[Mittwoch, 8.9.2021 – Reykjavík]

Ich erfahre zufällig, dass heute Deutschland gegen Island spielt. In Reykjavik. Als ich das letzte Mal in Island war, fand auch ein Länderspiel statt. Das war im Herbst 2013, die isländische Nationalmannschaft spielte gegen Kroatien. Wir fuhren an diesem Stadion vorbei, das sich unweit unseres Hotels befand, fussläufig etwa 20 Minuten stadtauswärts. Man sah diese zwei Tribünen, Haupttribüne und Gegengerade, der Rest ist einfach offen. Wenn man da heute mit dem Bus vorbeifährt kann man sicherlich die Müllers und Goretzkas über den Rasen stolpern sehen.

An dem Abend, als Kroatien zu Gast war, blieben wir im Hotel. Die Restaurantsituation hatte uns nach einigen Tagen ein bisschen deprimiert. Eine trockene Pizza, gerade mal so groß wie meine ausgestreckte Hand, kostete 27€ und wenn man Fisch essen wollte, landete man schnell im dreistelligen Bereich und irgendwann hatten wir uns von Burgern sattgegessen. Wir verstanden jetzt, warum gewöhnliche Hotelzimmer immer mit einer Kochnische ausgestattet waren.

Anpfiff des Spiels war laut meiner App um 20Uhr. Also kochten wir uns zuhause eine Pasta und nahmen uns vor, gegen halb acht in die Reykjaviker Nacht hinauszugehen und den Isländerinnen bei ihrem Abend mit der Nationalmannschaft zu begleiten. Wir bummelten natürlich, gegen halb acht waren wir noch längst nicht fertig. Inzwischen schaute ich auf meine App, vielleicht gibt es ja etwas interessantes über Aufstellungen zu lesen. In der App las ich dann, dass im Spiel bereits die 78. Minute läuft.
Ich hatte natürlich nicht die 2 Stunden der Zeitverschiebung mitgerechnet.

Jetzt sassen wir da.

Wir gingen dennoch etwas verspätet raus. Die Pointe der Geschichte ist: den Isländerinnen war ihre Nationalmannschaft eher egal. Es gab keine Zusammenkünfte oder Leute in Trikots. In einem Land, das gerade mal so viele Einwohner hat, wie Kreuzberg und F’Hain zusammen, rechnete man sich in internationalen Sportwettbewerben wohl keinerlei Chancen aus, entsprechend unattraktiv musste das für die Bewohnerinnen sein. Das war jedenfalls meine Erklärung, die ich allerdings nie näher erforschte.
Dass sie bei der Europameisterschaft so groß aufspielten, passierte ja erst 3 Jahre später. Mittlerweile dürfte sich in der Wahrnehmung schon etwas verändert haben.

Und während ich oben so „2013“ schrieb. Boah, schon viel zu lange her.

[Donnerstag, 9.9.2021 – Hochalpin]

Nach den harten letzten Wochen auf der Arbeit, öffnen sich gerade vorsichtig die ersten Blüten, wegen den Änderungen, die ich vorgenommen habe. Eigentlich wollte ich hier eine Metapher mit Früchten bringen. Aber zuerst kommen ja die Blüten. Das weiss ich, weil ich mal Äpfelpflücker war. Und Früchte sind ja schon das finale Stadium, das man ernten will. Davon bin ich noch weit entfernt. Aber vorsichtige Blüten, das ist ein Bild.

Als ich das Büro verlasse, merke ich, dass meine Frau heute auch unterwegs ist und wir uns am Alex treffen könnten. Ich schlage vor, in dieses Flying Tiger Geschäft zu gehen, da wir nächste Woche nach Südtirol fahren und sich dort immer lustige und gute Sachen finden lassen, die man den Kindern mitbringen kann. Nicht nur lustige Sachen, sondern kluge und lustige Sachen.

Aberdann: steht man kurz vor sieben vor einem geschlossenen Geschäft. Am Alex. Der Laden schließt jeden Tag um 18Uhr. Ich komme mir vor wie im Dorf.
Wir liefen dann gemeinsam nach Hause. Das sind 3,5 Kilometer. Ich dachte immer, es seien nur 2.

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Zuhause tausche ich mich mit meiner Mutter über meine Urlaubsplanung aus. Ich war so lange nicht mehr da, ich möchte etwas hochalpines unternehmen. Eine Wanderung auf mindestens 2000 Höhenmetern. 2000m ist ungefähr die Baumgrenze. Ab zweitausend Metern beginnen diese magischen Mondlandschaften. Damit meine ich nicht unbedingt die Felsen, sondern die weitläufigen, kargen Hochflächen, in denen manchmal ein Hochgebirgssee eingeschlossen ist, wo nur noch vereinzelte, niedrige Sträucher und Moose wachsen. Und Disteln, Enzian.

Vor einigen Jahren wanderte ich mit meiner Mutter vom Grödnerjoch zur Puezhütte. Das ist Kernland Dolomiten. Man muss sich dabei zuerst eine Stunde lang durch einen Felsenkamm hochmühen, aber dahinter öffnet sich diese unwirkliche, bewegte und steinige Weite. Man wähnt sich auf dem Mond. Nach drei Stunden waren wir bei der Schutzhütte unter dem Puezgipfel angelangt. Dort ass ich die besten Hirtenmakaroni der Welt. Ich war so müde. Dabei wusste ich, dass wir noch einmal drei Stunden vor uns hatten, um wieder zurück zum Grödner Joch zu gelangen.

Meine Mutter läuft und läuft. Sie macht solche Touren jedes Wochenende. Ich möchte eine Tour finden, die meine Frau auch mitmachen kann. Sie ist das grobe Gelände nicht so gewohnt und auch die Aussicht sechs Stunden lang durch Gebirge zu laufen, lässt einigen Respekt vor der eigenen Belastbarkeit aufbringen. Wenn ich mir sechs Stunden vor Augen führe, dann zweifle ich selber. Ich bin ja schon müde, wenn ich zwei Stunden durch Berlin spaziere. Vielleicht würde ich so eine Wanderung nach Puez gar nicht mehr schaffen. Muss ich im Blog mal stöbern, ob ich darüber schrieb, damit ich weiss, wann das war.

Oh.

Ich schrieb tatsächlich über die Puez-Wanderung. Lustig. Sogar mit ähnlichem Vokabular. Das war 2008, also dreizehn Jahre her. Und die Wanderung dauerte offenbar sogar sieben Stunden. Ich denke, da sind die Hirtenmakeroni nicht mit eingerechnet.

[Freitag, 10.9.2021 – italienische Botschaft, Finanzen]

Gerade festgestellt: mein Reisepass verfällt in genau 12 Tagen. Da bin ich in Südtirol.

Ich könnte den neuen Pass auch hier in der italienischen Botschaft verlängern, aber in der Botschaft werde ich immer als second-class Italiener behandelt. Das war schon immer so. In den Niederlanden, in Spanien, im Konsulat in Hamburg und auch in der berliner Botschaft. Mit jedem Kommentar, jeder Geste, wird mir zu verstehen gegeben, dass ich als Südtiroler eigentlich ja eh nicht dazugehöre. Ausserdem wird mein Name beim Aufrufen immer derart falsch ausgesprochen, dass ich mich total angegriffen fühle.

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Am Abend melde ich mich bei Trade Repulic an. Ich habe mich bisher noch nie um Aktien gekümmert. Das hat vornehmlich damit zu tun, dass mir Leute, die sich mit Aktien beschäftigen, grundsätzlich zuwider sind. Schon klar, dass das Käse ist.
Was ich aber schon länger mal machen will, ist einen monatlichen Betrag in ein ETF Fonds stecken. Über ETFs habe ich viel gehört und es ist praktisch ein Investment in den breiten Weltmarkt. Wächst die Weltwirtschaft, wächst auch das Geld, das ich einlege. Immerhin 5% pro Jahr. Geht die Welt den Bach runter, dann gehe ich zwar mit, aber dann gehen wir alle den Bach runter, wenn wir alle das gleiche Schicksal erleiden, kann ich gut damit leben.
An die Rente glaube ich nicht. An die Weltwirtschaft ein kleines bisschen mehr.

Die App macht es mir leichter. Trade Republic ist ein Startup aus Berlin. Ich bilde mir ein, diese Art von Leute zu kennen, das sind andere Leute als die, die in Frankfurt sitzen oder in münchner Vororten mit ihren BMWs nach Feierabend zu ihren Hausfrauen fahren. Nachdem ich ein paar Youtube Videos angeschaut habe, verstehe ich das ganze System ein bisschen besser. Mein Problem mit diesen Dingen ist: ich verstehe die Details nicht. Die Oberfläche kann ich erfassen, ich weiss wie Investitionen funktionieren und wie sich Anteile im Wert verändern. Aber ich blicke bei den einzelnen Interessen nicht durch. Es gibt immer Leute, die mitverdienen, die wissen, wie sie sich bereichern, auch indem sie Aktien zu Fonds verpacken und Dienste anbieten, mit denen man diese verwalten kann. Ich will wissen, was hinter diesem Versprechen der 5% Rendite hängt.

Dann registriere ich mich bei Trade Republic. Da es sich um ein Finanzprodukt handelt, muss ich seriöse Angaben machen. Bankkonto, Reisepass, etc. Per Videoschalte wird mir ein Mitarbeiter von Trade Republic dazugeholt, ich muss meinen Reispass neben meinem Gesicht halten, mit der Hand zwischen Kamera und Pass winken. Nach 10 Minuten abe ich alle eingegeben und mein Konto wird in die Überprüfung gegeben.

Eine Stunde später erhalte ich eine Mail. Da ich italienischer Staatsbürger bin, muss ich auch meine italienischen Steuernummer mitliefern. Ich weiss, dass ich sie irgendwo habe. This is serious business.

[Samstag, 11.9.2021 – Damals am 911, und heute unten an der Spree]

All die Geschichten der Leute zum 911. Halb Twitter ist voll davon. Ich mag diese Geschichten. Es was für viele ein Schockmoment, der sich anfühlte, wie das einläuten einer neuen Epoche. Ähnlich wie der Fall der Berliner Mauer. Alle Geschichten haben das gleiche Muster: etwas alltägliches passiert, dann kommt der Schock. Manche sind mit Gedanken garniert, manche beschreiben darauffolgende Handlungen.

Ich war damals die Affäre der Frau eines sehr reichen Mannes. Sie kam aus Norwegen und ihr Mann arbeitete die meiste Zeit in den USA. Ich hatte an jenem Tag früher frei genommen und fuhr mit der Bahn von Amersfoort zurück nach Utrecht. Am Abend würde ich sie treffen, ihr Mann war wieder auf Dienstreise. Zufälligerweise nicht in der USA.
Zwei Jahre vorher hatte ich in der Utrechter Innenstadt eine Art Internetcafé in einem besetzten Haus gegründet, das ich in meiner Freizeit mit einigen Freunden betrieb. Weil ich meine freie Zeit oft in dem Café verbrachte, ging ich auch an jenem Nachmittag da hin. Weil der Ort mein Bezugspunkt war und es immer Freunde gab, die ich dort traf. Eigentlich nahm ich sehr selten ein paar Stunden von meiner Arbeit frei, aber an jenem Tag tat ich es.

Als ich das besetzte Haus betrat, herrschte im Internetcafe eine seltsam aufgeregte Stimmung. Es waren viele Leute anwesend. Ein Freund rief mir vom Tresen her zu: hast du mitbekommen, was gerade passiert ist?
Ich schüttelte den Kopf.
Während ich im Zug gesessen hatte, waren offenbar zwei Flugzeuge in die beiden Türme des WTC’s geflogen. Alles brannte und rauchte. Auf den Bildschirmen flackerten überall diese Bilder. Das Internet war damals noch nicht so multimedial wie heute. Es gab noch kein Youtube, kein Facebook, kein Twitter, aber Foren waren damals ein großes Ding.
Weil wir damals noch ohne Smartphones herumliefen, und Mobiltelefone noch keine Kameras hatten, konnte man noch nicht alles per Film und Foto festhalten. Ich glaube sogar, dass Digitalkameras noch nicht auf dem Massenmarkt waren. Ich kannte zu jener Zeit einen Fotojournalisten, der mir seine Digitalkamera vorführte. Und wie schnell er jetzt Fotos verfügbar habe, weil er sich das Entwickeln der Filme spare. Er könne einfach knipsen und knipsen und knipsen. Irgendeines sei dann schon brauchbar. Das war eine unfassbare Erneuerung.

Der elfte September läutete auch das Ende der Affäre ein. Der Angriff hatte an ihrem Sicherheitsverständnis gerüttelt. Für die Welt im Allgemeinen und für sich in ihrem Leben. Während ich es lange einfach als tragischen terroristischen Akt einstufte, war es für sie, als wäre ihr Boden ins Wanken geraten.
Das kann ich alles nachvollziehen. Was uns in jenen Tagen auffiel: wir waren sehr, sehr verschieden. Mit dem elften September platze vermutlich diese rosa Blase.

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Wir hatten heute vieles zu besprechen. Wir machten einen längeren Spaziergang und setzten uns danach auf den kleinen Bunkerberg im Volkspark Friedrichshain. Es ärgert mich immer ein bisschen, wenn ich auf einem der beiden Bunkerberge sitze. Man befindet sich hier auf einer richtig schönen Anhöhe mitten in der Stadt, aber man kann nichts sehen, weil die Aussicht von Bäumen verstellt ist. Ich werte das schon seit Jahren als fehlende Dramatik der deutschen Stadtplanung. In Frankreich oder in Italien hätte man da vermutlich einen Brunnen draufgesetzt und auf den Treppen würden Liebespaare sitzen und von der großartigen Aussicht würde man Postkartenmotive malen. Aber in Deutschland stehen Bäume. Und man kann gar nichts sehen.

Später kehrten wir nach Hause, redeten weiter. Um 21Uhr beschliessen wir, noch eine Runde spazieren zu gehen. Wir laufen hinunter zur Spree. Es ist Samstagabend, Berlin ist wieder am Leben, die Kneipen, Restaurants und Imbisse sind gefüllt, Menschen sitzen draussen. Wir gehen hinunter zum Wasser, zur Oberbaumbrücke, spazieren am Ufer flussabwärts. Viele Menschen sitzen auf der Kaimauer, Touristinnen, Berlinerinnen. Auch wir setzen uns ans Ufer, strecken die Beine aus, vor uns das Wasser, auf der anderen Seite die Speicherhäuser des kreuzberger Ufers. Die Boote fahren, sie sehen wie liegende Weihnachtsbäume aus.

Kurz vor Mitternacht sind wir wieder zuhause.

[Sonntag, 12.9.2021 – Duell, Triell]

OK, jetzt geht die Saison weiter. Egal wie die Mannschaft zusammengestellt ist, ich muss es jetzt einfach geschehen lassen. Dass ich einfach geschehen lassen muss, ist ja nichts Unbekanntes.

Das Spiel läuft ungeordneter und nervöser als erwartet. Aber dennoch: wir schiessen drei Mal aufs Tor und treffen drei Mal. Und wir kassieren nur ein Tor. Dabei sind unsere Statistiken gegen den Aufsteiger Bochum so miserabel, als wären wir die Aufsteiger.
Immerhin wollte man Mentalität in der Mannschaft haben. Das scheint irgendwie passiert zu sein. Irgendwie. Die Mentalität überzeugt mich nicht so sehr, wie Mannschaften, die als kämpfendes Mentalitätskollektiv auftreten. Aber immerhin wirkt es wie einzelkämpfende Mentalität, die auf dem Platz steht. Man beisst, man kratzt.

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Nach dem Duell schauen wir das Triell.

Ich schaue das eher aus Sensationslust. Und um zu wissen, worüber die Nation da draussen spricht. Wir dürfen beide nicht in Deutschland wählen, aber dieser Voyeurismus, wenn drei Kandidatinnen um die Gunst der Nation gegeneinander antreten, ist schon eine spannende Angelegenheit. Körpersprache, Stimme, Kleidung. Der psychologische Aspekt. Es geht nicht so sehr um die Inhalte, es geht darum, wer es am besten rüberbringt.
Mit Olaf Scholz habe ich mich bisher noch nicht sonderlich beschäftigt, es ist das erste Mal, dass ich ihn sprechen höre. Die Ruhe mit der er Laschets Angriffe abwehrt ist sehr stark. Dabei wehrt er die Angriffe nicht nur ab, sondern bezichtigt ihn der Lüge oder der Manipulation. Ohne uns das Gefühl zu geben, dass er den Laschet wirklich angreift. Das ist mega. Ich denke sofort: muss ich auch lernen.

Wir sind es nicht gewohnt, lineares Fernsehen zu schauen. Wir haben keinen Anschluss, unser TV läuft mit GoogleTV und hat alle relevanten Streaming Apps. Ich habe herausgefunden, dass es auf dem Fernseher eine ARD-App gibt, mit der man auch einfach ARD übers Internet schauen kann.

Anfangs drücken wir mehrmals auf den Pausenknopf, um uns auszutauschen. Aus Gewohnheit. Wir drücken bei Filmen und Serien ständig den Pauseknopf weil wir uns über das eben Geschehene austauschen müssen. Bei Livefernsehen ist das so eine Sache. Müssen wir uns noch daran gewöhnen.

[Montag, 13.9.2021 – Frisur, großflächig tätowiert]

Wieder im Frisursalon gewesen. Der zweimonatliche Rythmus scheint gut zu sein. Heute hatte ich eine andere Friseurin zugewiesen bekommen. Sie ist neu, kommt aus Franken, wir verstehen uns auf Anhieb, plaudern die ganze Zeit über das Reisen. Nicht Gehaltvolles, aber schönes Schwärmen über Gegenden, die man kennengelernt hat.

Sie ist großflächig tätowiert. Am Hals hat sie eine Motte, vom Nacken hoch bis hinter den Ohren ein Muster, das nach Blättern aussieht. Ihre Muskulösen Oberschenkel zieren Blumen und eine Galgenszene. Eine Gruppe von schwarzen Schatten, die um einen Galgen herumstehen. Ihre Handrücken sind schwarz tätowiert. Gedeckt schwarz. Diesem gedeckten schwarz kann ich wenig abgewinnen. Ein Bekannter hat seinen ganzen rechten Arm schwarz stechen lassen. Einfach großflächig, gedeckt schwarz. Hätte ich so etwas, ich würde mich unwohl fühlen wie mit einem ewigen Sonnenbrand. Ich habe einmal zugesehen, wie das gemacht wird. Da wird mit einem breiten Nadelkamm einfach in die Fläche gestochen. Stechen, stechen, stechen, Blut weg. Stechen, stechen, stechen, Blut weg. Weil man bei solchen großflächigen Arbeiten nicht gut sehen kann wo man hinsticht, sticht man einfach die ganze Zeit auch in die Wunden.

Ich sage ihr, diese großflächigen, gedeckten Tätowierungen finde ich immer etwas hart. Tut sicherlich weh, wenn man da ewig lange in wunder Haut herumgestochen wird. Sie lacht und sagt, sie sei hart im Nehmen.
Gott, ich habe echt gefragt, ob es weh täte.

Sie schneidet anders als ihre Kolleginnen. Der Haarschnitt gerät ungewohnt kurz und etwas undercuttiger. Ich sagte im Voraus, dass ich Undercuts mag, mir diese aber nicht sehr stehen, also soll sie einfach etwas in Richtung Undercut machen ohne einen Undercut zu machen, also Seite kurzer und oben etwas länger, so wie es ihre Kolleginnen auch machen.
Es ist jetzt undercuttiger geworden. Aber es steht mir.

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Heute bin ich wieder ewig im Büro. Ein Mitarbeiter hat Redebedarf. Wir sprechen lange über die Dinge.
Eigentlich müsste ich heute anfangen zu packen, ich möchte nicht alles auf den Mittwochabend verschieben. Als ich zuhause ankomme, bin ich ausgelaugt.

[Dienstag, 14.9.2021 – Nachbarin und das Impfen]

Als ich am Abend nach Hause komme, treffe ich die Nachbarin im Hof. Sie gilt im Haus als schwierige Katzenlady, sie ist mit mehreren Leuten im Haus zerstritten. Wir beide haben ein okayes Verhältnis. Vermutlich, weil wir bisher keine kontroversen Themen hatten und innerhalb des Hauses ziemlich weit voneinander entfernt leben. Sie hat ständig und zu allem eine starke Meinung. Ich merke das Potential in einen Streit verwickelt zu werden. Aber ich werde den Teufel tun und mit einer Person, die mir wenig bedeutet, die ich aber regelmäßig treffe, in einen Streit zu geraten.

Dachte ich. Sie muss nur an die richtigen Trigger geraten.

Wir plaudern etwas locker über Corona, dass der Lockdown eigentlich gar nicht so schlimm war, dass sie sogar einen neuen Job gefunden habe, sie wollte sich ursprünglich auch impfen lassen, hat es sich dann aber kurz vor dem Impftermin anders überlegt, weil man ja nicht wisse, was da alles drin sei und das sei ja schon ein bisschen ein Feldversuch mit dem Volk und nein, das wolle sie eigentlich nicht, was ja auch okay sei, jede kann sich impfen lassen, das sei jeder selbst überlassen, aber sie habe neuerdings schon das Gefühl dazu gedrängt zu werden, von allen Seiten, das fände sie nicht fair und das liesse sie sich nicht gefallen.
Ich sage, ja aber je mehr Menschen sich impfen liessen, desto eher sei die Pandemie vorbei bzw desto eher könne man Mutanten verhindern, die auch mich als Geimpften wieder gefährden würde und dass das Spiel dann ja wiede von vorne beginne, etc.
Sie sagte, das sei doch alles gar nicht bewiesen-

Und so bekamen wir innerhalb einer Minute Puls.

Ich hatte nicht die psychologischen Werkzeuge um aus diesem Ärgernis rauszukommen. Als sie über die vom Kapitalismus und Pharmafirmen gesteuerten Wissenschaft sprach stand ich kurz vor einer Beschimpfung. Auch sie wurde aggressiver, ich hatte aber auch das Gefühl, dass sie sich mit dem neuen Tonfall nicht wohl fühlte. Sie hatte vermutlich auch keine Werkzeuge, aus dieser Kiste zu entfliehen. Sie sagte etwas über ihre Ärztin, dass sie sich lange mit der unterhalten habe, dann unterbrach ich sie: bei welcher Ärztin bist du? Auch bei Frau Soundso bei uns um die Ecke?
Sie sagte: Ja. Und ich sagte: Jaaa. Ich auch.
Und dann begannen wir über unsere Hausärztin zu schwärmen. Als wäre vorher nichts gewesen.

Ich muss sie ja nicht missionieren.

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Ich war wieder so müde, dass ich nicht zum Packen kam. Morgen ist der letzte Abend an dem ich die Reise vorbereiten kann.

[Mittwoch, 15.92021 – packen]

Heute habe ich nur gearbeitet und gepackt.
Mittags habe ich fünf riesige Karotten gegessen. Das möchte ich hier im Logbuch stehen haben.

Morgen fahre ich mit dem gepackten Auto in die Firma und wir brechen am frühen Nachmittag auf um Richtung Süden zu fahren. Wir werden in einem fränkischen Dorf übernachten. Leider schließen die Restaurants dort um 20Uhr. Das wird etwas knapp. Und es gibt nichts besseres, als nach mehreren Autostunden im Hotel anzukommen und ein frisches, fränkischen Bier sowie eine wohlriechende Speise vor die Nase gesetzt zu bekommen.