[Tagebuchbloggen. Freitag, 2.4.2021]

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Am Vormittag bei Kaffee und Muesli unterhalte ich mich mit ein paar Freundinnen in unserer Telegramgruppe über das richtige Gendern. Wir sind weitgehend der selben Meinung, diskutieren eher über Details. Dass das generische Maskulinum überholt ist, steht außer Frage. Nun ist die öffentliche Diskussion darüber, wie richtig gegendert werden soll, noch längst nicht abgeschlossen und sie wird sicherlich noch eine Weile andauern. Ich will mich aus der feingranularen Diskussion auch raushalten, als weißer Mann bin ich nicht von der Inklusion betroffen und will daher nicht über die korrekte Form mitreden. Ich kann alle Argumente pro Sternchen und contra Doppelpunkt bzw contra Binnen-I und pro Unterstrich nachvollziehen. Ich finde die Diskussion allerdings auch oft etwas zu verkopft und übervorsichtig. Natürlich ist Inklusion wichtig, aber dennoch will man am Ende die Sprache dahingehend ändern, dass sie praktikabel wird und eine allgemeine Akzeptanz findet.

Ich halte mich an den gefühlten Standard. Zur Zeit ist das der Doppelpunkt. Sollte ich das Gefühl haben, dass eine andere Form besser akzeptiert wird, werde ich meine Gewohnheit entsprechend ändern. Ich glaube, es geht bei Sprache immer um Akzeptanz oder auch um Authentizität. So entsteht Sprache.

Wobei ich bei der Anwendung des Doppelpunktes nicht sehr konsequent bin. Ich bevorzuge in der Regel das weibliche Generikum. Ich weiss, das ist nicht inklusiv genug, aber das weibliche Generikum kommt mit einer Wucht daher, der ich meist nicht widerstehen kann. Das weibliche Generikum sieht man im Textbild nicht kommen, weil es sich versteckt, anders als Sternchen oder Doppelpunkte, und es haut uns raus, es zwingt uns über Geschlechterrollen nachzudenken und sie zu hinterfragen. Das mag ich.

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Auf einem langen Spaziergang kaufen wir uns ein Eis. Sie nimmt Straciatella und Pistazie. Ich bestelle etwas Experimentelles, das mir nicht schmeckt.
Eigentlich ist das immer so bei uns. Sie nimmt immer das Gleiche und ist glücklich damit und ich kaufe immer etwas Unbekanntes und bin 95% der Zeit enttäuscht. Andererseits: wenn ich mal einen Treffer lande. Dann rede ich noch Wochen später darüber.

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Es ist Karfreitag. Ich habe das Bedürfnis Fleisch zu essen und Blasphemie zu sprechen. Vermutlich ist mir das Thema „Letztes Abendmahl“ zu Kopf gestiegen und das ganze Thema Christentum breitet sich in mir aus. Wir haben aber so gut wie nie Fleisch im Haus, wir essen eher selten Fleisch. Manchmal hat meine Frau ein bisschen Schinken, aber ich mag Schinken nicht besonders. Warum sollte es am Karfreitag also anders sein, ich hätte mich besser vorbereiten sollen. Eine fette Salami würde heute passen.

Ich habe auch versucht, die Zeitfolge des letzten Abendmahles nachzurechnen. Das kann zeitlich nicht stimmen. Wenn Jesus am Donnerstag das letzte Abendmahl zu sich nahm und am nächsten Morgen verhaftet wurde, dann den Prozess bekam, verurteilt wurde und dann das Kreuz die ganze via Dolorosa zum Kalvariusberg hinaufschleppen musste um dort ans Kreuz gehangen zu werden. Das sind mir ein paar zu viele Ereignisse an einem einzigen Tag. Ja, es kann natürlich auch ein richtiger Kacktag gewesen sein, wir kennen alle diese Kacktage, an denen wirklich alles zusammenkommt, aber Kreuzigungen sind ja bekannt dafür, dass sie dem Tod ein langes Leiden voransetzen und mit langem Leiden sind üblicherweise Tage gemeint und nicht wenige Stunden, auch wenn die Dornenkrone und die Essigwunde den Prozess sicherlich beschleunigt habe könnten. Aber alles an einem Tag? Das finde ich eher unwahrscheinlich.

Ja, ich könnte das alles googlen, ich bin sicherlich nicht der erste, der diese Kacktag-Theorie etwas seltsam findet.

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Am Abend wollen wir einen Film schauen. Es ist Karfreitag, ich schlage vor, einen Jesusfilm zu schauen. Meine Frau verdreht die Augen. Ich google „die 10 besten Jesusfilme“. Es kommen zahlreiche Listen mit den besten Jesusfilmen. Peinlicherweise auch „Osterauswahl – die besten Filme über Jesus“. Ich bin offenbar nicht der erste, der sich zu Ostern Gedanken über Jesus macht. Ich fühle mich sehr durch Vorhersehbarkeit enttarnt.

Deswegen schauen wir den Film über Harriet Tubman, die Frau, die 1849 aus der Sklaverei entfloh und danach über elf Jahre hinweg 70 Menschen aus der Sklaverei befreite. Eine beeindruckende Geschichte.

[Tagebuchbloggen. Donnerstag, 1.4.2021]

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Ich kann mich noch an eine Newsmeldung erinnern, das war in den Nullerjahren, dass eine Softwaregruppe, eine neue Technologie entwickelt hatte, mit der man Dateien, egal in welcher Größe, auf nahezu 0 Kilobyte herunterkomprimieren könne. Das nannte sich LZIP, Lossy ZIP.

Ich muss gestehen, dass ich Aprilscherze mag. Und Menschen, die sich über Aprilscherze aufregen, finde ich ja immer etwas elitär cool oder humorlos. Meistens beides.

Dieses Wow-Gefühl mit dem ich damals in den Artikel einstieg und dieses WTF-Gefühl mit dem ich über die Erkenntnisse las, wie man festgestellt habe, dass man die meisten Inhalte in jeglichen Dateien zu Metadaten zusammenfassen könne. Die ersten multiplen Fragezeichen kamen in mir erst auf, als der Artikel beschrieb, dass meistens sogar Metadaten irrelevant seien und man viele Inhalte schlichtweg ignorieren könne.
Es sagt ja immer einiges über die Leute aus, die auf einen Scherz hereinfallen.

Im Kollektiv auf etwas hereinfallen, bzw das Kollektiv dabei beobachten, das funktioniert ja nur, wenn der Scherz als solcher institutionalisiert ist. Ob diese Institution nun Postillon heisst oder dieser auf ein Datum festgelegt ist, ist dann egal.

Natürlich kann ich nachvollziehen, dass Nachrichtenseiten, aufgrund der seltsamen Zeiten von salonfähigen Verschwörungstheorien und dem Phänomen der Fakenews, lieber davon absehen. Schade finde ich es dennoch. Auch wenn die meisten Witze schlecht sind.

Dieses Jahr war das erste Jahr, in dem ich keinem Aprilscherz begegnet bin.

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Mein Arbeitsalltag besteht zur Zeit aus 95% Meetings. In 80% dieser Meetings bin ich stiller, aber erforderlicher Zuhörer. Das ist keine gute Entwicklung.

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Heute breche ich das Fasten. Ich werde also zu Abend essen. Einfach so. Weil ein langes Wochenende ansteht und wieder einige Zeit vergangen ist und meine Gewichtsabnahme etwas stagniert und ich gerade Lust drauf habe etwas zu essen und zu trinken. Wir haben uns auf Pasta mit Bier geeinigt. Während ich diese Zeilen aufschreibe fällt mir ein, dass Ostern ja das offizielle Fastenbrechen markiert, also im christlich-kulturellen Kosmos. Das ist natürlich ein lustiger Zufall.

[…]

Gerade gegoogelt. Der Gründonnerstag (also heute) wird im Christentum traditionell als Speisetag zelebriert, dessen Ursprung mit dem Fastenbrechen einhergeht. Wenn Jesus morgen stirbt, dann müsste heute auch das Datum des letzten Abendmahles sein. Aber ein schnelles Googlen liefert dazu keine Antwort, scheint also nicht wichtig zu sein. Mir auch wieder egal.

Als Kind fand ich das letzte Abendmahl total faszinierend. Ich malte ja. Mit Buntstiften und Wasserfarben. Als Kind verehrte ich u.a. Leonardo da Vinci. Ich zeichnete seine Skizzen nach, vor allem die Studien, Arme, Hände, Bewegungen, aber auch die Flugstudien, das wirkte auf mich alles so einfach und gleichzeitig gescheit. Und das letzte Abendmahl. In einer Doku hatte ich gelernt, dass die Apostel in Dreiergruppen postiert waren. Dass ein Maler auf die Idee kam, zwölf Apostel in Dreiergruppen zu bündeln, das fand ich als Kind unheimlich intellektuell. Ich zeichnete tatsächlich oft das letzte Abendmahl. Und Judas mit dem Geldbeutel. Diese Symbolik. Immer wenn ich irgendwo ein Gemälde eines Abendmahles sah (wovon es in den unendlich vielen Kapellen und Kirchen meiner Kindheit zahlreiche gab), lag meine Augenmerk immer auf den Geldbeutel des Judas.
Die unbekannten und namenlosen Maler der meisten Abendmahle postierten die Apostel natürlich nie in Dreiergruppen, deshalb verachtete ich sie auch ein wenig. Aber Judas und sein Geldbeutel, der kam überall vor. Immer anders. Mal mit einem größeren Beutel, mal kleiner, mal mit einem teuflischen Grinsen, mal nicht. Vermutlich gibt es über Judas und seinem Geldbeutel tausende geokulturelle Studien.

Was ich aber eigentlich sagen wollte; heute ist Fastbrechtag und nicht mein letztes Abendmahl.
Ich bereite Bärlauchpesto zu und öffne uns gutes Bier von Berliner Berg. Nach dem ersten Bier werde ich schon cremig. Ich bin den Alkohol nicht mehr gewohnt. Wir sitzen in der Küche und albern herum.

[Tagebuchbloggen. Mittwoch, 31.3.2021]

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Huch, ich wusste gar nicht, dass es einen 31. März gibt. Es sieht falsch aus.

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Es ist Derbywoche. Meine Frau hat versprochen, bis Sonntag nicht mehr ihre rote Mütze zu tragen. Vermutlich auch darüber hinaus. Das Wetter kommt ihr da sehr entgegen.

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Ich wurde darauf hingewiesen, dass die Audioaufnahmen zu den Blogeinträgen seit drei Tagen hallig klingen. Kurzer Qualitätscheck meinerseits ergab, dass das stimmt. Ich weiss nicht, woran das liegt, ich vermute aber, dass ich den Abstand zwischen meinem Mund und dem Mikrophon etwas verkleinern muss. Zwar kann ich mir nicht vorstellen, dass das Mikrophon sich so dynamisch verhält, dass es beim Abstand mehr Umgebungsgeräusche aufnimmt, aber man weiss ja nie, Technik hat mich schon oft überrascht.

[…]

Eine Probeaufnahme hatte wieder Hall. Es wäre bei der Aufnahme dieses Beitrages also wieder schiefgegangen. Ich zog mehrere Kabel und schaltete Geräte an und aus. Eine Analyse des Problems verfolgte ich nicht. Eigentlich will ich immer alles verstehen. Aber diesmal fehlte mir der Nerv. Danach ergab die Probeaufnahme, dass es wieder funktioniert. Eine mögliche Schuldige ist die externe Webcam, die über ein eingebautes Mikrophon von niedriger Qualität verfügt. Möglicherweise wurde die durch ein Reset eines Gerätes zum Standardgerät hochgestuft und nahm nun den Audioinput entgegen.
Ich werde ab jetzt darauf achten. Der hallige Klang ist wirklich nicht angenehm zu hören.

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Am Abend verabredeten wir uns wieder an unserem Erkerfenster und schauten auf die Strasse. Ich habe Angst, dass mir das im hohen Alter gut gefallen würde. Aus dem Fenster lehnen und mit einem Glas Bier das Straßenleben zu kommentieren.

[Tagebuchbloggen. Dienstag, 30.3.2021]

Es ist jetzt schon Ende März. Ich merke, dass ich dieses Tagebuchbloggen nun länger durchgezogen habe, als ich gedacht hatte. Der erste Tagebuchblogeintrag ist vom 8. Februar, es sind also fast zwei Monate vergangen, ich muss sehen, wie ich das weiterführe, irgendwann werde ich die Entscheidung fällen müssen: so jetzt höre ich auf, das muss aber mit einem Patzbumm passieren, sonst traue ich mich nicht, einfach mal einen Tag auszulassen. Dieses konsequente, tägliche Aufschreiben ist nämlich dieser eigenartige Sog des Tagebuchbloggens, sich tagsüber die Notizen machen, manchmal schon ganze Fragmente aufschreiben, und am Abend dann alle Notizen, Fragmente, Erinnerungen und Höhepunkte des Tages auf ein kleines Podest stellen und sie anmalen.

Es muss auch an Tagen geschehen, an denen nichts passiert ist, es muss jeden Tag passieren, sonst funktioniert es nicht. Mittlerweile bin ich schon in eine Routine gekommen, die Routine und ich als eingespieltes Team. Am frühen Abend bringe ich die ersten Fragmente in Form, im Laufe des Abends kommen weitere dazu, bis zum Schlafengehen ist alles feingeschliffen. Dann gehe ich schlafen. Über Nacht lasse ich den Text gären. Am Morgen beim Kaffee lese ich alles nochmal durch, korrigiere es, ändere manchmal größere Passagen und spreche es dann in das Mikro. Genau. So klinge ich immer am Morgen. Meist scheint die Sonne noch nicht, ich habe ja Schlafprobleme.

Nur die Rechtschreibfehler. Und überhaupt Fehler. Die bekomme ich nicht raus. Ich bin blind für meine eigenen Fehler, ich strenge mich wirklich an, aber ich sehe sie meist schlichtweg nicht. Weil der Text immer ein Text ist, der aus meinem Bewusstsein herunterkopiert wurde, ich hatte ihn daher innerlich schon vor Augen, natürlich formuliere ich in meinem Bewusstsein fehlerfrei vor und denke immer alle Kommas mit. Wenn der Text dann vor mir liegt, bin ich blind für Schreibfehler.
Das mit den Kommafehlern ist immerhin etwas besser geworden, es ist nicht behoben, aber immerhin besser geworden.

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Ich bin nach einer Woche wieder ins Büro gefahren. Nach anfänglicher Paranoia um Aerosole entspannte ich mich bald wieder. Weil das Büro so leer ist sitze ich so gut wie immer in einem eigenen Raum. Natürlich weiss ich, dass nur einmal die falsche Person hereinkommen braucht und ein Aerosol zu viel ausstoßen. Aber dennoch. Ich habe wieder meinen bequemen Stuhl und meinen Arbeitsweg. Wie sehr ich diesen Arbeitsweg vermisst habe. Diese 25 Minuten Fahrradfahren, bisschen abschwitzen, auf Temperatur kommen, raus aus meinem Privatleben, das tut mir ungemein gut.

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Zwei Menschen, die ich kenne, hätten heute geimpft werden sollen. Beide sind weiblich und unter sechzig und beiden wurde wegen der Thrombosengefahr der Impftermin gestrichen.

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Zu spät merke ich, dass draussen die Sonne scheint und es 22 Grad hat. Ich hätte früher aufhören sollen zu arbeiten. Zuhause lehnen meine Frau und ich uns aus dem Erkerfenster und plaudern. Bestimmt eine Stunde lang, so rausgelehnt aus dem Fenster, schauen hinunter auf die Strasse, und im Westen der untergehenden Sonne nach. Sie füllt sich das Weinglas nach.

[Tagebuchbloggen. Montag 29.3.2021]

Es gibt nicht viel über diesen Montag zu berichten. Es war Tag 6 im Homeoffice und ich habe mich langsam daran gewöhnt. Ich hasse es zwar immer noch, aber ich habe mich eben langsam daran gewöhnt. Allerdings merke ich, dass es mir wieder schwer fällt Wochentage von den Wochenenden zu unterscheiden. Die Tage werden wieder zu Brei. Ich bin mir sicher, dass man dafür eine Routine entwickeln kann, wie man ja gegen jede Form von Eintönigkeit eine Routine entwickeln kann.
Aber morgen gehe ich wieder ins Büro.

Was habe ich heute rückblickend also getan? Ich war wieder bei einem Test. Dann hatte ich viele Calls und danach Nackenschmerzen. Zu Feierabend habe ich dann einen anderen Browser genommen und bin da sitzen geblieben. Dann habe ich die Küche aufgeräumt und die Oberflächen geputzt. Ich liebe es, wenn die Oberflächen der Küche geputzt sind. Das Putzen mag ich nicht so. Aber danach: echt super.

Damit es im Homeoffice nicht so aussieht, als wohnte ich in einer leblosen Wohnung, hing ich das Arktisposter in meinem Hintergrund auf. Ich wollte die Karte der Artkis ursprünglich ja 2×2 Meter groß oder sogar noch größer haben. Sie ist aber nur ein Quadratmeter groß geworden. Aus technischen Gründen. Das sieht jetzt in der Webcam total schlecht aus. Ein blasses, grauhellblauweisses-Quadrat.

[Tagebuchbloggen. Sonntag, 28.3.2021]

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Am Morgen ass ich dann Svens Fastlagsbullar und als ich das letzte Stück schmatzend verschlungen hatte, googelte ich, was es jetzt mit dem Namen auf sich hat. Wie erwartet, aber erfolgreich verdrängt, ist es natürlich keine Fastenspeise, sondern eine richtige Bombe, keine Ballaststoff-und-Wasser-Bombe, sondern ein richtiges Fett-und-Zucker-Explosiv.

Der Name kommt laut Wikipedia aus der Faschingstradition, die ja den Beginn der Fastenzeit markiert, Fastlag ist etwas ähnliches wie Fastnacht, Fastlagsbullar müsste daher in die europäische Tradition der Faschingskrapfen oder Oliebollen fallen, bzw Berliner Pfannkuchen und Bomboloni. Auch wenn die skandinavische Variante mit Sahne und Mandelmus bzw Marzipan zubereitet wird. Sie werden aber auch zum Fastenbrechen konsumiert. Und sicherlich auch zwischendurch. Und zwischen Ostern und Fasching. Fasching. Wusste gar nicht, dass das ein Ding sei in Schweden.

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Ich bekam einige Zuschriften, mit der Frage, was es mit dieser Diät auf sich hat, was ich genau machen würde um 16 Kilo in nunmehr 5 Monaten abzunehmen. Ich antwortete, dass ich das demnächst mal aufschreiben werde. Als Tagebucheintrag. Als ich damit begann, merkte ich ziemlich schnell, dass mir beim Aufschreiben dieses Themas, die Ideen ziemlich aus den Fingern prasselten. Meist ist das der Anfang eines längeren, guten Textes. Diese Idee, von der man noch nichts wusste, die man in sich trug. Wenn der Ideeenregen plötzlich losprasselt.

Da der Text anwuchs, beschloss ich, mir etwas Zeit zu geben und daraus einen eigenen Blogbeitrag zu verfassen, für einen Tagebucheintrag würde es dann doch zu umfassend und gewichtig werden. Während ich den Blogeintrag schrieb, merkte ich aber auch, dass ich mich ständig kurz fassen musste und ich eigentlich noch weiter ausholen wollte, jetzt denke ich, hey, vielleicht sollte ich einen lustigen Lebensratgeber schreiben, übers Abnehmen, lustige Sachbücher wollen heutzutage doch alle, die dominieren die Bestsellerlisten, ich könnte damit reich werden und mir ein Häuschen in der Arktis kaufen.

Später verwerfe ich den Gedanken wieder. Ich bin lieber cool als reich.

Neulich im Herthabase Podcast lobte man meine Stimme und verortete meine Sprachaufnahme bereits im ASMR-Bereich. Das liegt mir eher. Reich werden indem ich Menschen errege.

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Am Abend spricht dann die Bundeskanzlerin im Fernsehen, bei Anne Will. Ich sehe eine seltsam unentschlossene Politikerin. Auch wenn ich ihre Ausgeglichenheit in diesem Puppentheater von narzisstischen Alphacharakteren immer sehr geschätzt habe, merke ich, dass sie auch viele Facetten verkörpert, die ich an diesem Land seit nunmehr zehn Jahren nicht mehr ausstehen kann. Diese seltsame Starre, diese Verharrtheit im Erreichten, diese Angst vor Veränderung, diese Visionslosigkeit, diese fehlende Lust etwas zu tun, dieses zwischen den Stühlen sitzen und es allen recht machen zu wollen.

Ich muss den Bildschirm verlassen. Ich halte es nicht aus.

[Tagebuchbloggen. Samstag, 27.3.2021]

Ich habe im gestrigen Tagebucheintrag noch die Links zu den Tastaturen nachgetragen, ich denke das ist wichtig, falls es jemanden interessiert.

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Bald nach dem Aufstehen machten wir die Steuern. Das nennt man ja so. Unsere Steuerberaterin hatte einen riesigen Fragebogen geschickt, den es abzuarbeiten galt. Wir schoben das schon seit einigen Wochen vor uns her, wie wir ja immer alles aufschieben, was mit Steuern zu tun hat.
Aber heute standen wir auf, tranken Kaffe, frühstückten etwas und setzten uns an die Steuern. Wir trauten kaum unseren Augen was da gerade passiert war.

Wir fanden schnell in eine Rollenverteilung hinein und waren unheimlich effizient. In einer Stunde war der Spuk vorbei und die Mail an die Steuerberaterin verließ das heimische WLAN mit einem kiloschweren Anhang.

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Eigentlich wollten wir heute spazieren gehen. Nach den beiden frühlingshaften Tagen gingen wir irgendwie davon aus, dass jetzt Frühling sei, ausserdem wird heute Nacht wieder auf Sommerzeit umgestellt, es würde ja wieder dünne-Jacken-Wetter sein. Aber dann: eisiger Wind und waagrechter Regen. Die Wetterwarnapp Nina sprach außerdem eine amtliche Wetterwarnung aus. Wenn etwas amtlich ist, klackern meine Hacken zusammen.
Wir blieben zuhause.

Wir schauten „Beforeigners“ zu Ende und entdeckten danach überraschenderweise „State of the Union„, das wir sehr unterhaltsam fanden. Das ist eine zehnteilige Serie mit nur zehnminütigen Folgen. Die Handlung spielt sich nur in einem englischen Pub ab. Ein Ehepaar hat Eheprobleme, weil die Frau mit einem anderen Mann geschlafen hat. Sie treffen sich in dem Pub, weil schräg gegenüber die Eheberaterin ihre Praxis betreibt. Die Serie handelt ausschließlich von diesen zehn Minuten im Pub, bevor sie zur Eheberaterin gehen.
Schnelle, lustige und kluge Dialoge. Sehr unterhaltsam. Die Frau wird von Rosamunde Pike gespielt. Die mag ich ja eh.

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Den ganzen Tag so erfüllt gewesen, weil wir die Steuer gemacht haben.

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Am Abend pingte uns unser Lieblingsnachbar an. Sven hatte fastlagsbullar gemacht und ein paar für uns auf die Seite gelegt. Meine Frau kommt ja aus Schweden und Sven hat eine schwedische Vergangenheit insofern gibt es da immer wieder kulinarische Zaubereien für mich, als den sich freuenden Dritten.

Fastlagsbullar sind riesige, sahnige, fettige und süße Dinger. Fastlagsbullar haben, wie der Name schon sagt, mit Fasten zu tun, kann also nicht schlimm sein, wenn ich das esse, ich intervallfaste ja gerade, es passt also zum Thema.

Ich könnte das Googlen, aber ich ahne schon, dass die Nahrungswerte nichts mit dem Namen gemein haben, ich beschliesse daher zuerst zu essen und danach zu googlen. Da ich aber am Abend nichts mehr esse, hebe ich mir alles auf Morgen auf. Das Fastenessen und das Googlen.

[Tagebuchbloggen. Freitag, 26.3.2021]

Wieder ganz fürchterlich geschlafen. Ein Freund hat seine Schlafprobleme mit CBD Öl in den Griff bekommen. Vielleicht sollte ich das mal probieren. Auch wenn meine Frau Wissenschaftlerin ist und solche kommerziellen und pseudowissenschaftlichen Moden, ohne jegliche fundierte Evidenz, sehr verachtet.

Ich weiss aber auch, dass die Schlafprobleme wieder vorbeigehen werden, es sind immer Phasen. Vielleicht muss ich es einfach aushalten und mein Blog volljammern, bis es vorbei ist.

Lustigerweise schlief ich sehr gut, als ich mit dem Intervallfasten begann. Dass ich abends nichts ass, hat mein Körper offenbar dankend angenommen, aus biologischer Sicht hat der Körper nichts zu verdauen und das bekommt ihm wohl gut. So gut wie ich da geschlafen habe, ich konnte es richtig spüren, wie mein Körper nichts zu verdauen hatte. Manchmal legte ich mich ins Bett und dachte, das ist so schön, dass man Körper jetzt nichts zu verdauen hat und sofort rutschte ich weg, in einen tiefen Schlaf.
Es hielt aber nur drei Monate an. Vielleicht vier. Seit einigen Wochen meldet sich der schlechte Biorhythmus wieder und fühlt sich von mir ausgetrickst.

Dabei kann ich super einschlafen. Ich konnte immer schon gut einschlafen. Ich lege mich ins Bett und schließe meine Augen. Dann bin ich meist weg. Aber wehe ich wach um 5 auf.

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Auf Arbeit ist heute LFOTM. Last friday of the month. Vor der Pandemie traf man sich am letzten Freitag des Monats ab vier Uhr immer zum Trinken, Essen, Musikhören und auch zum Spiele spielen. Da fast alle zuhause im Homeoffice sitzen, trifft man sich heutzutage manchmal auf Googlemeet und spielt Onlinespiele. Wörter raten, Sätze schreiben und diese mit der Maus nachzeichnen, oder wer-bin-ich-artige Spiele. Auch das macht irgendwie Spass. Ich verliere drei mal. Muss man auch können, dieses Verlieren.

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Ich bin mir etwas unschlüssig über die beiden mechanischen Tastaturen, die ich mir neulich angeschafft habe. Sie haben beide große Vorteile aber die eine hat jeweils einen Vorteil gegenüber der anderen. Die neuere, flachere hat einen für mich nicht ganz unentscheidenen Nachteil, dass sie sich zwar gut tippen lässt und auch eine sehr gute Schreibhaptik hat, sie sich aber nicht so geil schwer anfühlt wie die andere. Sie verliert aufgrund ihrer flachen Tasten ein bisschen von dieser Besonderheit einer mechanischen Tastatur und fühlt sich deshalb ein bisschen nach Plastik an. Die andere hingegen hat sehr hohe und schwere Tasten und sie hat diese körperliche Haptik wie ein klassisches Piano. Schwere Tasten, mit einem butterweichen Anschlag. Der Nachteil der Schweren ist, dass ihre Tasten etwas scharfkantig und breit sind und ich sie dadurch nicht so gerne streichle. Ja genau, streichle. Gut, es hat auch einen anderen Nachteil und zwar, dass durch die breiten Tasten, der Anti-Ghosting Effekt nicht so gut ist. In anderen Worten. Ich vertippe mich immer noch erstaunlich oft. Das ist mit der Flachen nicht so sehr der Fall.

Jetzt habe ich gerlernt, dass man bei allen mechanischen Tastaturen die Tasten austauschen kann und dass es eine richtige Tastenszene gibt, mit kleinen Produktionsfirmen, die sehr besondere Tasten herstellen mit unterschiedlichen Profilen, Materialien, Farben und Drucken. Ich lerne, dass meine schwere Tastatur ein OEM-Profil, und meine flache Tastatur ein Cherry-Profil hat. Für Menschen, die sich gerne vertippen, sind die Cherry-Profile geeigneter, aber noch besser sind die alten IBM-Style Profile wie das DSA oder das noch klassischere DS Profil. Diese wirken optisch wie aus einem SciFi Film der Fünfzigerjahre.

Ich überlege daher für meine schwere Tastatur Tasten im DS oder DSA Profil zu kaufen und sie zu ersetzen. Nur die Buchstaben. Enter, Zahlen und alle anderen Tasten können ja auch so bleiben. Umlaute und deutsches Tasten sind in dieser internationalen-Tastaturszene eher schwer zu finden, und wenn, dann sind sie vergleichsweise teuer, der Preis geht dann gerne auf die 100€ zu. Deswegen beschränke ich mich auf Buchstaben und auf den mitgelieferten Blankotasten male ich dann die Umlaute rauf. Irgendwie mag ich den Gedanken daran, nur Buchstaben zu ersetzen. Das sind die Tasten auf denen ich immer herumhacke. Diese Konzentration des Schreibgefühls auf die Buchstaben. Beim Enter und der Leertaste vertippt man sich ja eher selten. Und andere Tasten brauche ich eigentlich nicht.
Das ist so die Reduzierung auf das Wesentliche. Das mag ich. Und wenn ich ein bisschen Glämmer brauche, dann schalte ich die Untertastenbeleuchtung an.

[Tagebuchbloggen. Donnerstag, 25.3.2021]

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Ich habe einen Tweet der Polizei geliked. Ein Tweet der Polizei Berlin, die fotografierte, wie sie Autos abschleppen, die auf Fahrradwegen parken oder halten.

Ich habe einen Tweet der Polizei geliked.

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Ich träumte, dass ich mit dem Fahrrad durch den Wald fuhr. Mitten im Wald gab es eine Polizeisperre. Zwei Autos nur, die einfach auf der einspurigen Waldstraße hielten. Einige Polizisten standen neben dem Wagen. Ich stieg vom Fahrrad ab, etwa in zehn, vielleicht fünfzehn Metern Entfernung und setzte mich auf einen trocknen Mooshügel neben der Straße. Ich entnahm ein Pausenbrot aus meiner Tasche und aß. Dabei behielt ich Augenkontakt mit den Polizisten und gab Zeichen, dass ich jetzt Pause machen würde, bis der Spuk vorbei sei. In dem Auto saß eine berühmte Frau, die ganz offensichtlich geschützt wurde. Sie hatte eine rote Decke übergeworfen, das konnte ich durch die Vorderscheibe sehen. Ich zog mein Telefon hervor und googelte nach Nachrichten, ich wollte schließlich wissen, was da gerade los war. Ahso, eine Demo in der Frankfurter Allee. Ich verstehe.

Die Frau wurde unter Polizeischutz aus dem Auto geholt. Sie war immer noch in diese Decke gehüllt und die Polizei drückte ihren Kopf nach unten. Es war Sophia Tomalla. In dem Moment wusste ich, dass es nur ein Traum war. Ich dachte nur, Mensch, du träumst von Sophia Tomalla, das meinst du doch nicht ernst. Kurz darauf schaue ich nach rechts, also in die entgegengesetzte Richtung der Polizei. Dort hatte ich vorher schon Bewegung festgestellt. Jetzt erkannte ich erst, dass das Freischärler waren. Sagt man das so? Das war das Wort, das mir im Traum einfiel. Ich konnte das nicht googlen, weil ich verstand, dass ich mich gerade zwischen den Fronten befand. Die Freischärler trugen Gewehre, eher Jägergewehre, die Männer hatten auch eine Jägeroptik, aber sie waren ganz offensichtlich auf der Pirsch zum Polizeiauto. Für mich war das blöd. Ich konnte der Polizei nicht sagen: hey da passiert gleich was, ich gehöre aber nicht dazu, weil dann hätte ich die Freischärler verraten und die mich vermutlich erschossen. Die Freischärler sahen aber aus wie Coronaspinner und die wollte ich auf keinen Fall unterstützen.
Tat ich aber nichts und das Feuer wäre eröffnet worden, hätte mich die Polizei als bewaffneter Coronaspinner betrachtet und man hätte mich schlichtweg durchsiebt.

Ich starrte auf mein Brot. Der Hunger war mir vergangen. Dann wachte ich auf. In Momenten der Ausweglosigkeit wache ich in Träumen immer auf. Ist das bei allen so? Das muss ich mal in Erfahrung bringen. Das ist sicherlich interessant.

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Fürs Protokoll: neuerdings finden Demos immer in der Frankfurter Allee statt. Traktoren, Coronaspinner, undsoweiter. Das war früher doch nicht so, oder?

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Vorletzte Woche schrieb ich noch, dass ich relativ wenig Meinung zu Grenzwerten bei Inzidenzen und generell über Maßnahmen, welche nun die besten seien um durch die Pandemie zu kommen. Seit dieser Woche habe ich das Gefühl, dass die Regierung auch keine Meinung hat. Dass niemand Wählerinnen verprellen will und sich deswegen völlig erratisch und unentschieden verhält. Dabei ist für mich, Merkels Entschuldigung wegen diesem seltsamen Ruhedonnerstag, noch der einzige Lichtblick.

Der beste Tweet dazu ging so (oder so ähnlich): „Weil man versucht hat, es einigen Gruppen recht zu machen, hat man es geschafft es allen unrecht zu machen.“
Den Tweet dazu finde ich leider nicht mehr.

Natürlich gibt es immer etwas an politischen Entscheidungen auszusetzen und auch an einen politischen Kurs. Ich fühle mich jetzt aber zum ersten Mal schlecht regiert. Und ich habe auch nicht das Gefühl, dass man daraus lernen wird.

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Ich kränkle gerade etwas. Es bahnt sich etwas an.

[Tagebuchbloggen. Mittwoch, 24.3.2021]

Ich ging um 21:30 ins Bett. Weil ich ja immer um 5 wach werde und dann nicht mehr einschlafen kann. Ich wollte mir daher ein bisschen Schlaf erschleichen, da ich vermutete, dass meine biologische Uhr derzeit auf einen gewissen Sonnenstand reagiert, der auch mit heruntergezogenen Gardinen und auch noch bei Dunkelheit funktioniert.

Ich bin dann um 3 wach geworden. Die Schlafperiode hat sich also nur um zwei Stunden nach vorne verschoben. Das Experiment fühlt sich ziemlich misslungen an. Es hat also wohl nichts mit einer bestimmten Uhrzeit zu tun. Möglicherweise habe ich momentan einfach ein bestimmtes Schlafkontingent, das mein Körper aufbraucht und danach nicht mehr schlafen will. Das sind diese fünf Stunden. Was weiter nicht schlimm ist, wenn ich danach wach und fit wäre. Bin ich aber nicht. Was tat ich also? Ich lag zuerst zwei Stunden wach, gegen fünf beschloss ich einfach aufzustehen und mich an den Bildschirm zu setzen. Ich trank einen Kaffee, ass eine große Portion Muesli mit Joghurt als wäre Frühstückszeit, schrieb ein bisschen was und las ein paar Tabs, die ich noch offen hatte, leer. Gegen sieben legte ich mich wieder ins Bett und dann schlief ich nochmal zwei Stunden.

Danach setzte ich mich auf, trank einen Kaffee und hatte schon das erste Meeting.

Ich hasse Homeoffice.

Dennoch werde ich diese Woche nicht ins Büro zurückkehren. Ich warte auf Montag, lass mich testen und dann gehe ich wieder zurück. Ich werde mir aber irgendwo einen ruhigen und virenfreien Winkel im Büro suchen.

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Am Wochenende ist auch noch Bundesligapause, weil wieder die Nationen und Menschen mit Pässen gegeneinander antreten müssen. Dieses Nationalschiessen.

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Zur Mittagspause laufe ich die Landsberger Alle hoch zum Velodrom. Dort sitze ich auf diesen langen Stufen in der Frühlingssonne. Ich bin zu warm gekleidet. Meinem Gesicht gefällt es.