, aber der Titel ist so schlecht, der wird sich sicherlich ändern. Ich verspürte lediglich den Wunsch, der Geschichte einen Namen zu geben, damit ich sie für mich referenzieren und einen Ordner anlegen kann. Zehn Sekunden nachdem ich zu Frau Fragmente sagte, dass ich an dem Romantext schreibe, entschied ich mich doch für einen Blogeintrag. Ich hatte schon am Vormittag an „Malena“ geschrieben. Ist auch mal gut. So geht Arbeit. 

Und jetzt sitze ich hier. 42 Minuten waren das bisher. Frau Fragmente hat schon mehrmals gesagt, sie sei beim letzten Absatz, aber sie hat sich bereits mehrmals korrigiert, sie sei jetzt doch nicht beim letzten Absatz usw.

Für 42 Minuten ist es doch eine beträchtliche Menge an Text geworden. Normalerweise brauche ich dafür länger. Ich habe mich natürlich davor gescheut, aufzustehen und Wasser zu holen. Und natürlich habe ich keine Browsertabs geöffnet. Ich sass fast immer hier, konzentriert. Zweimal haben wir einander unterbrochen bzw. mit einem Gedanken weitergeholfen.

Kein richtiges Ende. Aber ich lese jetzt den Text von Frau Fragmente.

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