[Mo, 20.10.2025 – Rückreise, Reisepass]

Frühmorgens geriet ich dann doch ein bisschen in Stress, weil meine Mutter und ich uns beim Frühstück etwas zu viel Zeit ließen (eine Spezialität von mir). Als ich in der Bahn saß, schrieb sie mir schließlich (wieder von zuhause aus), dass sie mein Robbenfell-Täschchen auf dem Esstisch gefunden hat. Das Robbenfell-Täschchen enthält ein paar der wichtigsten Gegenstände: den Reisepass, den Führerschein, Kopfhörer und mein Notizbuch. Blöde Gschichtn. Vor noch wenigen Jahren wäre das nicht so schlimm gewesen, aber seit die Rechten oder die von den Rechten Gejagten überall wieder in Nationaldenken und ethnischen Volkskörpern denken, wird man ständig an den Grenzen nach Dokumenten gefragt. Und natürlich kamen am Brenner die Polizisten und erkoren mich als Checkungswürdig. Seltsamerweise war es die italienische Polizia. So richtig verstehe ich nicht, warum sie ausreisende Passagiere überprüfen. Ich werde schließlich nur für Österreich oder Deutschland ein Problem sein. Die beiden Uniformierten waren jedoch milde und gaben sich mit einem Foto meines Passes zufrieden.

Bis nach Rosenheim blieb es jedoch spannend, weil ich immer Grenzpolizisten erwartete. Leider konnte ich meine Situation nur mit meiner Mutter teilen. Meine Frau würde das fürchterlich aufregen. Das war im Sommer auch schon so, als ich auf der Schwedenreise meinen Pass vergessen hatte. Sie beschwerte sich damals, dass ich sie während der Reise davon in Kenntnis setzte. Sie war zu der Zeit nämlich schon in Schweden. Es würde sie nur aufregen und könnte nichts daran ändern. Während ich einfach das Abenteuerliche an der Aufregung mit ihr teilen wollte. Wir empfinden Abenteuer aber unterschiedlich. Heute verkniff ich es mir einfach, ich bin ja lernfähig. Dennoch ein schwieriges Unterfangen. Ich verkniff es mir die ganze Zeit lang, wahrscheinlich werde ich es ihr auch nicht nachher erzählen, nicht morgen und niemals, sonst denkt sie vielleicht bei jeder Reise, ich würde meinen Pass vergessen. Möglicherweise habe ich zu wenig Respekt vor meiner italienischen Staatsbürgerschaft.

Die neue Bahnchefin kommt übrigens aus Südtirol. Mein Vater hat sich darüber echauffiert, dass ich das nicht wusste. Meine Frau wusste das, aber sie hat es mir nie mitgeteilt. Bei meinem Vater sorgte das für Empörung, die dann auch direkt in mich über ging. Ich war auch empört. Wusste aber nicht, gegen wen ich das richten sollte.

Nördlich von Bamberg hat sich jemand auf die Gleise begeben und mein Zug wird jetzt mit einem fast 4-stündigen Umweg über Hessen geleitet. Bei einer Reise, die bereits 12 Stunden dauert, sorgt das nicht für gute Laune. Zudem sind dem Bordbistro das Essen und die Warmgetränke ausgegangen. Weil ich frustriert war, schlief ich eine Runde. Mittlerweile gibt es auch keine Kaltgetränke mehr. Immerhin hat mir meine Mutter 3 Äpfel aufgezwungen. Zuerst nahm ich nur einen an, dann noch einen zweiten und dann auch den dritten, weil der so ein lustiges Muster hatte. Jetzt bin ich natürlich froh. Ich hätte dennoch lieber ein Käsebrötchen.

Zurück in Berlin bin ich dann echt durch. 16 Stunden Fahrt. In dieser Zeit hätte ich fast nach Neuseeland fliegen können.

Ein Kommentar

  1. jo, meine Mutter hätte mir sicher einen schweinebraten und mindestens vier knödel in einer tupperdose aufgedrängt. oder was sonst so an vorgekochtem da ist. wäre aber auch mit den fingern vor zeugen schlecht zu essen.

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