Laut meiner Uhr habe ich nur etwa 3h geschlafen. Ich fühle mich aber wesentlich ausgeschlafener, als die drei Stunden. Was ich mich von der Nacht erinnern kann: ich schloss die Augen als es gerade dunkel geworden war. Kurz darauf öffnete ich sie wieder und da war es wieder hell. Das müssen mindestens 4 oder 5 Stunden gewesen sein. Allerding schaute ich nicht auf die Uhr.
Nach dem Frühstück um halb acht führ ich los. Es regnete. Ich fahre total gerne, wenn es regnet. Zum einen, weil es mir gefällt, dabei im Trockenen zu sitzen und Musik zu hören, aber auch, weil die anderen Verkehrsteilnehmerinnen wesentlich entspannter fahren. Ob sie auch tatsächlich entspannt dabei sind, weiss ich natürlich nicht, ich vermute eher nicht, aber niemand hastet oder drängelt auf der Autobahn, es entsteht ein Flow. Und es gibt wenig schöneres als den Tempomat auf 130 einzustellen und einfach zu lenken, wie mit einem Raumschiff im Weltall.
Ich fahre bis Helsingör zur Fähre bis nach Helsingborg und dort an der Küste in Richtung Göteborg nach Norden. Ich hörte auch die No More Shall We Part von Nick Cave. Ich dachte ja, ich hatte das Album damals ignoriert, aber es fällt mir auf, dass ich alle Songs mehr oder weniger kenne und teilweise sogar diet Texte mitsingen kann. Das überraschte mich doch ein wenig. Obwohl ich mich neulich negativ über Caves Werk nach ’97 äusserte, muss ich jetzt zugeben, dass die Platte musikalisch schon ziemlich gut ist, es gab aber zwei Faktoren, die mich dennoch störten und dies immer noch tun. Zum einen dieser Religions- und Hallelujakrempel, mit dem ich überhaupt nichts anfangen kann und der zweite Faktor ist: Nick sing immer eine halbe bis ganze Oktave zu hoch. Seine Stimme erreicht in dieser Tonlage nicht diesen vollen Klang und wirkt immer ein bisschen angestrengt. Ich bekomme davon verkrampfte Kiefern, wenn ich zu lange zuhöre.
Auf der Rückfahrt werde ich die noch späteren Albums hören. Kurz vor Ankunft hörte ich in „Ghosteen“ hinein. Die war sehr anders. Psychedelisch sogar.
Am Nachmittag kam ich an. Die Hündin kam herangestürmt. Sie begrüßte mich auf sehr seltsame Weise. Sie sprang, legte sich mit dem Kopf vor mir ins Gras, legte sich hin, sprang wieder auf, japste, legte sich wieder mit dem Kopf ins Gras und das alles in Daurschleife. Keine Ahnung wie das zu interpretieren ist, ich fands dennoch lustig. Es wirkte, als sei sie mit der Situation gänzlich überfordert.
Es misst hier 22 Grad und die Sonne ist mild. Es ist das perfekte Wetter. Ab und zu gibt es WIndstösse. Die Windböen sind so stark, dass die Biergläser umzufallen drohen. Später machen wir die lange Waldrunde. Einmal ziehen sich schwarze Wolken zusammen und es kommen Wassermassen herunter. Zehn Sekunden lang nur. Meine Frau lässt mich unter ihre Jeansjacke. Wir werden dennoch nass. Vor allem das Tier. Es ist uns aber egal.
Nach dem Abendessen und drei Bieren bin ich so platt wie eine Flunder. Es ist 9 Uhr abends, die Sonne scheint noch auf das Bett. Ich lege mich hin und schlafe ein.
Oh na ja, da muss ich mal bisschen weiter ausholen, und sagen, bloss weil irgendwo ein Hallelujah vorkommt, ist es ja auch nicht ganz unbedingt ein sehr religioeses Lied, in dem Fall ja eher so ein „also Gottseidank ja scheisse das haette aber auch hier ganz anders“, ich kenne ja so gefuehle, wo man die innere Anspannung draussen loswerden will, und rennt halb bekloppt durch die Gegend.
„I left my house without my coat
Something my nurse would not have allowed
And I took the small roads out of town
And I passed a cow and the cow was brown
And my pajamas clung to me like a shroud“
Und musikalisch ist das auch wirklich gut ausgearbeitet, wenn er so sagt, dass die Bad Seeds wissen, wo sie sich zuruecknehmen muessen, das ist richtig. Es ist halt ueber der Geigenfigur angelegt und dreht sich immer so um sich selbst. Passacaglia, ist eben auch ernstes Thema.
Das mit 15 feet of pure white snow und den Bibelreferenzen, da hat er, denke ich, volle Kanne versucht Bob Dylan zu channeln. Also quasi, als wuerde Bob Dylan Highway 61 nochmal schreiben, aber eben als Nick Cave und mit den musikalischen Mitteln von Nick Cave. Bob Dylan gefaellt dann auch schon nicht jedem, es is diese Bibel gemischt mit Absudem und etwas Flapsigkeit formel. Er folgt in der Songwriter phase dann auch wirklich oft Leuten, die er sehr bewundert, hab mich immer gefragt, woran mich „there is a kingdom“ auf boatmans call so sehr erinnert, und bin dann draufgekommen, dass es doch starke Aehnlichkeiten zu „Perfect Day“ von Lou Reed gibt.
Weiter: „God is in the House“ – so ein Anti Kleinstadt Lied, finde ich gut, ich bin auch gegen die Kleinstadt. So Hot Fuzz.
There’s no fear about
If we all hold hands and very quietly shout
Hallelujah
God is in the house
Oh I wish He would come out
God is in the house
Obwohl natuerlich schon fast billig, weil jeder benutzt ja die Kleinstadt und ist dagegen. Damals war das noch etwas frischer
Es ist ja wirklich kein Andachtslied. Manchmal taeuscht das musikalisch. Was die Stimmlage angeht, das ist richtig, dass er sich da teilweise wirklich abartbeitet, aber das stoert mich gar nicht. Ist schon so, dass er auf einmal versucht, viel „ordentlicher“ zu Singen, und dann vielleicht gar nicht die technik oder den Stimmumfang hat (bin bei den kritischen Stellen naemlich auch nicht sicher, dass er da noch viel Raum nach unten hat anderswo im lied), aber es ist so, es gibt Leute, die sind technisch gute Musiker, und dann gibt es Leute, die sind gute songwriter, und ich nehme das einfach mal auch in dem Format, weil mir das alles so gefaellt.
Kann mir da nicht helfen: Mir gefaellt das alles alles.
Hab uebrigens beim Nachlesen der Songtexte diese Webseite gefunden, gefaellt mir ganz gut und ist etwas zielgerichteter als youtube kommentare wenn man sich interessiert, was andere so von den songtexten denken.
https://songmeanings.com/songs/view/3530822107858527603/