Ich hatte davon gar nicht erzählt. Anfang Oktober traf ich im Park ja wieder jene Frau aus Israel mit ihren Töchtern, wonach die älteste Tochter die Hunde auf der Wiese zeichnete. Sie zeichnete auch meine Hündin. Worüber ich nicht berichtete, war die Tattoohaftigkeit dieses Motives und was danach geschah.
Ich bin jetzt nicht der Typus, der sich eine nostalgische Tätowierung seiner Hündin auf den Unterarm stechen lässt, aber beim Anblick dieses von Kinderhand gezeichneten, kleinen, stylisierten Hundes, spürte ich sofort eine Identifikation. Das ist bei Tätowierungen oft so. Symbolik und Identifikation. Statt Esoterik ist es Symbolik und Identifikation.
Wir sprachen dann allerdings nicht über die Zeichnung. Erst zuhause gärte in mir der Gedanke, diese Zeichnung, oder zumindest etwas ähnliches stylisiertes, stechen zu lassen. Nun treffe ich nicht immer die gleichen Menschen im Park, und diese Frau sehen ich ganz besonders selten, vor drei Tagen machte ich aber eine Extrarunde zu einem anderen kleinen Park, da kam sie mir mit ihrer Hündin entgegen. Wir quatschten wieder ein wenig, ich wollte wissen, wie es ihren Eltern geht und wir redeten über die vielen ideologischen Fronten, die sich neuerdings geöffnet haben. Sie erzählte mir, wie bedroht sie sich derzeit fühlt, auch von linker Seite, sie verstand sich immer als links und jetzt kann sie mit vielen linken Menschen kaum noch über ihre Herkunft sprechen, weil die Gespräche oft aggressiv werden und sie immer mit dem „Aber Israel“ fortgeführt werden. Dabei muss sie sich ständig rechtfertigen, wobei es schon seinen Grund hat, warum sie vor 14 Jahren Israel verliess. Sie und ihr Mann meiden es, in Friedrichshain auf der Strasse Hebräisch zu sprechen. Ja, genau, in Friedrichshain. Und derzeit den Herrmannplatz zu besuchen kommt ihr natürlich erst recht nicht in den Sinn.
Danach sprach ich sie auf die Zeichnung ihrer Tochter an. Ich erzählte ihr, was mir daran gefiel und dass ich mir überlegte, die Zeichnung tätowieren zu lassen. Sie fand das lustig, sie hatte auch eine Tätowierung ihrer früheren Hündin und sie verstand, was ich daran mochte. Ich bat sie, mir die Zeichnung zukommen zu lassen, ich würde sie gerne noch einmal sehen.
Es dauerte ein paar Tage, es war offenbar nicht ganz einfach, die Zeichnung wiederzufinden, aber heute bekam ich die Fotos der Zeichnungen. Es gefiel mir noch besser als in der Erinnerung. Ich glaube ich mache das diesen Winter. Ich habe ja noch zwei andere Motive, die ich mir ohnehin machen lassen werde. Dann kann ich alles in einem Termin unterbringen.
Sonst ist heute nicht viel passiert. Ich arbeitete den ganzen Tag in einem Tunnel, auch noch später am Abend, auch weil ich morgen wieder die lange Präsentation halten werde, die ich vor ein paar Wochen bereits in Amsterdam gehalten hatte. Dabei musste ich noch mehrere Änderungen einarbeiten.
Und plötzlich war der Tag zu Ende.
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