Die Reise lief ziemlich so, wie geplant. Wir starteten kurz nach 14Uhr und erreichten Greding um 19:30. Das Restaurant schloss erst um 20:30, wir hatten also noch etwas Zeit ein Bier und etwas zu essen zu bestellen. Weil ich mir ein Gefühl der Belohnung erarbeitet hatte, griff ich zu einem großen, fränkischen Hellen und eine Gordon Bleu.
Nach dem Essen spazierten wir noch ein bisschen durch das Städtchen. Es ist ein angenehmer, kühler Herbstabend. Greding ist gar nicht so klein wie es auf dem ersten Blick aussieht. Wenn man von der Autobahn abfährt, ist man eine halbe Minute später bereits auf dem Marktplatz. Aber trotzdem bekommt man nichts von der Autobahn mit. Greding zieht sich vom Marktplatz entlang eines Hanges so hinauf. Und hat 7000 Einwohner. Hätte ich nicht gedacht.
Wir laufen über den Martkplatz, eine Ansammlung von alten Häusern mit spitzen Giebeln. Manche haben Treppengiebeln. Greding sieht aus, als wäre es mal ein wichtiger Ort gewesen, aber wenn man sich den Wikipediaeintrag durchnimmt, dann steht unter Geschichte ziemlich nichts erzählenswertes. Der Abschnitt „Verkehr“ is doppelt so lang und behandelt die Autobahnabfahrt.
Die Kirche befindet sich ein ganzes Stück oberhalb des Marktplatzes. Es ist schon dunkel und es sieht nicht einladend aus, wie die Kirche da oben feindselig aber abwesend auf uns herunterschaut, sie erinnert mich an Kafkas Schloss. Wir beschliessen, am nächsten Morgen hinaufzugehen. Nach dem Frühstück. Nach dem Essen ruhn oder tausend Schritte tun. Wenn es mir passt, dann es mir passt, dann nehme ich Sprüche ernst.
Am nächsten Morgen steigen wir die Anhöhe hinauf. Wir laufen über Friendhof. Das habe ich als Kathole gelernt. Wir laufen immer über Friedhöfe. Ich weiss nicht, warum. Dann nehmen wir Fotos und schauen auf die Stadt hinunter. Da oben versteht man die Struktur des Ortes, man sieht, wie die Autobahn den Ort flankiert. Ich verstehe sofort, warum man in Wikipedia so viel darüber schreibt.
Gegen 11 Uhr fahren wir los. Wir haben 5 Autostunden bis Meran vor uns. Fast meine ganze Familie wohnt mittlerweile in Meran, wo auch die meisten meiner verbliebenen Freunde wohnen. Es ist besser so. Mein Vater wohnt noch im Dorf, das ist immer sehr weit weg von allem.
Am Nachmittag kommen wir an. Wir hatten „Live Location“ in Whatsapp an. Die Neffen hatten das genau verfolgt und warteten schon zwei Kreuzungen vor ihrem Haus auf uns.
Nachher gehen wir zu Smorfia. Das ist eine Pizzeria am Rande der Altstadt. Smorfia heisst Grimasse und sie machen napolitanische Pizza. Das Smorfia war das erste Lokal in Südtirol, das keine Industriebiere servierte, sondern von einer kleinen Brauerei aus der Toskana.
Mittlerweile haben sie das aber aufgeweicht. Sie haben noch eine Bionda von besagter Brauerei und sonst das übliche Forstbier und irgendein Weizen aus Bayern. Die Bionda schmeckt mir nicht, es ist dem belgischen „Blonde“ nachgeahmt und mir zu säuerlich. Deshalb bestelle ich ein Forstbier hinterher.
Von den zwei Bieren und der Pizza bin ich platt. Aber meine Mutter ist in Plauderstimmung. Wir sitzen nachher noch bis halb zwei Uhr bei ihr am Wohnzimmertisch.
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Am nächsten Tag schlafe ich lange, bis zehn Uhr. Dann frühstücken wir und gehen zu meiner Schwester. Auch dort gibt es Frühstück. Dort gibt es anderes Brot und andere Käses. Also frühstücke ich ein zweites Mal.
Eigentlich wollten wir heute nach Gardaland, dem Vergnügungspark am südlichen Ende des Gardasees, fahren. Es zieht aber gerade ein großes Unwetter über Norditalien her. In Mailand herrscht Notzustand. Am Gardasee regnet es nur. Aber alle Beteiligten entscheiden sich gegen die Fahrt. Mich hält Regen ja selten von etwas ab, aber Regen im Vergnügungspark ist nur so halb, das sehe ich schon ein.
Dafür lädt uns die kleinere der beiden Schwestern in den Escaperoom Meran ein. Ich liebe Escaperooms. Der Escaperoom ist in einem entweihten Nonnenkloster in der ALtstadt eingebaut. Es gibt zwei Räume, ein Raum bespielt eine Detektivgeschichte. Da wir drei Kinder dabei haben, wählen wir den anderen Raum, der ist etwas einfacher und behandelt die Deciffrierung des Voynich Manuskriptes.
Wir sind zu sechst, haben viel Spass, sind aber etwas chaotisch und schaffen es natürlich nicht, das Rätsel innerhalb der vorgegebenen 60 Minuten zu lösen. Der Quizmaster lässt uns aber etwas mehr Zeit. Nach zwanzig Extraminuten, knacken wir das Rätsel.
Danach machen wir Meran-Sachen. Wir spazieren auf der Kurpromenade und gehen zu Mediamarkt. Mit den Kids Mediamarkt gehen, ist immer sehr unterhaltsam. Wir haben nie einen Plan, hängen aber immer lange herum. Am Ende sitzen wir in der Gamer-Ecke auf vier Gamer Sesseln im Kreis und quatschen lustiges Zeug.
Danach ist schon Abendessen und wir schauen eine Familienkomödie (Game Night). Ich vergesse immer, wie viel im Fernsehen über Sex geredet wird. Das bekommt man erst mit, wenn Kinder neben einem sitzen und man sich ständig denkt, was die wohl gerade denken. Als Kind und Jugendlicher fand ich es immer schlimm, Erwachsene neben mir zu haben, wenn Leute im TV knutschten oder Sex hatten.
Die Kinder (10, 12, 13) ignorierten das alles vornehm.