[Sonntag, 29.8.2021 – Schiffshebewerk, Brandenburg, Eberswalde]

Wir hatten gestern beschlossen, heute nach Niederfinow zu fahren und das Schiffshebewerk anzuschauen. Ich war vor einigen Jahren einmal da und fand das ein beeindruckendes Bauwerk. Es ist ein Bauwerk im Geiste von Gustave Eiffel. Schiffe fahren in dieses Metallgerüst hinein. Dort befindet sich eine riesige Wasserwanne. Diese Wasserwanne wird dann 36 Meter hochgehoben und oben angekommen, werden die Schiffe wieder in den da wartenden Kanal in Richtung Havel/Elbe entlassen. Man kann schräg unter diesem Bauwerk stehen und der Maschine beim Heben und Senken der Wanne zuschauen oder man kann auch eine Führung buchen, bei der man in das Bauwerk und oben an der Balustrade gehen kann. Wir beließen es dabei, die Maschine von unten zu bestaunen. Die Kraft die man da in Bewegung ziehen sieht.

Es regnet. Der ganze Tag soll mit Regen durchzogen sein. Es ist dieser schöne Spätsommerregen. Nicht zu sehr, aber immer ein bisschen präsent, an der Windschutzscheibe, an den Unterschenkeln. Manchmal geht der Himmel auf und diese sanfte Sonne scheint durch. Manchmal muss man kurz unterstehen.

Wald.

Ich erkläre meinem Schwiegervater Brandenburg. Dabei sage ich, dass es in Brandenburg kein Internet gibt. Demonstrativ zeige ich auf meine Telefon, auf dem tatsächlich kein Netz gefunden wird. Außerdem erzähle ich, dass hier Wölfe wohnen und betrunkene Männer nachts in die Allee gurken. Die Alleen sind schön, da sind wir uns einig. Überhaupt: ich habe ja positive Gefühle für Brandenburg. Ich mag diese märkischen Dörfer, diese langgezogenen Straßen, an denen sich die alten Häuser reihen wie an einer Perlenkette, dann in der Mitte der Anger mit einer steinernen Kirche und danach wieder die Perlenkette. Diese steinernen Kirchen in Brandenburg. Meist in romanischem Stil. Diese Dörfer müssen alle in der selben Epoche entstanden sein. Zwölfhundert, Dreizehnhundert, die Zeit in der Berlin auch entstand.
Ab und zu hat eines dieser Dörfer ein Geschäft. Das sticht dann regelrecht ins Auge.

Wir fahren nach Eberswalde. Das neue Boomtown. Weil schön und gut erreichbar aus Berlin. Familien ziehen hier her. Ich kann es verstehen, Eberswalde wirkt wirklich lebenswert. Wir kehren in der „Alten Brauerei“ ein, weil wir etwas essen wollen. Mit so Namen wie „Alte Brauerei“ kriegt man mich immer. Ich esse ein Rindergulsch in Schwarzbiersauce mit Eierspätzle. Schmeckt OK. Leider haben sie kein eigenes Bier, sondern eine kleine sächsische Marke. Schmeckt aber auch.

Auf dem Rückweg, in Berlin gibt es Stau. Die Danziger ist komplett von Coronaspinnern verstopft. Eine wilde Mischung von Menschen aus unterschiedlichen politischen Spektren, die den Begriff Freiheit nicht verstehen und behaupten, sie seien das Volk.

[Montag, 30.8.2021 – Ewiger Herbst, Pesto]

Es ist wieder Montag.

Dieser Herbst, der im Juni begann. Übermorgen beginnen drei weitere Herbstmonate.

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Am Abend komme ich nach Hause. Ich mache Pesto für uns und die Gäste. Ich habe in meiner Schwiegerfamilie den Ruf, den besten Pesto der Welt zu machen. Manchmal fürchte ich, man will nur nett zu mir sein. Ich schmeisse nur Basilikum, Pinienkerne und Knoblauch zusammen. Dabei folge ich keinem Leitfaden, oder keinen vorgeschriebenen Mengen. Meine Pesti sind in Wirklichkeit jedes Mal anders. Manchmal gebe ich ein bisschen Ziegenkäse dazu. Oder auch Feta. Manchmal sogar frische Tomaten. Das mit den Tomaten habe ich aber wieder gelassen, da es auf geteiltes Echo stiess. Wenn ich schon Mal einen guten Ruf habe, muss ich es nicht gleich aufs Spiel setzen.

[Dienstag, 31.9.2021 – das Transferfenster]

Ich versuche hier mal ganz nüchtern den Transfertag zu dokumentieren. Ganz nüchtern, weil ich mich von einer gewissen Panik nicht ganz befreien kann.

Heute ist der letzte Tag des Transferfensters. Das bedeutet, dass nur noch bis 18Uhr neue Spieler verpflichtet werden können. Die Sportführung spricht ganz offen darüber, dass noch drei oder vier Verstärkungen gesucht werden. Vor allem in der Offensive, da wir praktisch die gesamte Offensive verkauft haben und diese bisher nicht wirklich überzeugend nachbesetzt haben. Außerdem sind regelmässige Schwächen auf beiden defensiven Aussenpositionen festgestellt worden. Weil so offen über diesen Wunsch gesprochen wird und der Verein das erste Mal Geld auf dem Konto hat und jetzt mit den neuen beiden Geschäftsführern professionell arbeiten will, sind die Erwartungen entsprechend hoch.

An so einem Tag, der seit einigen Jahren Deadlineday genannt wird, ist man als Fan naturgemäß etwas aufgeregt und wenn Transfers angekündigt werden, sitzt man eigentlich den ganzen Tag mit einem Auge auf Socialmedia und den Transfernews.

Noch am Vormittag wird Myziane Maolida, ein bereits erwarteter Neuzugang aus Nizza, angekündigt. Herthabsc veröffentlicht auf Twitter einen Ladebalken und vermeldet: 22%. Die Prozentzahl könnte bedeuten, dass bis sechs Uhr noch vier weitere Spieler angekündigt werden.
Der Tag tickt sich durch die Sekunden, Minuten, Stunden. Die Chats, Facebook und Twitter werden immer nervöser. Aber mit dieser Mischung aus Zutrauen und Panik. Leute, die einander beruhigen und Leute, die Panik schieben, Leute die Gerüchte posten, Leute, die Witze machen.

Die Uhr geht unaufhaltsam auf sechs Uhr zu. Dann wird es sechs Uhr, nichts passiert. Es kann natürlich sein, dass Transfers vollzogen, aber nur noch nicht angekündigt wurden. Die Stimmung wird überall düsterer, die Zyniker werden lauter. Sieben Uhr, nichts passiert, acht Uhr, nichts passiert. Die Medienabteilung des Vereines ist verstummt.

Meine Fussballfreundinnen zerstreiten sich, sind verstört, auch darüber, wie andere Menschen mit dieser Enttäuschung umgehen.
Unter vielen Fans herrscht immer mehr Panik. Wir haben alle ersten 3 Spiele verloren und haben jetzt unsere besten Offensivleute verkauft. Außerdem klappte unsere Abwehr in diesen ersten drei Spielen nicht mehr.
Ich beschließe, mich mit anderen Dingen zu beschäftigen, schaue aber alle 10 Minuten in die Chats und auf Twitter. Dunkle Wolken.

Gegen 23 Uhr gibt es dann eine Ankündigung. Man sieht den ominösen Ladenbalken auf 86%. Es handelt sich um den Abgang eines jungen Spielers, den wir vor drei Jahren als niederländisches Talent verpoflichtet hatten. In der Hoffnung, dass er uns in zweidrei Jahren einmal weiterhelfen würde. Tat er nicht. Jetzt geht er leihweise zurück in die Niederlande.

Es wird also zu 14% noch etwas passieren. Ich glaube nicht, dass es etwas sein wird, das mir Hoffnung gibt. Ich lege mich schlafen.

Mitten in der Nacht werde ich wach. Es ist 2 Uhr. Ich schaue auf mein Telefon. Es ist eine weitere Ankündigung. Jetzt steht der Ladebalken auf 100%. Javairo Dilrosun wird uns verlassen indem er leihweise nach Bordeaux wechselt. Ein weiterer Offensiver.

Auf Twitter gibt es auch ein Statement vond er sportlichen Führung, ich lese etwas von wohlüberlegt und dass man lieber etwas aktiver gewesen wäre. Daraufhin lege ich das Telefon weg.

Ich habe das eh nicht in der Hand, was passiert, ich muss mich dem Schicksal hingeben, das gehört zu meinem Schicksal als Fan. Es ist immer noch Unterhaltung. Die Verantwortlichen wissen sicherlich was sie tun. So sage ich das mir.

[Mittwoch, 1.9.2021 – Mannschaftsaufstellungen im Halbschlaf, dreister Biergarten]

Ich schlief schlecht wegen des gestrigen Transfergeschehens in meinem Verein. Eigentlich total lächerlich. Ich wachte mehrmals auf und hatte mich gedanklich in Spielsystemen verheddert. Wer auf welcher Position spielen sollte und wie man auf Ausfälle adäquat reagieren könne. Im Halbschlaf konnte ich Spieler vom FC Köln bei uns in den Kader einbauen. Spieler die dort eher zweite Wahl sind. Keine Ahnung warum gerade aus Köln.

Es hat mir total zugesetzt.

Am Abend treffe ich frühere Kolleginnen. Wir sind noch ein kleiner Kreis von Kolleginnen, die sich immer noch treffen. Dabei arbeiten wir seit etwa 11 oder 12 Jahren nicht mehr in dieser Konstellation zusammen. Die Gruppe ist über die Jahre natürlich kleiner geworden, aber es ist eine gewisser verbindlicher Kern geblieben. Einer der Exkolleginnen ist Herthaner (ha, hier wird das generische Femmininum interessant), und wir bleiben uns schon deswegen verbunden. Aber nicht nur.
Andere sind nicht mehr dabei, einer ist zB Coronaleugner geworden und ist mittlerweile düstere, rechte Abhänge hinuntergerutscht. Der will nach einem wüsten Streit in unserer Whatsapp Gruppe, in der es über die Gefährlichkeit von Corona ging, mit uns nichts mehr zu tun haben.
Lustigerweise habe ich einige frühere Weggefährten an Corona verloren. Bei einigen ist es immer irgendwie auf der Kippe. Einige sind aber vollends in diese Echokeller hinuntergstiegen, den sie vermutlich nicht mehr verlassen werden.

Aber zurück zur Gruppe mit den Exkolleginnen. Wir treffen uns, wie fast immer, im BRLO Biergarten am Gleisdreieck. Das BRLO hat viele gute Seiten, zum einen ist es ein gut erreichbarer Biergarten mit okayem Bier (das Bier ist nur okay und nicht gut). Aber es ist eine unverschämte Gelddruckmaschine. Was mich neben den ziemlich überteuerten Preisen (bei Selbstbedienung) am meisten stört, ist dass man jetzt offenbar das Toilettenbusiness outgesourced hat. Es steht tatsächlich eine Frau am Eingang der Toiletten, bei der man Geld auf einen Teller schmeissen soll. Wie auf der Autobahn. Das BRLO ist wohlgemerkt eine Gaststätte. Um dem BRLO steht sogar ein fest installierter Zaun.
Klar kann es sein, dass mal ab und zu mal jemand vom Park sich reinschleicht und die Toiletten benutzt, dass man das mit einer Toilettenfrau löst und die Toilette für Gäste faktisch kostenpflichtig macht, finde ich sehr dreist. Und natürlich zahlen die meisten Menschen. Die meisten Menschen gehen ungerne an einer Toilettendame vorbei, ohne die 50 cent zu bezahlen.
Ich habe heute aber nicht bezahlt. Ich habe zu der Frau gesagt, es täte mir leid für sie, aber ich sehe nicht ein, dass ich hier als zahlender Gast noch einmal extra für die Toilette bezahlen soll. Ich denke nicht, dass sie meine Beweggründe verstanden hat, aber das ist mir egal.
Mich regt diese Dreistigkeit so auf, dass ich kurz davor bin, ganz Tripadvisor und Googlemaps damit vollzuschreiben.

[Donnerstag, 2.9.2021]

Wegen des Bahnstreiks brachte ich meine Frau frühmorgens mit dem Auto nach Potsdam. Sie musste um 9 Uhr da sein und weil ich damit rechnete, dass wegen den Streiks die ganze Stadt verstopft sein würde, plante ich extra Zeit ein und ich sagte alle Meetings am Vormittag ab bzw ich sagte allen, dass ich erst spät ins Büro kommen würde. Statt 50 Minuten plante ich zwei Stunden ein. Man weiss nie.

Wir flutschten dann nach Potsdam als wäre ganz Berlin zuhause geblieben. Das ist vielleicht auch ein neues Phänomen, das Corona uns gebracht hat. Wenn die Bahn streikt, dann weiss man mittlerweile wie Homeoffice funktioniert.
Wir waren dann eine Stunde zu früh in Potsdam und da ich gleich wieder zurück nach Berlin fuhr, war ich so früh im Büro wie noch nie.
Als die Menschen nach und nach ins Büro hereintröpfelten, grüßten sie mich alle überrascht. Möglicherweise hatte ich ein Riesentheater um meine Fahrt nach Potsdam gemacht.

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Später am Tag, als ich nach Hause fahre, vollziehe ich zum ersten Mal in meinem Leben eine Vollbremsung. Ich konnte das bisher nur in den Fahrstunden vor einigen Jahren üben und ich wusste nie, wie ich im richtigen Leben auf solche Situationen reagieren würde, ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich Zweifel daran hatte, dass ich das Pedal richtig hart durchdrücke und gleichzeitig an die Kupplung denke.

Heute fuhr ich über den südlichen Teil der Friedrichsstrasse. Das ist der Teil auf dem man Vorfahrt hat. Dann kommt ein Auto von links und nimmt mir die Vorfahrt. Ich trete voll auf Kupplung und Bremse, so dass man das trrr trrr des ABS Systems spürt.
Beide Autos kamen zum Stillstand, weil auch der andere Fahrer eine Vollbremsung hinlegte.
Ich regte mich ziemlich auf, gestikulierte mit dem Finger und zeigte ihm die Vorfahrtsrichtung und hielt den Finger an meine Schläfe. Dennoch merkte ich schnell, dass die Aufregung etwas gekünstelt war, da ich mich total darüber freute, wie reflexartig und gut ich die Vollbremsung hingelegt hatte.
Ich fuhr gleich weiter und hatte die ganze Zeit ein inneres Yayyy in mir.

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Dennoch: ich trage derzeit eine bisher ungekannte schlechte Laune in mir. Schon seit ein paar Tagen. Ich muss mich regelrecht anstrengen, diese Laune nicht ständig nach aussen zu tragen. Ich schaffe es nicht immer, aber ich kenne das so auch nicht von mir.

[Freitag, 3.9.2021 – Melancholin, Bibimbap]

Da ich es momentan nicht schaffe, mir Essen von zuhause mitzubringen, gehe ich schon seit Tagen zu den Foodtrucks in der Varian-Fry-Strasse am Potsdamer Platz, um mein Mittagessen zu verspeisen. Im Laufe der Pandemie habe ich gemerkt, dass ich unheimlich viel Geld spare, wenn ich mir das Essen zuhause zubereite und nicht jeden Tag irgendwo draussen zu Mittag esse. Bis Corona hatte noch nie Essen von zuhause mitgenommen, auch nicht in meinen Zwanzigern, vielleicht habe ich deswegen kein Geld auf meinem Konto. Die Erkenntnis ist nicht uninteressant, es sind immerhin 5 bis 10 Euro pro Tag, auf den Monat hochgerechnet, sind das gerne mal 200 Euro. Ausserdem nehme ich davon ab.

Aber da ich es in dieser Woche nicht hinbekam, mir zuhause Essen zuzubereiten, ging ich jeden Tag zu den Foodtrucks und an dieser Stelle möchte ich dokumentieren: Bibimbap ist eine total tolle Speise. Ich kannte das vorher nicht. Laut Wikipedia ist es eine koreanische Reste-Essen Speise. Reis mit irgendwas. Reis mit Scheiss, wenn man will.
Das „Bibimbap – Honey BBQ Beef“ ist aber eine richtig geile Sache.

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Abends bin ich momentan immer etwas geschlaucht. Eine gute Geschlauchtheit immerhin, aber abends bin ich dafür sehr müde, was mich wiederum früh ins Bett bringt und ich dadurch lange schlafe.

Gestern nahm ich Melancholin. So nenne ich das. Es ist eigentlich Melatonin. Aber weil meine Augen so schläfrig werden, fiel mir spontan Melancholin ein. Müdigkeit hat natürlich wenig mit Melancholie zu tun, aber you know.

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Heute am späten Abend besprechen wir in einem kleineren Chat einen Text, der demnächst im Blog des Fanclubs online gehen soll. Der Text enthält einige Passagen, die mich persönlich etwas ärgern. Ich finde aber, dass der Text veröffentlicht werden soll, er ärgert mich aus Leserinnenperspektive und nicht aus der Perspektive für mich als Redakteurin. Je länger wir darüber diskutieren, desto hitziger wird die Diskussion. Irgendwas triggert mich sehr an diesem Text.

[Samstag, 4.9.2021 – Brautführertext, Zweifarbigkeit bei kurzen Hosen, unteilbar]

Heute überarbeitete ich lange diesen lustigen, alten Text über die Hochzeit meiner Schwester. In Teilen schrieb ich ihn sogar neu. Ich werde ihn am Sonntag oder Montag online stellen.

Der Text ist aus 2007. Es ist interessant, wie einige Passagen aus dem Text antiquiert wirken. Nicht stilistisch, sondern die Umstände. Meine Schwester würde heute nicht mehr so heiraten. Ausserdem habe ich mittlerweile einen Führerschein.

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Ich trage ja erst seit 9 Wochen kurze Hosen. Man sagte mir, dass ich hier im Blog bestimmte Informationen wiederholen müsse, weil neue Leserinnen viele Vorgeschichten nicht kennen und dadurch den Zusammenhang nicht verstehen. Also.
Ich tragen jedenfalls erst seit 9 Wochen kurze Hosen. Seitdem kann ich mir nichts anderes vorstellen. Allerdings fällt mir auf, dass meine Beine seitdem zweifabrig sind. Von unten bis über den Knien sind sie leicht sonnengebräunt und darüber mozarellaweiss. In etwa wie Tshirtlinien. Solange ich Hosen trage, ist das kein Problem, aber wenn ich unbekleidet vor dem Spiegel stehe, sieht es doch ein bisschen seltsam aus.
Ich fragte meine Frau, wie Frauen das machen. Frauen, die Röcke tragen müssen genau dieses Problem ja ständig haben. Sie schüttelt aber nur den Kopf und sagt, sie habe das Problem mit der Zweifarbigkeit nicht. Ende der Aufklärung.

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Vor einigen Wochen hatte ich geplant, auf die #unteilbar Demo zu gehen. Später habe ich es mir anders überlegt. Aus Gründen. Die werde ich ein andermal aufschreiben.
In 2018 war das eines der wichtigsten Demonstartionsereignisse Deutschlands. Dieser spontane, imposante Auftritt einer Viertelmillion Menschen, so etwas wie eine Machtdemonstration gegen diese zunehmend feindlich werdende Welt der Trumpisten und AfD, ein mächtiges „Hier sind wir und wir sind mehr“. Das war ein wichtiges Signal.

[Sonntag, 5.9.2021 – Parkbänke, Kilos unter den Rippen]

An dem Brautführertext weitergearbeitet. Jetzt gefällt er mir wesentlich besser. Dann ging er online. Siehe voriger Eintrag.

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Gestern bin ich noch spät am Abend in den Supermarkt gegangen um Toilettenpapier zu kaufen. Heute früh dann die Erkenntnis: wir haben immer noch kein Toilettenpapier. Ich habe zwar alles mögliche gekauft, aber nicht Toilettenpapier. Jetzt wo die Spätis am Sonntag nicht mehr öffnen dürfen fühlt man sich echt wie auf dem Dorf. Auf einem Dorf ohne Klopapier.

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Am Nachmittag machen wir einen langen Spaziergang, auf dem Rückweg gehen wir durch den Volkspark Friedrichshain, durch die Südseite, zwischen den beiden Bunkerbergen, am See. Dort saßen wir vor einigen Monaten einmal, ich hatte bestimmt darüber geschrieben, aber ich bin zu faul jetzt danach zu suchen. Es gab eine einzige freie Parkbank und es war genau jene Parkbank, auf der wir damals gesessen hatten.
Das fanden wir so lustig, dass wir uns hinsetzten.

Das Gute an Parkbänken ist, dass man das Gleiche machen kann, wie wenn man aus dem Fenster auf die Strasse schaut, aber es sieht nicht aus, als wäre man alt und ohne ein eigenes Leben, sondern man sitzt halt cool auf einer Bank. Punkt.

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Ich nehme zur Zeit wieder zu. Von den 18 Kilos die ich abgenommen habe, sind 7 wieder unter die Rippen gekrochen. Seit der Schwedenreise habe ich mein Essensverhalten nicht mehr im Griff. Das macht mich fertig. Heute habe ich wieder vorsorglich Kohl und Haferreis für die ganze Woche gekocht. Ende nächster Woche fahre ich nach Südtirol, das erste Mal seit fast zwei Jahren. Eigentlich wollte ich da als schlanker Bergbursche auftauchen und alle so woah, bist du dünn geworden. Jetzt sieht man mir es nicht mehr an.

[Montag, 6.9.2021 – Altes Telefon, Schwedenfilm]

Wieder ein sehr geschäftiger Abend, an dem ich hunderttausend Dinge mache und vorm Schlafengehen nicht mehr genau weiss, was ich getan habe. Immerhin erfolgreich Toilettenpapier gekauft. Allerdings wieder erst in der letzten Minute. Ich war bereits auf dem Weg zu den Kassen, als mir der eigentliche Grund meines Supermarktbesuches wieder einfiel.

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Das Telefon, das ich letzten Sommer meinem Neffen geschenkt habe, lässt sich tatsächlich nicht mehr wiederbeleben. Er hat jetzt von seinem Bruder ein gebrauchtes Mittelklasse-Samsung bekommen, das er vorerst benutzt. Aber er hatte vorher mein altes Oneplus6T. Er ist zwar erst 11, aber versteht, dass das ein riesiger Rückschritt ist. Seinen Geschwistern ist das alles ziemlich egal, aber er ist sehr Technik affin.

Wir tauschen uns über Whatsapp aus. Nächste Woche fahre ich nach Südtirol. Ich erinnere mich an das ältere Oneplus 3T, das ich hier noch rumliegen habe. Er staunt immer über solche Sachen. Dass ich einfach so ein Oneplus 3T herumliegen habe. Wenn er bei mir zu Besuch ist, dann verbringt er die erste Stunde immer damit, in meinen Schubladen und Schränken zu schauen und Fragen zu stellen. Wofür ich diesen Laptop verwenden und wofür diesen und wofür diesen. Die Antworten, die ich dazu gebe, sind auch für mich nicht immer schlüssig. Mittlerweile habe ich aber alles Geräte ihm und seinen Geschwistern geschenkt.

Aber das Oneplus 3T noch. Das bringe ich dann mit.

Als ich so durch die Geräte stöberte, hielt ich auch eines der Raspberry Pi’s in der Hand und dann fällt mir plötzlich ein, wie ich das Problem meines Schwedenfilms lösen kann.

Mein Schwedenfilm. Dabei will ich folgendes tun:
Das Sommerhaus meiner Schwiegerfamilie ist ja nur ein bis zwei Monate lang im Sommer bewohnt. Für den Rest des Jahres wird das ganze Grundstück total der Wildernis überlassen. Ich wollte auf dem Dach der Scheune eine Kamera montieren, die einmal pro Stunde ein Foto aufnimmt. Ein ganzes Jahr lang.
Die Schwierigkeit dabei ist vor allem der Strom. Ende August wird da der Strom abgeschaltet und es gibt keinen Akku, der ein ganzes Jahr lang durchhält. Deswegen muss ich mir etwas anderes einfallen lassen. Das naheliegendste ist natürlich ein kleines Sonnenpaneel, was in den hellen Jahreszeiten sicherlich genug Strom produziert, aber im Dezember sind die Sonnenstunden in Schweden eher so einstellig. Und ob der Lichtball, der sich kurz am Horizont blicken lässt, ausreicht um die Kamera zu betreiben, bezweifle ich.

Wie ich dieses Problem löse, weiss ich noch nicht. Aber als ich den Raspi in der Hand hielt, fiel mir ein: das könnte die Grundlage sein. Ein Raspi und eine Webcam, die ich in ein Plastikgehäuse unterbringe.

Ich habe öfter versucht, danach zu googlen, ob andere Menschen auch so etwas gebaut haben, ich wurde aber nie fündig. Es gibt Firmen die sich auf so etwas spezialisiert haben, die bieten teure Lösungen für beispielsweise Langzeit-Baustellendokumentationen an. Aber ich will ja keine teure Lösung.
Aber jetzt wo ich den Raspi in der Hand hielt fiel mir ein: ergänze deine Googlesuchen doch mal um den Begriff Raspberry Pi. Und da wurde ich fündig. Ich bin nicht der einzige, der so etwas machen will. Allerdings habe ich andere Probleme als die. Ein Kanadier hat beispielsweise Wlan von Nachbarn verfügbar, das entfällt bei mir.
Aber ich habe noch Zeit bis April. Im April werden wir für eine Woche in das Haus fahren.

[Dienstag, 7.9.2021 – Senderadius, Mezes]

Für längere Telefongespräche gehe ich manchmal aus dem Büro raus und bummle dabei ein wenig am Potsdamer Platz herum. Damit ich ein bisschen rauskomme. Aber auch um einfach mal einen Kulissenwechsel zu vollziehen. Manchmal sitze ich auch auf dieser langgezogenen Wiese südlich des Platzes.
Heute zum Beispiel.
Dabei telefoniere ich mit einem Bluetooth Headset und habe das Telefon in der Jacken- oder Hosentasche. 10 Minuten vor zwei Uhr merkte ich, dass in in 10 Minuten am Schreibtisch sitzen muss, also stehe ich auf und bewege mich in Richtung Büro. Mein Gesprächspartner redet, die Verbindung wird hakeliger und stotteriger. Das Telefon hat wahrscheinlich ein Verbindungsproblem, also klopfe ich meinen Oberschenkel ab und meinen seitlichen Bauch um mein Telefon zu suchen. Aber ich finde es nicht. Kein Telefon. Es macht sich eine seltsame, leicht panische Verlustangst bemerkbar, weil ich ahne, dass ich mein Telefon irgendwo verloren habe und ich jetzt an den Rand seines Sendungsradiusses gelangt bin, wie am Rand des Sonnensystems, wo die Sonne ihre letzten paar wärmenden Strahlen hinschickt. Das Telefon liegt irgendwo weit weg und sendet. Bei mir kommen nur noch einzelne Wortfetzen an. Also gehe ich zurück zu dem Fleck im Grass, an dem ich gesessen hatte. Die Stimme wird wieder klarer, unterbrechungsfreier. Im Gras sehe ich dann auch wieder mein geschätzes, schwarzes Ding liegen.

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Am Abend gehe ich mit Kolleginnen ins „No Bananas“ an der Ecke Dieffenbach/Grimmstrasse. Levantinische Mezes und auch größere Speisen. Weil ich schon drei Biere getrunken habe und schon ewig wissen will, wie man Mezes korrekt ausspricht und auch die anderen sich die Frage stellten, fragte ich einfach nach. Man spricht es aus wie Moses. Moses, der Typ, der das Meer teilte.

Das Hummus ist mir zu wenig cremig, aber diese weisse Käsepaste mit Feigen ist echt umwerfend.