Ich hatte vergessen, dass heute zwischen 7 und 16 Uhr das Wasser abgeschaltet wurde. Klospülung funktioniert ohne Wasser schlecht, Waschen auch. Immerhin hatte die Kaffeemaschine noch genug Wasser im Tank.
Heute würde aber Sport anstehen und um 15 Uhr hätte ich aber einen Termin beim Notar. Es wäre gut, wenn ich mich waschen könnte. Deswegen duschte ich mich direkt nach dem Schwitzen bei Fittix. Das mache ich normalerweise nie, sondern fahre immer direkt in Sportkleidung nach Hause. Heute duschte ich aber da. Der Duschbereich ist ja halb offen. Ich sah dort immer wieder nackte Männerhintern, also stellte ich mich darauf ein, nackt zu duschen. Das bin ich nicht so gewohnt, ich bin katholisch erzogen. Mit meinem Schambereich öffentlich schauzulaufen, kommt bei mir nicht so oft vor. Aber wenn es sein muss, mach ich es eben doch. Also lief ich mit Uhose in den Duschraum. Dort stand ein junger Mann mit Uhose unter dem Wasserstrahl. Bekleidet zu duschen war mir aber zu blöd. Ich zog mich einfach aus und stellte mich nackt unter den benachbarten Strahl, wusch meine Slits and Pits. Dummerweise hatte ich kein Duschgel bei mir, also fragte ich den jungen Mann nach ein paar Spritzern. Ja, ich sagte absichtlich Spritzer. Fand ich lustig. Er konnte kein Deutsch, verstand aber trotzdem, was ich meinte, und reichte mir sein Duschgel. Er vermied ganz offensichtlich und angestrengt jeglichen Augenkontakt. Sowohl zu meinen Augen wie auch zu meinen Schamhaaren. Er hatte etwas Osteuropäisches an sich, kurze Fußballfanfrisur, strenger Blick. Ich dachte immer, dass man im Kommunismus ständig nackt war. Haben mir die Leute aus dem Osten immer erzählt. Dieser Mann fand das aber nicht gut.
Später dann Termin beim Notar in C’Burg. Notare sind immer in C’burg. Warum eigentlich? Ich nahm meine Hündin mit. Mir doch egal, ob Hunde dort erlaubt sind oder nicht. Ich finde Notare ja hochgradig unseriös. Sie haben einen hohen sozialen Status, aber alles an Notaren oder Notarbüros ist seltsam zwielichtig. Der allererste Notar, mit dem ich je einen Termin hatte, trug einen Schnurrbart wie Nietzsche. Der Schnurrbart ging ihm bis zum Kinn und war absichtlich exzentrisch zersaust. Die Spitzen schienen mir vom Essen verfärbt (wie ass der denn überhaupt?). Und wenn er sprach, sah man seinen Mund nicht, es wippte nur ein Fellfetzen unter seiner Nase auf und ab. Exzentrische Menschen stören mich keineswegs, aber er gab mir mit jeder Geste zu verstehen, dass er einen gesellschaftlich höheren Rang inne hatte. Überhaupt, dieser relativ neue Exzentrismus der Rechten. Wilders, Johnson, Trump, Milei, mit ihren Fuckyou-Frisuren. Ich habe Geld und Macht, mir doch alles egal. Der Notar hatte so einen Fuckyou-Schnurrbart.
Eine andere Notarin rauchte einfach ungefragt in meiner Anwesenheit. Es ist ja ihr Büro. Sie wirkte alkoholisiert, las gelangweilt und schwerfällig die Dokumente vor. Überhaupt: Alle Notare wirkten immer alkoholisiert. Außer heute. Der Notar war ein Bursche in meinem Alter. Er hatte einen klaren Blick und war recht freundlich. Ich musste dann noch einmal ins Wartezimmer. Plötzlich kam eine riesige Meute an Menschen herein. Eine kleine, alte Frau mit dem Habitus einer Matriarchin. Sie wurde flankiert von einem aufgeregten, sehr dicken Mann, der sich später als der Dolmetscher ausgab. Und dazu drei große, finster dreinschauende Männer in Jogginghosen. Der Dolmetscher betonte mehrmals, er sei nur der Dolmetscher. Das sagte er den verschiedenen Assistentinnen, das sagte er auch mir und er sagte es einem der Notare, der kurz den Raum betrat.
Meine Hündin mochte den Dolmetscher nicht. Sie mochte aber auch die Matriarchin nicht. Und die drei finsteren Gesellen sowieso nicht.
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