[Di/Mi/Do, 1.-3.11.2022 – Allerheiligen, Sushi, Döner, Backtothefuture, Horrorfilme]

Ich trinke hier in den paar Tagen Südtirol mehr Wein als in einem ganzen Jahr Berlin. Gläschen von dem Wein hier und Gläschen da undsoweiter. Mein Schwager hat ausserdem selber Sekt hergestellt, der Druck von der Kohlensäure ist leider etwas hoch geraten sodass die Flaschen bei Öffnen erstmal eine Sektfontäne abgeben. Man nennt das hier Natursekt. Ich weiss nicht, ob die Leute hier wissen, was Natursekt in Deutschland bedeutet, ich habe nicht nachgefragt.

Am Dienstag war Allerheiligen, ich fuhr mit meiner Mutter in ihr Geburtstdorf, wo auch meine Tante Rosl letzte Woche beerdigt wurde. Wir wollten eigentlich nur zum Grab, sie hatte drei grosse Kerzen dabei, die würden wir anzünden und ein bisschen am Grab stehen. Wir gerieten aber in die Allerheiligen-Andacht. Auf dem Kirchhof an den Gräbern um der Kirche herum stand das ganze Dorf und hörte der Andacht zu. Die Kirche war voll Draussen fast. Auch wenn ich die Institution der Kirche verabscheue, kann ich dem ganzen durchaus mit einer vergnügten Distanz beiwohnen ohne böse Gefühle zu bekommen. Ausserdem fand ich Allerheiligen und Allerseelen immer sehr ästhetisch.

Dann wurden alle Toten aufgezählt, die seit dem letzten November gestorben sind. Im Dorf sind im ganzen Jahr 18 Menschen gestorben. Alle Toten werden mit vollem Namen und Beinamen aufgezählt. Alle haben einen Beinamen, der sich in der Regel auf den Bauernhof bezieht.
Besonders viele sind im April und Anfang Mai gestorben. Ich dachte immer, die meisten Menschen würden im Herbst sterben. Aber nein, es ist der Frühling, der uns killt.

Nach der Andacht zieht eine Prozession los. Natürlich wollte ich nicht an der Prozession teilnehmen, aber was dann geschah ist etwas schwierig zu beschreiben. Meine Mutter und ich standen auf einer kleinen Treppe beim Eingang auf dem Kirchhof und die Prozession geriet direkt unter unserer Nase in Gang. Meine Mutter verstand irgendwann, dass das ganze Dorf unter unserer Nase vorbeziehen würde. Ihr war das sehr unangenehm. Wir wollten eigentlich warten, bis das ganze Dorf aus dem Kirchhof raus ist, und dann würden wir verschwinden. Aber für meine Mutter war es unerträglich, auf dieser Stufe zu stehen und jeden einzelnen der tausend Dorfbewohner mit einem Nicken oder Blick zu begrüssen. Das konnte ich nachvollziehen. Also zog sie mich mit und wir reihten uns ein. Wir würden eine Runde durchs Dorf ziehen während Menschen hinter uns und vor uns den Rosenkranz beten.

Nach einer Stunde war die Prozession vorbei und wir gingen zum Auto.

Beim Abzählen des Hundefutters ist uns offenbar einen Fehler unterlaufen. Das Hundefutter geht bereits zur Neige. Wir wissen nicht, an welcher Stelle wir falsch gerechnet haben. Es ist ärgerlich. Auch beim Sommerurlaub in Schweden ist uns das passiert.

Am Abend kam meine kleinere Schwester mit ihrem Freund. Die beiden und mein kleiner Neffe bereiteten Sushi zu. Richtiges Sushi mit Lachs und Thunfisch. Ich fand das sehr beeindruckend. Ich habe so viel Schiss vor Bakterien in toten Tieren, dass ich jedes Putenfilet zu einer Gummisohle zerbrate. Mein Neffe macht einfach Sachen mit rohem Fisch. Er ist 13. Da ich darauf vertraue, dass er weiss, was er tut, esse ich es.

Am Mittwoch kam mein Vater runter in die Stadt. Es war ein schöner Tag. Wir spazierten zum Passerfritz und assen was mit beiden Schwestern und meinem Hund. Am Abend war ich kaputt und ging spontan zu meiner Frau, dort wurde ich noch kaputter und hatte keine List mehr, den ganzen Weg zu meiner Mutter zu laufen (20 Minuten) und blieb ich bei meiner Frau schlafen. Ich nahm eine Dusche und fiel ins Bett. Eigentlich war an dem Tag viel passiert, aber es springt nichts erzählenswertes dabei heraus.

Donnerstag hingegen ass ich mit den Kindern Döner. Die wollten das so. Weil ich mich offenbar mit Döner auskenne und weil sie Döner sehr gerne mögen. Es ist das zweite Mal, dass ich in Südtirol Döner esse. Er war OK. Sie verwenden hierzulande fertige Pita Taschen. Die Taschen waren etwas trocken, aber der Rest war OK.

Nachher schauten wir mit der ganzen Familie „Zurück in die Zukunft“. Den ersten Teil. Der Film ist aus 1985 und funktioniert immer noch. Viele ältere Filme funktionieren ja nicht mehr. Vor allem Filme aus den achtzigern, aber auch neunzigern. Das Tempo, die Dialoge, die Ästhetik, die Schauspielerei. Filme wirken oft gekünstelt bzw sind overacted. Am Nachmittag begannen wir mit „The Truman Show“ aber die Kinder kamen überhaupt nicht in den Film hinein. Ich auch nicht mehr, obwohl ich den Film damals durchaus mochte. Wir redeten darüber. Sie empfanden den Film als unecht. Was im Zusammenhang mit der Geschichte des Filmes natürlich lustig ist, aber genau so wirkte der Film auch auf mich. Unecht.

Zurück in die Zukunft hingegen kam voll an. Auch dieser Film ist etwas overacted, aber er funktioniert eher auf dieser Ebene mit überdrehten Figuren. Gegen 22Uhr war der FIlm zu Ende, aber alle hätten am liebsten den zweiten Teil hinterhergeschoben. Wir vereinbarten, dass wir den zweiten Teil morgen schauen. Der zweite Teil ist leider nicht so gut wie der erste, vielleicht sollte ich es morgen einfach diskret absagen bzw einen anderen Film vorschlagen.

Die Kinder interessieren sich total für Horrorfilme und weil sie wissen, dass ich sehr viele Horrofilme schaue, wollen sie von mir alles über Horrorfilme wissen. Aber alle diese Filme haben eine Freigabe ab 16 Jahren. Ausser der aus meiner Sicht gruseligste Film aller Zeiten, Blair Witch Project, der ist seltsamerweise ab 12 freigegeben, allerdings mit dem Zusastzvermerk, dass die Freigabe aufgrund des fehlenden Blutes erfolgt ist, dass es sich wegen der extrem unangenehmen Gefühle allerdings empfiehlt, ihn erst einem 16-jährigen Publikum zu zeigen.

Dem ältesten Neffen beeindruckt so etwas. Ein Film, bei dem es schriftlich verbürgt ist, dass er grosse Angst auslöst.