Nachdem ich im Büro den ganzen Tag Rechnungen und Verträgen hinterher gelaufen bin, traf ich mich am Abend mit A im Haus am See am Rosenthaler Platz. Ich hatte ein Geschenk für sie aus Lissabon dabei und bisher noch keine Gelegenheit gefunden, es ihr zu überreichen. A trinkt nämlich keinen Alkohol. Manchmal ist das wie ein Geschenk, weil es mich davon abhält zu trinken, wenn wir Abends weggehen, meist ist es aber ungünstig, weil ich üblicherweise trotzdem trinke und ich mich irgendwann zum Affen mache, während sie mit Klarheit im Kopf die Gesprächsfäden festhält. Im Dezember sagte sie mir, sie hätte jetzt den Alkohol für sich entdeckt, sie hätte Portwein probiert und das schmecke ihr gut. Das verzückte mich wiederum, weil es sich anfühlte, als bekäme ich eine neue Freundin im Geiste (ich übertreibe natürlich, das war ja vorher schon so). In Lissabon angekommen, drängte sich das Geschenk nahezu auf. Ich entschied mich für eine kleine Geschenkbox mit einem halben Dutzend kleiner Portwein-Flaschen, vermutlich ist es in der – ich nenne es jetzt mal: – Entdeckungsphase spannender, wenn man sich an einem breiteren Sortiment bedienen kann, als an einer einzelnen großen Flasche. A wiederum hatte auch ein Geschenk für mich dabei, wegen meines Geburtstages letzten Monat. Sie überreichte mir ein Buch von Franz Hessel mit dem Titel „Spazieren in Berlin“, möglicherweise eine Referenz an meine Spazierlust und meine manchmal etwas komplizierten Routen und vermutlich anstrengenden Erklärungen zum städtischen Kontext. Das Buch wird mit einem Vorwort von seinem Sohn Stephane eingeleitet, ja genau, _der_ Stephane Hessel, was mir als kuturell-historischer Zusammenhang ungemein gefiel, ohne es genau erläutern zu können warum. Vielleicht so: wie der Vater im preußischen Stettin geboren wurde, das heute wiederum Polen ist, nach Frankreich auswandert und in den Zwanzigern nach Berlin zurückkehrt, um ein paar Jahre später vor den Nazis zurück nach Frankreich zu flüchten (und dort dann ’41 stirbt). Davor hat er einen Sohn gezeugt, der später in die Résistance geht und als beinahe Hundertjähriger ein Pamphlet schreibt, von das ich über Facebook wahrnehme.
Ich kannte Franz Hessel vorher nicht.
# Zuhause angekommen rief mich mein Vater an; ein sehr ungewöhnliches Vorkommnis. Ein bisschen überrascht, aber auch neugierig (komischerweise nicht besorgt) nahm ich ab, dann plauderten wir etwa fünfzehn Minuten locker über dies und das.
# Das Thema Bundespräsident geht ziemlich an mir vorbei. Seit ich mir in den Kopf gesetzt habe, dass das Amt des Bundespräsidenten überflüssig ist, bin ich nicht mehr imstande, Interesse für das Thema aufzubringen. Als wäre es verschwendete Energie.
ich liebe spazieren mit dir, wenn du erklärst.