[Mo, 25.9.2023 – Weiter mit den Scamern]

Die letzten Tage vor dem Urlaub sind wieder anstrengend. Ich muss vieles vorher beenden, ausserdem fahre ich mitte Oktober wieder nach Amsterdam, bis dahin gibt es noch Unmengen vorzubereiten, eigentlich kommt die Reise in die Arktis denkbar schlecht. Aber Reisen kommen immer denkbar schlecht, das ist dann eh wurscht, Reisen sind immer wichtig.

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Nebenher habe ich immer noch Chats auf Telegram mit irgendwelchen Scamern offen. Die Anne Brennekam nervt mich mittlerweile. Ich schrieb, dass ich nicht in Cryptopwährung investieren will, ich möchte nur befreundet sein. Dann lässt sie sich darauf ein und fragt, wie es auf Arbeit geht. Dabei macht sie aber ihren Job nicht gut, sie vergisst ständig mein Alter und schickt mir wieder ein neues Foto ihres Autos, wieder mit Berliner Kennzeichen, obwohl sie laut eigener Aussage aus Boston kommt und nie in Europa war. Mit solchen unprofessionellen Scamern macht es keinen Spass.
Weil ich genervt bin, schreibe ich, dass sie mir Nacktbilder schicken soll, aber das will sie nicht, sie kann ja auch keine Nacktbilder haben, da sie die Fotos von einem fremden Instagram Account geklaut hat.

Ich schreibe immer „sie“. Ich habe aber immer einen Mann vor Augen, wenn ich mit den Leuten schreibe.

Gestern schrieb mich eine leicht bekleidete, junge Frau an, die mit mir Sex haben wollte. Gegen Taschengeld. Sie wohne in Berlin, in der Dunckerstrabe. Strabe, genau, mit b. Schlecht übersetzt. Ich antwortete begeistert und fragte, ob es noch heute möglich sei, sie sagte: ja. Sie wollte aber eine Vorauszahlung in Bitcoin. Mindestens die Hälfte ihres Honorars, also 100€.
Die hundert Euro würde ich natürlich nie wiedersehen, dieses Businessmodell verstehe ich immerhin. Und ich denke, es ist auch effizient.

Aber diejenigen, die ewig lange, über Wochen hinweg chatten und immer wieder in Nebensätzen von Crypto Investments reden, das kann doch nicht wirklich zielführend sein. Heute schrieb mich wieder eine gutaussehende Frau mitte dreissig an. Vom Beruf Fashiondesignerin. Sie ist vor einigen Jahren nach Berlin gezogen, sie sucht nach Freunden. Wir schreiben auf englisch, wir chatten ein wenig hier und her, der Tonfall ist leicht flirtig, es geht mit grösseren Pausen, über den ganzen Tag hinweg. Sie will wissen, ob ich verheiratet bin, irgendwann frage ich sie, wo sie geboren ist, dann sagt sie: in Berlin. Dann schlage ich vor, dass wir auf deutsch chatten, was sie bejaht, aber als wir auf deutsch chatten siezt sie mich plötzlich. Sie übersetzt natürlich mit einer Übersetzungsmaschine. Das ist unfassbar schlechtes Handwerk. Ich fühle mich so billig gescamt.

Am Nachmittag schreibt mich wieder eine junge Frau an. Hihowareyou. Ich frage sie gleich nach Nacktbildern.

Der Erkenntnisgewinn ist sehr gering, ich glaube, ich werde mein Profil wieder auf privat setzen.

4 Kommentare

  1. da fällt mir ein, dass ich das hier noch hinterlassen wollte.
    https://www.419eater.com/
    Es ist eine webseite mit Leuten, die Scammer scammen, und wurde mal vor vielen Jahren im (glaube ich) in atlantic monthly oder sz magazin oder NYT oder so besprochen, der Tenor war dabei, dass es vielleicht auch moralisch fragwürdig sein könnte, irgendwelche Leute am anderen Ende zum unnötigen Geldausgeben zu bewegen, wenn das evtl. gar nicht die Scammer selbst sind, sondern zB ein Freund des Scammers der aber handwerklich begabt ist, und der Scammer erzählt ihm dann, es gibt da dieses Kunststipendium und du müsstest da eine spezielle große Skulptur von Wallace und Gromit vor dem Fernseher machen und hinschicken, und dann trifft es den falschen….
    bei Deiner Variante trifft es sicher niemand falschen, und es ist schon interessant. Könnte es aber sein,dass das Chatten schon teilweise an AI ausgelagert ist? sicher ist das ja total kommerziell rentabel, und daher gibts das sicher wenigstens in Ansätzen. ich war ja letztens mit meiner Tochter im Computerspielemuseum hier in berlin, da steht einer der ersten chatbots und man kann damit spielen. Damals sollen menschen danach süchtig geworden sein, weil der chat so verständnisvoll war.

    • Inwiefern das automatisiert ist, verstehe ich noch nicht. Ich chatte gerade mit vier Profilen parallel, sie scheinen alle die gleichen Pausen einzuhalten (zwischen 12 und 1 MEZ) und gesten abend haben drei davon, mich innerhalb einer Stunde als Fakeprofil bezeichnet. Eines der Profile hat sich gelöscht und zwei haben mich geblockt. Aber nur eines hat mich beleidigt (ich, alter Mann will Nacktbilder, ich solle mir doch eine Frau suchen, Loser undso). Ein Profil ist immer noch da, spielt aber auf enttäuscht.

      Bezüglich AI ist es auch sehr interessant, dass es mittlerweile Chatbots gibt, die bei mentalen Problemen helfen. Eine Freundin hat mir das vor einer Weile gezeigt. Es ist erstaunlich, in welchem angenehmen und verständnisvollen Ton gesprochen wird. Es ist ein bisschen gruselig, aber man sieht das Potential. Wie bei fast allem, was AI betrifft. Der Mix aus Grusel und Begeisterung.

  2. „Ich fühle mich so billig gescamt.“
    I feel you – musste aber trotzdem sehr grinsen.
    Ich versuche regelmäßig mit meinen WhatsApp-Kindern, die ihr Handy verloren haben und sich deshalb mit einer neuen Nummer melden, in seriöse Mutter-Kind-Gespräche zu kommen, aber irgendwie dedoptieren die mich sehr schnell, wenn ich mit Vorschlägen wie „Klar schicke ich Dir Geld, aber erst wird das Zimmer aufgeräumt“ komme.

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