[Mo, 7.4.2025 – Sportkleidung, Fitnessstudio]

Weil ich jetzt weiss, dass ihr im Bett alle Kleidung trägt, liege ich nun nachts wach und denke daran, dass ihr im Bett alle Kleidung trägt.

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Weil ich mich heute im Fitnessstudio anmelden wollte, ging ich in die Eastside-Mall zu Intersport, um passende Kleidung anzuschaffen. Auf der FitX Webseite stand nämlich, dass man Sportkleidung und Sportschuhe benötigt. Ich besitze Sneakers und Hosen, die als Jogginghosen durchgehen. Bei meiner Morgenrunde auf der Hundewiese klärte man mich jedoch auf, dass man da schon eigene Kleidung trägt. Strassenschuhe sind in der Regel nicht erlaubt und in gewöhnlicher Baumwollkleidung geräte man schnell ins Schwitzen. Also ging ich zu Intersport. Als ich mir aber ein Überblick über das Angebot machen wollte, merkte ich schnell, dass ich keine Ahnung von den verschiedenen Kategorien habe. Neben „Outdoor“ und „Fussball“ wusste ich mich immerhin in „Sport“, „Laufen“ und „Training“ einzusortieren. Wo da genau die Unterschiede liegen, konnte ich aber nicht erkennen. Und wie es in diesen Läden immer ist, gibt es dort nie Internet. Zumindest nicht mehr, seit ich bei einem Billiganbieter bin. Also ging ich zur erstbesten Verkäuferin und sagte: Ich melde mich heute im Fitnessstudio an und brauche ein Oberteil, eine Hose und Schuhe.

Sie wusste genau, was ich brauche, deswegen brachte sie mich zu den entsprechenden Ständen, sie zeigte mir zuerst das Adidas-Sortiment, aber weil Adidas ja Union Köpenick ist, schüttelte ich den Kopf und ging zu Nike. Dort fand ich ein ziemlich cooles, schwarzes Retro-shirt, das es aber nur in XL gab. Ich bin ja eher der „L“ Typ und bald vielleicht nur noch „M“. Sie sagte, sie könne in der Filiale Köpenick anrufen, ob sie es dort noch in „L“ vorrätig haben. Schon wieder Köpenick? Nee, lass mal, ich fahre bestimmt nicht freiwillig nach Köpenick. Also nahm ich es in „XL“.

Auf die Gefahr hin, mich wie ein Boomer zu äussern, will ich dennoch sagen, dass ich diesen Trend der hinten wulstig ausgestülpten Sohlen bei Sneakern nicht verstehe. Siehe Foto. Das Modell, das ich kaufte, ist dabei noch dezent, es gibt aber wirklich Varianten mit vulgären Ausformungen. Wenn ich solche Schuhe trage, habe ich das Gefühl, unter Hornhautverwachsungen an der Ferse zu leiden. Ich checks nicht. Da kann mir niemand erzählen, dass es die Ferse entlastet. Der Druckpunkt der Ferse ist ganz woanders.

Mit neuer Sportbekleidung, demonstrativ in einer grossen Tasche von Intersport, ging ich dann zwei Stockwerke hinauf zu FitX und meldete mich an.
„Ja, ich war noch nie in einem Fitnessstudio“ „Ja, ich möchte gerne Beratung.“, „Ja, ich kaufe ein Jahresabo.“
Ich redete viel, ich wollte alles über Fitnessstudios wissen, stellte wahrscheinlich dumme Fragen. Die dürre junge Frau hinter der Theke wusste nicht genau, ob ich lustig war oder mich lustig machte. Oder ob es einfach nur Dadjokes waren. Zur Sicherheit lächelte sie, ohne wirklich zu lächeln. Hätte ich auch getan.

Am Mittwoch habe ich jedenfalls meinen ersten Termin.

[Sa, 7.6.2025 – Korrektur, Radbahn, Muskelaufbau]

Welche Rechtschreib- und Grammatikkorrekturprogramme verwendet ihr eigentlich? Mentor.Duden ist für mehr als 500 Zeichen kostenpflichtig geworden, LanguageTool immerhin erst bei 2000 Zeichen. Scribbr.de kann was, deren Kerngeschäft ist aber ein anderes, ich gehe davon aus, dass die online-Korrektur irgendwann eingestellt wird. Und wie lässt ihr eure Texte sonst auf Richtigkeit überprüfen? zB in Open/Libre-Office? Die eingebaute Funktion ist eher limitiert und LanguageTool ist für grössere Texte mega buggy. So richtig happy bin ich mit der Situation nicht.

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Die Hündin hat keine Lust auf andere Hunde. Sie steht im Park neben mir und langweilt sich. Nähert sich ein anderer Hund, bellt sie ihn weg. Ich weiss nicht, ob es damit zu tun hat, dass sie jetzt mehr als zwei Wochen lang im Wald keine anderen Hunde getroffen hat oder ob es noch immer eine Nachwirkung der Läufigkeit ist. Nach der Läufigkeit ist sie ja immer etwas eigenbrötlerisch. Momentan wirkt sie wie eine grumpy old Lady. Was ich zwar lustig finde, weil ich grumpy old ladies mag, aber andererseits quatsche ich halt gerne mit meinen Bekannten im Park. Die haben halt Hunde bei sich.

Einer der Freunde hat sich letzte Woche auf einer Downhill Fahrradbahn das Schlüsselbein gebrochen. Einerseits finde ich es amüsant, wenn man sich mit Ende 40 wie ein 20-jähriger fühlt und dabei übertreibt, aber Knochen brechen ist dann doch nicht so lustig. Wir verabredeten uns heute jedenfalls und er erzählte mir von seinem Abenteuer. Er konnte immerhin selber über seine missliche Situation lachen. Schmerzlösende Mittel sind ja auch immer nett. Wir redeten auch wieder über das Fitnessstudio. Ursprünglich wollten wir ja zusammen ins FItnessstudio, da er sich allerdings lange nicht auf ein Studio festlegen wollte, inskribierte ich mich inzwischen bei FitX und mache das alleine. Er sieht aber ein, dass er sich nach dieser mehrwöchigen Auszeit mit dem Muskelaufbau beschäftigen muss. Dabei erzählte ich ihm davon, wie ich mir vor vielen Jahren meinen rechten Oberarm brach. Nach zwei Monaten hing statt meines normalen Armes ein schlaffes Ärmchen an meiner rechten Schulter. Es dauerte viele Wochen, bis sich die Muskeln wieder regenerierten. Es schockierte mich, wie schnell sich ein Muskel abbaut. Am schlimmsten fand ich allerdings, dass ich als Rechtshänder mit links masturbieren musste. Monatelang.

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ich kam mir beim lesen von #springwegbrennt vor wie ein warmes messer, das durch leckere butter glitt.

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[Di, 3.6.2025 – Rehe, Interview, Audio]

Von langen Autoreisen bekomme ich meistens ein seltsames Muskelweh. Am nächsten Tag fühlt sich mein Muskelgerüst verhärtet an. Als wäre ich von einem subtilen Krampf umgeben. Vor allem an den Beinen. Heute war so ein Tag. Abhilfe schafften nur Spaziergänge oder eben körperliche Betätigung. Morgen gehe ich wieder ins Fitnessstudio, vielleicht löst das die Muskeln.

Komischerweise habe ich in diesen zwei Wochen Gewicht verloren. Gemessen an den Mengen an Alkohol und Kohlenhydraten, die ich zu mir genommen hatte, ging ich davon aus, dass ich 3 oder 4 Kilo zulegen würde. Das Gegenteil ist aber der Fall. Verstehe ich nicht. Aber es ist mir egal. Ich nehme jeden Gewichtsverlust an wie ein fliegendes Brathähnchen aus dem Schlaraffenland.

Wir sind übrigens auch mit dem Kajak gefahren. Das will ich nicht unerwähnt lassen. Die Nachbarin aus Berlin, ihr Sohn und ich. Das war wirklich sehr schön. Durch ein kleines Flusssystem nordöstlich von Limmared, das sich zu einer Seeenkette langzog. Dort sahen wir einen Otter und wir kamen sehr nahe an grasende Rehe heran. Es soll üblich sein, dass man Rehe vom Fluss aus in geringer Entfernung sehen kann. Als wir das nachher der Frau vom Kajakverleih erzählten, erklärte sie uns, dass Rehe vom Wasser her keine Gefahr erwarten und sich deswegen lange in Sicherheit wiegen, bis man plötzlich sehr nahe dran ist. Die Frau vom Kajakverleih wusste aber auch sonst viel.

Heute beantwortete ich noch die Fragen des Südtiroler Onlinemagazins „Salto.bz„. Weil meine Novelle neulich in der südtiroler „Kulturelemente“ erschien, sollte ich für deren Podcast und die dazugehörige Webseite ein paar Fragen beantworten. Nichts lieber als das. Einige Fragen schriftlich und einige Fragen als Audio. Mit der Audioaufnahme strauchelte ich ein bisschen. Zuerst antwortete ich einfach frei heraus und ohne mich vorzubereiten. Ich dachte, das klingt authentischer. Während ich das einsprach fand ich allerdings, dass ich viel Blödsinn redete und dümmliche Formulierungen verwendete. Weil das nach dem zweiten und dritten Mal nicht besser wurde, schrieb ich mir die Antworten auf und las sie danach vom Blatt ab, was wiederum etwas hölzern und überhaupt nicht wie in einem Dialog klang. Also übte ich noch ein paar Mal, um das Aufgeschriebene authentischer klingen zu lassen. Es ging so mittelmässig gut. Zum Glück bin ich kein Perfektionist, sonst sässe ich immer noch dran.

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Zurück in B:

[Mi, 21.5.2025 – Humus, Wetterfest]

Abends gehen wir schon vor Sonnenuntergang ins Bett und ich wache mit den ersten Sonnenstrahlen auf. Ich komme mir vor, wie ein Huhn.

Wenn ich mich ins Bett lege, werde ich augenblicklich müde und schlafe in kurzer Zeit ein. Von Knausgård habe ich bisher etwa 20 Seiten gelesen, ich muss aber jeden Abend neu anfangen, weil ich wegen der Müdigkeit nur Buchstaben lese und keine Inhalte. Ich vergesse ständig, was auf der vorigen Seite geschah, muss zurückblättern, lese wieder nur Buchstaben, und plötzlich fällt mir das Buch ins Gesicht, weil ich währenddessen einschlief.

Es hat sicherlich mit der körperlichen Anstrengung zu tun, die ich hier aufbringe. Die ersten Tage malerten wir und stellten das halbe Haus um. Gestern öffnete ich das Plumpsklo von hinten und schaufelte menschliche Ausscheidungen der letzten 70 Jahre in eine Schubkarre. Ich habe allerdings nicht ganz verstanden, welche organische Substanz ich hier genau wegarbeitete. Ich dachte, Kompost oder Humus sei lockerer, weicher. Das, was ich dort aber verschaufelte, war in den unteren Lagen eher lehmige Erde. Die oberen, lockeren Schichten waren nur etwa 10 cm dick. Danach nur noch dunkelbraun und lehmig. Eine schnelle Suche im Netz gab mir noch keine zufriedenstellenden Antworten. Ich werde diesbezüglich die kompetente Frau aus dem Toilettengeschäft noch einmal ansprechen. Die sprach nämlich ständig von Fäulnisprozessen, die es zu verhindern gelte. Möglicherweise ist die lehmige Substanz eher ein Ergebnis von Fäule. Aber wie gesagt, ich werde das in Erfahrung bringen, wenn mir der Kopf danach ist.

Zuerst mache ich mir Gedanken um den zu erwartenden Ganzkörpermuskelkater, der mich spätestens am Donnerstag überziehen wird. Das alles ist anstrengender, als ins Fitnessstudio zu gehen.

Dort, wo ich jetzt alles freigeräumt habe, werden wir in den nächsten Tagen die Komposttoilette einbauen. Wenn der Sohn unserer Freunde am Donnerstag kommt, werden wir die Baupläne besprechen. Vermutlich brauchen wir Ziegelsteine, um die Tonne auf festen Untergrund zu stellen.

Die letzten Tage waren vom Wetter her bilderbuchmässig. Blauer Himmel, 20 Grad, ein leichtes Lüftchen. Ich beschäftige mich ja selten mit dem Wetter. Aber wenn man für ein paar Wochen im Jahr in den Wald zieht, ist es dennoch von Vorteil, wenn man nicht ständig drinnen sitzen muss. Ausserdem liegt die Toilette etwa 50 Meter die Wiesen hinunter, hinter der Scheune.

Morgen wird es einen Temperatursturz auf 5 Grad Höchsttemperatur geben. Morgen kommen auch unsere Freunde aus Berlin. Glücklicherweise sind sie nicht wettergefühlig, wie man auf Niederländisch sagt. Im Gegenteil, sie sind alle drei wetterfest. Dennoch waren die letzten Tage in der Abendsonne vor dem Haus schon fantastisch.

Heute waren wir in Göteborg bei Ikea, um Teppiche und andere Dinge zu kaufen. Dabei war ich noch nie in einem schwedischen Ikea. Bis auf den grossen Schriftzug „Ingång“ am Eingang sah es so aus wie ein normales Ikea in Berlin. Sogar die Namen der Möbel waren deutsch, wie immer. OK, blöder Witz, ich habe gute Laune.

Den Rest des Tages hingen wir Lampen und Bilder auf. Schon heute ist es merklich kühler als die letzten Tage. Am Abend heizte ich den Kamin ein. Vor allem, um das Papier von der Malerarbeit und die Kartons aus dem Möbelhaus zu entsorgen. Das war eine richtig gute Idee. Am Kaminfeuer zu sitzen, war schön.

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[Do, 15.5.2025 – Knausgård, kleine Novellen, japanischnamige Nobelpreisträger]

Nach dem Fitnessstudio ging ich runter zu Thalia, um mir den ersten Band von Karl Ove Knausgårds autobiografischer Reihe zu kaufen. In den Regalen führten sie allerdings nur die letzten drei Romane. Die interessierten mich für einen Einstieg weniger. Ja, ich will jetzt auch wissen, was es mit Knausgård auf sich hat. Deswegen ging ich zur Verkäuferin und fragte sie, ob sie den ersten Band aus diesem sechsteiligen Zyklus vorrätig habe. Sie fragte: „Wie heisst dieses Buch nochmal?“ Ich kann mich nur an den Namen des Zyklusses erinnern, der auf Norwegisch „Min kamp“ heißt, ich kann aber genug Schwedisch, um die Bedeutung des norwegischen „Min Kamp“ zu verstehen, und sagte deswegen in direkter Übersetzung „Mein Kampf“, gleich wissend, dass man in der deutschen Übersetzung aus diesem offensichtlichen Grund einen anderen Titel gewählt hatte. Aber ich konnte den Witz nicht bei mir halten. Die Verkäuferin schien es immerhin lustig zu finden, sie sagte: „Stimmt, da war was.“ Ich sagte: „Ich google das mal“, und sie schaute in ihrem schlauen Computer nach. Der Titel ist „Sterben“. Fängt gut an. Sie hatte von dem Buch nur eine Miniaturausgabe vom BTB Verlag vorrätig. Diese Minibücher im Hardcoverformat. Vor einigen Jahren las ich einmal Murakami in einer solchen Ausgabe. Das fand ich fantastisch, sehr handlich und leicht. Ich mag nämlich keine schweren Bücher. Sie fallen mir ständig aus der Hand und beim Einschlafen ins Gesicht. Das war für mich der Hauptgrund, um auf Ebooks umzusteigen.

Diese Miniaturausgaben sind prima zum Lesen.

Gestern kam auch meine Nachbarin von nebenan vorbei, um ihr Paket abzuholen. Sie ist etwas älter als ich und lebt seit einigen Jahren als Frau. Neulich unterhielten wir uns über katholische Klosterschulen, wodurch wir draufkamen, dass sich durch unsere Biographien durchaus Parallelen ziehen, und so erzählte sie mir von ihrer kürzlich erschienenen Novelle, in der sie über ihre Jugend in der Klosterschule erzählt. Weil der Zufall so lustig war, erwähnte ich natürlich auch meine kürzlich veröffentlichte Novelle.

Normalerweise begegnen wir uns immer nur auf der Strasse. Sie sagte mehrmals: „Lass uns doch mal die Bücher austauschen.“ „Ja, gerne.“ So bot es sich diesmal an. Sie überreichte mir „Fluchttiere„, eine autobiografische Geschichte über sexuellen Missbrauch und über das Coming-out unter schwierigen Bedingungen. Aber es ist auch eine Geschichte über die Liebe. Ich bin sehr gespannt auf das Buch.

Am Abend kam mein Schwager. Wir kochten etwas und tranken ein bisschen was. Danach schauten wir „Living“, einen Film nach dem Drehbuch von Kazuo Ishiguro. Ich verwechsle ihn immer mit der anderen japanischnamigen Berühmtheit Kenzaburō Ōe. Unpraktischerweise sind sie beide auch noch Nobelpreisträger. Während aber nur Kenzaburō Ōe richtiger Japaner ist, ist Kazuo Ishiguro hingegen Brite, nicht gebürtig zwar, aber immerhin seit 65 Jahren. Und zwar ist er der Brite, über den gesagt wird, er schreibe das schönstmögliche Englisch. Ich las vor vielen Jahren „Was vom Tage übrig blieb“. Aber auf Deutsch. Über das schönstmögliche Englisch kann ich daher nichts sagen.

Von Kenzaburō Ōe habe ich hingegen nie etwas gelesen. Allerdings steht ein Buch von ihm im Schrank, es heißt „Tagame. Berlin – Tokyo“ Meine Frau hatte es mir empfohlen. Kenzaburō Ōe ist vorletztes Jahr gestorben. Noch ein Unterschied zu Kazuo Ishiguro. Ein nicht unwesentlicher.

Der Film „Living“ ist ein Remake des japanischen Films „Ikiru“ aus dem Jahr 1952. Es ist ein eindringlicher und berührender Film über einen strengen alten Mann (Bill Nighy). Dieser ist ein hoher Beamter in der Londoner Baubehörde. Ihm wird eine Krebsdiagnose im Endstadium gestellt, die er allerdings niemandem mitteilt, ausser einer jungen Frau, deren Lebensfreude er bewundert. Diese Lebensfreude führt dazu, dass er sich mit aller ihm zur Verfügung stehenden Energie für den Bau eines Kinderspielplatzes einsetzt. Nach dessen Fertigstellung er schliesslich stirbt.

Es passiert nicht viel in diesem Film. Die Dialoge sind langsam, viel Leerraum. Wir sassen aber bis zur letzten Minute in unseren Sesseln fest.

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[Mo, 12.5.2025 – Hüfte wiegen, linker Daumen, in Hitze]

Wäre ich eine Frau, hätte ich gerne einen riesigen Po. Seit Wochen schmerzt mein unterer Rücken. Deswegen wiegte ich vor einigen Tagen auf dem Weg zu Edeka meine Hüften. Ganz langsamen Schrittes, wumms links, wumms rechts. Langsam, Schritt für Schritt den gesamten Hüftapparat nach links und dann nach rechts. Wie eine Wiege. Ich merkte, wie sich die Muskeln im unteren Rücken lockerten. Aber diese Präsenz, die man haben muss, wenn man den Po wiegen kann, man muss sich als Frau wie eine Göttin fühlen. Ich konnte mich sofort in Christina Hendricks hineinversetzen. Je grösser der Po, je mehr Göttin. Ich kann so natürlich nicht herumlaufen, ich bin als Mann ziemlich cissig, es sieht bei mir nicht gut aus, wenn ich mit den Hüften wackle. Und wer weiss, wie viele Menschen nachher die AfD wählen, weil sie sich ihres Geschlechtes beraubt fühlen.

Aber es würde mich schon interessieren, ob Christina Hendricks Schmerzen im unteren Rücken hat. Mir tut es jedenfalls gut.

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Nachdem ich aufgrund des Besuches meiner Schwester anderthalb Wochen nicht im Fitnessstudio gewesen war, ging ich heute wieder hin. Mir kommt vor, als hätte mir die Pause gutgetan. Ich schaffte alle Geräte mühelos. Während ich zuvor Schwierigkeiten an den Bizeps- sowie Trizepsmaschinen hatte. Komischerweise schmerzt mir bei der Bizepsmaschine jetzt der linke Daumen. Der gesamte Daumen bis hinauf zum Handgelenk. Keine Ahnung, was das jetzt soll. Wäre mein Körper ein Gedicht, wäre der schmerzende Daumen jetzt eine Metapher. Nur weiss ich nicht, wofür.

Am Abend traf ich mich mit meinem Lektor Klaus Ungerer auf einer Parkbank an der Karl-Marx-Allee. Wir hatten verschiedene Dinge zu besprechen. Demnächst kommt auch sein neues Buch heraus.

Währenddessen liegt meine läufige Hündin bei uns. Ab und zu kommt ein unkastrierter Rüde vorbei, der von ihren magischen Gerüchen angelockt wird. Einer der Rüden kennt sie gut und er ist nur schwer von ihr zu trennen. Glücklicherweise wissen die meisten Hunde nicht so gut, was sie tun müssen: Er steckt vor allem seine Schnauze ins Hinterteil meiner Hündin und nicht sein Fortpflanzungsorgan. Wenn man den Tieren nicht die Zeit gibt, kann man ungewollte Welpen in der Regel gut verhindern. Der eine verliebte Rüde musste an die Leine genommen werden. Ich sah ihn noch lange, viel weiter oben an der Promenade, wie er an der Leine zog und versuchte, zu seiner Geliebten zurückzukehren. Meine Hündin hatte ihn aber schnell vergessen.

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[So, 4.5.2025 – Oberarme]

Ich weiss gar nicht mehr, was heute so passiert ist, ich habe aber vor allem Zeit damit verbracht, die Wohnung aufzuräumen, da meine Schwester zu Besuch kam. Um 17 Uhr holte ich sie vom Flughafen ab. Sie wird nun einige Tage hier bleiben, vielleicht fahren wir an die Küste, vielleicht hängen wir ein bisschen in der Stadt rum. Wir bleiben ganz spontan. Sie möchte mit mir ins Fitnessstudio. Das wird sicherlich gut.

Neben dem AfD-Shock, dass sie jetzt rechtsextrem ist, schlagzeilte die Bunte, dass Christian Lindner in Charlottenburg den Hund eines Filmschaffenden überfahren hat. Mein erster Reflex war es, Hassgefühle über den Mann der FDP auszuschütten. Hätte er meine Hündin getötet, dann hätte ich ihn in den Oberarm gebissen. Allerdings las ich anschliessend, dass ihn keine Schuld trifft und der Hund unangeleint auf einem Parkplatz stand. Offenbar hat er sich sofort aufopfernd um den Hund gekümmert und er war wohl sehr bestürzt über den Unfall. Es tat mir dann schon leid, welche Hassgefühle ich gegen ihn und seinen Oberarm aufbrachte.

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[Do, 1.5.2025 – Alkoholismus, Zyklen]

Ich ging gestern mit Überzeugung und gerne ins Fitnessstudio. Nach den zwei ausgefallenen Tagen freut mich das. Ich fürchtete den ersten Schlendrian.

Als ich vom Training zurück nach Hause kam, hatte ich ziemlich bald im Anschluss einen Bewerbungscall. Ich schmiss schnell ein schwarzes Hemd über. Darunter die kurze Radlerhose. Immerhin eine Hose. Wie sehr ich das optische Bullshitten vor der Webcam vermisst habe.

Später im Park traf ich eine Bekannte, eine Frau in meinem Alter. Wir drehten ein paar Hunderunden im Park und kamen auf Alkohol zu sprechen. Mich beschäftigt es schon länger, dass wir eigentlich zu wenig über Alkoholismus sprechen. Oder anders gesagt: dass viele Menschen in meinem Umfeld ganz offensichtliche Zeichen von Alkoholismus zeigen, sich in der Selbstwahrnehmung allerdings überhaupt nicht dessen bewusst sind und es abstreiten. Nun ist es eine Eigenschaft von Alkoholikerinnen, den eigenen Alkoholkonsum kleinzureden oder abzustreiten, aber davon abgesehen habe ich tatsächlich den Eindruck, dass die meisten schlichtweg nicht wissen, was Alkoholismus eigentlich ist. Bei Alkoholikerinnen denkt man ja immer an Menschen, die morgens zittern und einen Pegel aufrecht erhalten müssen, um zu funktionieren. Dummerweise ist das nur einer der 5 Alkoholismen. Das ist die Spiegeltrinkerin, die auffälligste von allen, aber auch die seltenste. Es gibt allerdings noch vier weitere Typen. Auch ich kann mich da gut einsortieren. Und es stimmt mich nicht feuchtfröhlich.

Zudem gibt es gute und simple Online-Tests. Ich empfehle sie den vielen vermeintlichen Gelegenheitstrinkerinnen.

Zur Erinnerung: Ich gendere meistens mit dem generischen Femininum.

Mit Alkoholismus ist das aber immer so eine Sache: Bis wo ist es ein obsessives Hobby und ab wann wird es ein Problem? Gesundheitliche Schäden kommen erst im Alter, und solange man nicht den Job oder die Partnerin oder Freunde verliert, ist es ja nicht so schlimm, oder?

Nun.

Die Hündin ist läufig. Es kündigte sich bereits seit einigen Tagen an. Sie liegt schwermütig und antriebslos herum. Und unkastrierte Rüden können nicht mehr die Schnauze von ihrem Hinterteil lassen. Sie ist noch genervt von den Typen. Ich weiss gar nicht, warum man Hündinnen läufig nennt, es sind ja die Rüden, die unkontrolliert über die Strasse rennen oder abhauen, wenn sie eine paarungswillige Hündin riechen. Ich hoffte, dass es noch zwei Wochen dauert, bis ihre Blutungen einsetzen. Da wären wir zwei Wochen lang in Schweden. Dort ist es entspannter für sie, aber vor allem für mich, weil ich mich nicht ständig mit Rüden bzw. Rüdenhalterinnen beschäftigen muss.

Hatte ich eigentlich schon einmal von dem schwulen Hund erzählt? Den treffe ich ab und zu auf der Karl-Marx-Allee. Lustigerweise treffe ich den meistens, wenn meine Hündin läufig ist. Wenn man mit einer läufigen Hündin einen sich nähernden, unangeleinten Hundepenis sieht, spricht man zwangsläufig mit den Besitzerinnen. Läufig und so, Kastriert janein?

Der Besitzer des schwulen Hundes sagte mir, sein Rüde sei schwul, der interessiere sich nicht für Weibchen. Und tatsächlich ist das sogar während der sogenannten Stehtage der Fall. Also an jenen Tagen, an denen unkastrierte Rüden glasige Augen bekommen und die Hündin sich auch empfangsbereit gibt. Das sind immer etwa 4 bis 5 Tage der gesamten Phase. Bei Hunden schaltet während dieser paar Tage alles auf Fortpflanzung um.

Dass der schwule Hund (klingt wie eine Beleidigung) dies völlig ignoriert, fand ich erstaunlich. Ich ging davon aus, dass bei Rüden in diesem Fall ein Notgeilheitsprogramm anspringt und es eigentlich egal ist, wie die Hundedame aussieht. Bzw welches Geschlecht man vorzieht. Jetzt stellt sich mir natürlich die Frage, ob sein Hund sexuelles Interesse an anderen Rüden zeigt. Aber die haben ja keine hormonellen Zyklen, die müssten also immer Triebe haben, das würde auch bedeuten, dass er ständig – nunja. Vielleicht ist das kein Thema, das man mit fremden Menschen auf der Strasse besprechen sollte. Ich gehe aber eher davon aus, dass er asexuell ist und nicht schwul.

Werde ich ihm aber nicht sagen. Er schien sehr stolz darauf.

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Achso und heute war der erste Mai.

[Di, 29.4.2025 – Überqualifikation, Strom, Blase, Und wieder Lotusblüten]

Die beiden Bewerbungsgespräche liefen gut. Allerdings komme ich nur für eine der beiden Firmen infrage. Für die andere bin ich überqualifiziert, wie der Herr meinte. Ich würde mich nur langweilen, sagte er. Überqualifikation finde ich in meinem Fall eine lustige Formulierung. Als Manager oder Führungskraft bin ich in Wahrheit zu inkompetent, um die richtige, fachliche Arbeit durchzuführen. Ich kann aber gute Emails schreiben und die Leute zusammenhalten. Überqualifikation ist natürlich der schönere Begriff. Die andere Firma ist aber super. Für die würde ich gerne arbeiten.

Wegen der beiden Gespräche fiel heute das Fitnessstudio aus. Ich meide es noch, in den Abendstunden zu trainieren. Mir ist es bewusst, dass ich derzeit den Vorteil geniesse, nicht nach Feierabend ins Studio zu müssen, wenn alles überlaufen ist. Sobald ich wieder arbeite, wird sich das ändern, dann werde ich oft an Geräten warten müssen. Gestern hatte ich tagsüber ja auch einen Bewerbungstermin, deswegen war ich gestern auch schon nicht da. Ich muss aufpassen, dass ich nicht schon nach wenigen Wochen nachlässig werde. Ich muss daher unbedingt morgen gehen. Und ich werde auch am Freitag trainieren, um die Woche wenigstens mit zwei Trainings gefüllt zu haben. Allerdings habe ich am Freitag auch wieder zwei Bewerbungsgespräche. Schon verrückt, diese Woche. So viele Angebote gab es noch nie. Dabei ist Freitag sogar ein Brückentag.

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Vor drei Jahren, als Russland die Ukraine angriff und die Gasversorgung in Deutschland in Gefahr geriet, bereiteten wir uns in meiner Firma auf einen Ernstfall im Winter vor. Wir schafften ein kleines Dieselaggregat an, kauften eine Starlink-Station, viele Taschenlampen und tausende Liter Wasser in Flaschen. Die Idee war es, bei einem landesweiten Stromausfall zumindest Mitarbeiterinnen und Familienmitglieder ins Büro bringen zu können, wo wir Internet und Wasser bereitstellen können wollten.

Nun ist es glücklicherweise nie zu diesem Ausfall gekommen. Aber auch zuhause kauften wir Trinkwasser, Taschenlampen und ein kleines, analoges Radio. Ein Radio hat ja kaum noch jemand. Mein Auto kann vielleicht noch Radiowellen empfangen, aber sicher bin ich mir da auch nicht. Wie der Stromausfall in Spanien gestern gezeigt hat, werden alle wichtigen Kommunikationswege ausfallen. Sogar die Handymasten, die eigentlich noch eine Stunde lang auf Akkubetrieb funktionieren sollten, fielen sofort aus. Das normale Volk wird nicht mehr kommunizieren können. Meine Frau und ich sind jetzt wirklich keine Prepper, aber dieses kleine Radio zu besitzen, war schon sehr speziell.

Wovor ich mich aber am meisten fürchte, ist es, in einem Fahrstuhl stecken zu bleiben. Natürlich auch, weil es im Katastrophenfall Tage oder Wochen dauern kann, bis Hilfe kommt. Man muss nur rechnen, wie lange ein paar Dutzend Aufzugsfirmen brauchen, um hunderttausende Menschen im ganzen Land aus Aufzügen zu holen. Die meisten Menschen werden nach drei Tagen schlichtweg verdursten.

Aber dieses Szenario finde ich gar nicht so schlimm. Mehr Angst habe ich davor, dringend aufs Klo zu müssen. Im Aufzug ist das ja immer so. Im Aufzug muss ich plötzlich dringend aufs Klo gehen. Das fängt schon an, wenn ich mich dem Haus nähere: Die Blase beginnt sich zu melden, leichtes Kribbeln. Je näher man der Haustür kommt, desto mehr drückt sie, mit jedem Schritt wird das Bedürfnis urgenter. Im Aufzug kann ich es kaum noch bei mir halten. An der Wohnungstür fallen meine motorischen Komponenten aus und ich stochere wild mit dem Schlüssel am Schlüsselloch herum.

Jetzt will ich mir nicht vorstellen, was passiert, wenn im Aufzug der Strom ausfällt. Davor habe ich Angst.

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Zusammengefaltete Zeitung in der einen Hand, schwarzes Hemd, Sonnenbrille im Ausschnitt, die Frisur wie ein griechischer Gott aus schwarzem Marmor.

Wenn ich jetzt bloss nicht watscheln würde wie eine Ente. Dann wäre mein Look perfekt.

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Am Abend war ich zu einem Drink verabredet. Die Verabredung wurde allerdings abgesagt und nun sass ich wieder etwas hilflos mit geöffneten Rezeptoren für Bier zuhause herum. Das mit den Rezeptoren beschrieb ich bereits vor zwei Wochen. Heute hatte ich den ganzen Tag kaum gegessen, um den Kalorienhaushalt einigermassen im Gleichgewicht zu halten, weil ich mittlerweile weiss, wie viele Kalorieneinheiten ein alkoholisches Getränk in sich führt.

Meine Frau wusste wieder Abhilfe zu schaffen und schlug vor, mit der Hündin eine lange Runde zu drehen und uns irgendwo einen Aperitif zu gönnen. So taten wir es dann auch.

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[Do, 24.4.2025 – Jungle]

BREAKING NEEEEWS: In der Jungle.World wurden die ersten 25 Seiten meiner Novelle abgedruckt. Die Ausgabe kam heute raus. Ich wollte sie natürlich sofort holen. Nach meiner Session im Fitnessstudio klapperte ich verschiedene Zeitungskioske ab. Die erste Schwierigkeit bestand darin, einen Zeitungskiosk zu finden. Auch wenn es in dieser Stadt tausende Kioske gibt, sind sie fast immer Bierkioske, oder Vape-Kioske, aber nur noch selten Zeitungskioske. „Zeitungen? Nee, hamwa schon seit 12 Jahren nicht mehr.“ Immerhin hatten sie am Ostbahnhof die Jungle.World. Allerdings noch die Ausgabe der letzten Woche. Bei der neuen Ausgabe gab es offenbar Schwierigkeiten bei der Auslieferung. So war das auch an der Storkower und im Ring Center.

Und die meisten Zeitungskioske, die bei Maps als solche angezeigt wurden, hatten nur Blätter von der Springerpresse oder eine der drei grossen Berliner Tageszeitungen. Manchmal hatten sie noch die Junge Welt, aber die Jungle.World ist ja eine abtrünnige Neugründung, die aus einem Arbeitskampf bei der Jungen Welt hervorkam. Auf die Junge Welt blicke ich deshalb mit Verachtung. Zumindest bis sie mein Buch bewirbt. Ein Abdruck von 25 Seiten ist aber schon ein Mega Ding. Und die haben ja immer noch 16.000 Abonnenten.

Nach zwei Stunden gab ich auf. Eine Stunde pumpen, zwei Stunden Radfahren. Den Rest des Abends war mein Körper auf eine sehr angenehme Weise müde.