[Mi, 10.7.2024 – Reise, Podcast, Goldberg]

Heute fuhr ich die Strecke Berlin – Borås zum fünften Mal in sechs Wochen. In den letzten Jahren bin ich sie bereits so oft gefahren, dass ich mittlerweile oft schon weiss, wie die Landschaft hinter einer Kurve aussieht. Ich stelle mir vor, dass sich eine Strecke im Laufe der Jahrzehnte im Hirn immer weiter abspeichert, immer vollständiger wird wie ein riesiges Puzzle. Wenn man tausend Jahre alt werden könnte, würden die Lücken im Puzzle irgendwann alle geschlossen sein und man könnte die Strecke mit geschlossenen Augen befahren. Dummerweise wird das Gehirn ab 90 lückenhaft und reisst die eingesetzten Puzzlestücke wieder raus. Tausend Jahre alt zu werden ist kaum erstrebenswert.

Wenn ich diese Reise alleine antrete, beginne ich immer mit einem Podcast. Autofahrten sind wie gemacht für Podcasts. Man hat ein sehr aufnahmefähiges Hirn, die Augen und der Körper sind aber beschäftigt. Der Ohrkanal und das Hirn hingegen nicht. Die Reise beginne ich also immer mit einem anspruchsvollen Podcast. Heute hörte ich die Folgen über die Goldbergvariationen. Neulich verlinkte ich eine Folge in den Kommentaren, ich hatte aber auf die Schnelle nicht beide Folgen gefunden. Jetzt weiss ich auch, warum: nur die letzte Folge trägt den Namen „Goldbergvariationen“ im Titel, die erste Folge behandelt die Goldbergvariationen aber auch. Sie wurde aber nicht danach benannt. Also um alles richtig aneinanderzureihen:

Der Podcast heisst „Klavierpodcast“ mit Igor Levit und Anselm Cybinski. Der Podcast besteht aus zwei Staffeln. Die erste behandelt vor allem Beethoven in 32 Folgen. Die zweite Staffel handelt von Variationen im Allgemeinen. Der Ausgangspunkt sind Bachs Goldbergvariationen. Diese werden in der ersten und in der achtzehnten Folge besprochen. Wenn man sich nur für die Goldbergvariationen interessiert, kann man natürlich auch nur jene beiden Folgen anhören, es empfiehlt sich aber, die ganze Staffel anzuhören, weil die Themen alle miteinander verwoben sind. Der Podcast ist sehr zugänglich, die beiden scheinen am Klavier zu sitzen und während sie sich über Variationen unterhalten, spielt Igor Levit immer wieder Beispiele vor, damit man das Besprochene besser versteht.

Nach zwei Stunden Input ist meine Aufnahmefähigkeit aber strapaziert. Ich weiss nicht, wie wir das früher in der Schule gemacht haben. Kurz vor Rostock schaltete ich auf Musik um. Musik liefert Input und regt gleichzeitig gedanklichen Output an. Durch Dänemark hindurch blieb ich erst mal bei Musik, irgendwann vor Kopenhagen hörte ich aber „Sternengeschichten“, das sind astronomische Miniaturen vom Asteroiden-Spezialisten Florian Freistätter. Das hörte ich bis zur Fähre nach Helsingborg. Ab Helsingborg hörte ich wieder Musik, zuerst Hiphop, danach Black Metal, je weiter ich kam, desto lauter schaltete ich die Musik, irgendwann wurde es unerträglich und ich schaltete alles aus. Kein Input/Output mehr. Nur noch Output.

Die Reisen folgen immer einem ähnlichen Muster wie diesem.