Mal Tagebuchbloggen in die Zukunft.
So wird der heutige Tag sein:
-Ich werde gleich zu Kaisers gehen ein bisschen einkaufen
-Ich werde erst um 19 Uhr ins Büro gehen, da wir heute nachts etwas machen müssen.
-Werde vorher noch ein bisschen reserveschlafen, weil es unterUmständen sehr spät werden kann
-Ich werde Pizza essen (mit Käserand!)
-Wir werden Kickern bis es losgeht
-Irgendwann werde ich dann schlafen gehen
[8.6.]
Van de Brug ist sein Familienname, und beim Gedanken an diesen alten Freund aus den Niederlanden kam der Gedanke auf, es ziemlich schade zu finden, den Kontakt vollends verloren zu haben, am Ende sei halt vieles zwischen uns unerträglich geworden, das Klammern, das Gebrauchen, dieser einseitige Verkehr von ihm ohne jemals etwas zurückzugeben, der Respekt der mir langsam verlorenging und am Ende diese Sache mit der Drohung, es führte mich dazu mich abzuwenden, was möglicherweise nicht nur pragmatisch klingt, sondern durchaus pragmatisch IST, denn manchmal gehen fehlgeleitete Verbindungen auf die Gesundheit und bei uns ging es sehr auf den Magen. Und vom Suizidversuch habe ich erst später gehört.
Doch oftmals vergeht die Zeit, bei uns gingen acht Jahre, und Menschen die ich jemals geliebt habe bleiben mir geliebt, und ich will nicht nur wissen was aus ihnen geworden ist, sondern nehme auch den Kontakt irgendwann wieder auf.
Er ist nicht googlebar. Google liefert zu Van de Brug zu oft das anschließende Verb gesprongen. Möglicherweise der Grund warum ihn Google nicht mehr erfassen kann.
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K ist zurück aus Chicago. Ich habe ihr einen sehr knoblauchlastigen Pesto gemacht. So wie sie ihn am liebsten mag. Am nächsten Tag hat sie mir Fotos aus Chicago gezeigt. Drei Stunden lang. Oder vier. Tagsüber ist sie schläfrig, abends wenn bei mir die Lider fallen wird sie hibbelig und braucht ein offenes Ohr. Gott, sag Du mir bitte wie lange das noch anhält, wenn nichtmal der Onlineduden [hrhr] das weiß.
Am Nachmittag haben wir Hits aus unserer Jugend angehört (Pet Shop Boys, Depeche Mode, Cindy Lauper, Uriah Heep, […] ) und dazu getanzt.
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Das Wählen sein lassen, wegen der Unfähigkeit mich für politische Vertreter entscheiden zu können. Das ganze Jahr hindurch ärgere ich mich über Entscheidungen und kann sie doch niemals einem klaren Parteienmuster zuordnen. Viel zu spät fiel mir die Sache mit der Piratenpartei ein. Die haben sich ja noch an so wenigen Themen gerieben, dass sie kaum etwas falsch gemacht haben können.
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Heute:
Ich sitze im Pensierzimmer und hacke auf die Tastatur ein.
[5.6.]
Als ich ins Büro komme herrscht Krise. Große Schwierigkeiten. Das war mein Thema. Ich setze mich dazu, man sagt ich sähe schlecht aus, die Augen verquollen, das Haar nicht frisiert, das Hemd verrutscht, die Krawatte wieder zu locker. Sie spielen natürlich nur mit meinen Gefühlen. Bei uns kämmt sich nämlich niemand, es trägen niemand Hemden. Und niemalsnie eine Krawatte. Deshalb machen sie sich über mich lustig.
Ich räche mich und halte meinen Atem an.
Niemand kümmert es.
Es wird zwölf. Jemand erwähnt die Pizzeria am Strausberger Platz, die allgemeine Antwort lautet: da waren wir schon lange nicht mehr. Beim Gedanken an eine saftige Pizza mit Knoblauchöl bekomme ich sehr starken Hunger.
# Wir sind bekannte Gäste. Das Knoblauchöl steht auf dem Tisch. Ich schmeisse einen Salatteller (die Vorspeise) um und lösche dabei eine Kerze. Ich bekomme einen neuen Salat, aber man vergißt meine Apfelschorle. Der Kellner sagt das wäre wegen dem Salat. Man lacht.
Dann kommen die Pizzen. Ich ertränke sie in Knoblauchöl und bespicke sie mit rohen Knoblauchzehen. Wir sind zufrieden. Wir lachen.
Später klingelt mein Mailprogramm. Ein Meeting mit ungeliebten Leuten in einer ungeliebten Athmosphäre. Ich schwitze Knoblauch, ich dünste Knoblauch aus, ich spreche Knoblauch und Knoblauch wächst mir aus den Ohren heraus.
Man nickt mir zu und gibt mir recht.
Ich gehe zurück zu meinem Team und brauche körperliche Züchtigung. Wir spielen Tischfußball. Ich verliere.
Ich öffne Facebook und adde mir ein paar Freunde.
[4.6.]
K ist heute aus Chicago zurückgekommen. Jettlägrig. Sie konnte ein bisschen schlafen, hat dann aber ihre Koffer umgepackt und ist am Nachmittag nach TXL und abgedüst nach Zürich.
Ich habe hallo gesagt.
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Ostkreuz im Friedrichshain: Lostkreuz. So lange es noch.
[3.6.]
Gestern mit MadameModeste essen gewesen, in der Fleischerei an der Schönhauser Allee. Das Essen war jedenfalls klasse und das Lokal auch. Probleme bereitete mir lediglich meine Wildtaube (in Rosmarinsauce gebraten). Beim dritten Bissen fand ich diese dann doch ziemlich blutig und ich habe zu viel Halbwissen um mir keine Sorgen zu machen, denn mein Halbwissen sagt mir: Salmonellen sehen aus wie kleine langgezogene Schafe und haben so Antennen auf dem Kopf und das Schlimmste ist: sie gehen in mein Blut und machen alles hin und am Ende bin ich tot. Gleichzeitig bin ich allerdings zu geistesbeschränkt (hungrig) um mit dem Essen aufzuhören, und fragte die Madame daher alle zehn Sekunden ob das wirklich unbedenklich sei worauf ich da rumkaue. Modeste wußte das auch nicht so genau, äußerte ihre Unwissenheit aber in einem dermaßen beruhigenden Ton, dass sich mein Puls stets für acht Sekunden beruhigte. Als ich dann die zweite Keule aufschnitt und sah, dass diese hingegen durch war und ganz anders aussah, um nicht zu sagen, gut, war mir klar, dass ich auf eine rohe Taube (die Ratten der Lüfte) gekaut hatte und mir wurde schwindlig und der Sauerstoff entwich mir aus den Ohren und ich musste die Kellnerin herbeirufen.
Taube. Worauf hatte ich mich da eingelassen. Beim Lesen von Wildtaube muss ich an etwas Abstraktes gedacht haben, an etwas wie Falscher Hase, oder Kalter Hund oder ichweißnicht, dass so krankes Kanalgefieder kein Witz ist sonder wirklich gegessen wird war mir erst beim Gedanken an Salmonellen und einen qualvollen, die Magenwände auffressenden Tod bewusst geworden.
Die Kellnerin hat dann den Teller in die Küche gebracht und ich versuchte mich entspannt mit meiner Begleitung zu unterhalten während mir der Schweiß von der Stirn plätscherte in der Hoffnung jeden Salmonell einzeln über die Hautporen ausschwitzen zu können, und
die Kellnerin sie kam nicht, es dauerte und dauerte, währenddessen lächelte ich und nickte, sagte aha, im Magen kitzelte der erste Salmonell, ich spürte ihn genau, dann auch den Zweiten, es juckte sogar hinter den Ohren und dann war ich plötzlich tot.
Die Kellnerin kam wieder, mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck, sagte aber sehr sachlich: —
Nunja, was sie sagte weiß ich jetzt nicht mehr, ich war immernoch außerstande zuzuhören, ich war ja tot, aber es war jedenfalls irgendwie alles OK, und dass es irgendwie OK war hatte ich verstanden, oder wollte ich verstanden haben, sie bot uns dann einen Wein auf das Haus an und da merkte ich auch schon, dass ich gar nicht gestorben war.
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[1000]
Eintrag #1000
(Oh, wie merkwürdig wehmütig ich jetzt plötzlich werde, mein kleines Blögchen wird 1000, vielleicht wegen der eigenartigen Lust die mich wieder erfasst hat, vielleicht weil es in einem mal so rasant auf die 1000 zuging, so hatte ich vor einigen Monaten noch berechnet, wenn ich in diesem Tempo weitermache, diese zwei Einträge im Monat auf die das Tempo mittlerweile geschrumpft war, dann käme ich irgendwann im Rentenalter (oder im Dementenhospiz) auf den tausendsten Eintrag, und jetzt plötzlich kloink: 34 Jahre alt und ich stosse auf die drei Nullen als wäre es eine Frührente boah, aber dann, was ist schon 1000, ich blogge seit März 2003, das sind jetzt schon mehr als 6 Jahre, dann müsste ich- und jetzt weiss ich gar nicht wie ich diesen Satz gescheit zu Ende bringen soll, weil ich jetzt irgendwas sagen müsste über das rasante Tempo der Tage wie sie verfließen […]
Aber nein, ich fange den Satz ganz neu an um zu sagen, dass alles ganz toll ist, und ihr ganz super seid. Und dass ich jetzt feiern gehe.)
[2.6.]
Auch die Kaltmamsell und Nicwest bloggen jetzt Tagebuch.
Gestern hat überraschenderweise mein Vater angerufen. Unser jährliches Telefonat. Nicht dass wir ein schlechtes Verhältnis hätten, aber telefonieren finden wir beide irgendwie doof. Wir begnügen uns mit der Gewissheit Vater und Sohn zu sein, dass alles gut geworden ist und uns einmal im Jahr zu sehen. Die Zwiste von früher lassen wir nicht mehr zu, sie haben in unserer Vater-Sohn Beziehung nichts mehr zu suchen, wir haben verstanden wie sie funktionieren und was sie auslösen. Jetzt geht es nur noch um das Sein. Und manchmal wissen zu lassen, dass man einander das Beste wünscht.
Ich habe ihm davon abgeraten Internet anzuschaffen. Und war dabei ein wenig von mir selbst überrascht. Aber es würde sein Leben nicht bereichern, eher nur verwirren und er würde sich unter Druck setzen das Medium zu verstehen und es richtig zu gebrauchen. Der Mann geht in den Dörfern tanzen, mag Urlaub am Strand und hat es gerne wenn Menschen da sind. Zudem liest er nicht und hört keine Musik. Internet ist für ihn zuviel Meta. Außerdem bliebe es bei ihm DAS INTERNET und nicht das Medium womit er sich täglich die Nachrichten reinzieht, womit er seine Textdateien oder PDFs mit einem FYI versehen an den Freund schickt, womit er nach Musik sucht. Am Ende würde er sich eine vordefinierte Meinung annehmen und sagen: Ach das Internet, ist ja alles nur für Leute die zu viel Zeit haben.
Ich lasse ihn lieber im Glauben, das was ich mache, sei HokusPokus.
Ein schlapper Post Nummer 999. Jetzt bin ich aufgeregt.
[muss nachtragen]
Ich muss korrigieren. Ich lag falsch. Es sind nicht die Banalitäten die als Inhalte für das Handwerk herhalten müssen sondern es ist tatsächlich romantischer Natur das Ganze. Die kleinen Banalitäten, die unfertigen Gedanken, Possen, Dialogen, die Gebete, es ist in Wahrheit immer ein Gebet.
Und ein bisschen ist es auch der Zwang, die Chronistenpflicht, all diesen zeitlichen Aufläufen, Microgeschichten, Microplötte, Geschichten ohne Plot, festzutackern, das Vergängliche festhalten, was an sich ja schon merkwürdig ist, wie schön das Vergängliche ist wenn man ihm beim Vergehen zusieht. Madre mia piena di grazia.
Ich bin dann doch noch hinausgegangen, mich in den Weinbergspark gesetzt und als ich saß, las ich zweidrei Zeilen und da hörte ich ein leises Prasseln, das allmählich lauter wurde, dann fiel ein Tropfen auf die Buchseite und ich schaute auf, sah die Menge der Menschen sich gleichzeitig vom Gras erheben und ich bin ja schon so internetifiziert, dass ich dachte, hey, könnte ein Flashmob sein.
Und dann fiel mir das ein. Das mit den Banalitäten. Und das mit dem Beten.
[1.6.]
Wir haben heute zwar den ersten Juni, aber ich mach hier dann einfach mal weiter, ne? Möglicherweise nicht in der gleichen Frequenz, aber doch noch so, dass es einigermaßen Tagebuchbloggen ist. Gefällt mir gerade sehr, das Beschreiben der Abläufe, notgedrungen banale Details auf ein Podium zu stellen und polieren, das ist eine super Übung und beliebig formbar.
Zudem ist das hier Eintrag Nummer 997. So kurz vor der Tausend bin ich gewissermaßen euphorisch.
Heute werde ich nicht viel tun. Außer zu tippen und ein bisschen auf dem elektrischen Klavier spielen.
Seit dem Umzug nach Berlin (nächste Woche zwei Jahre) habe ich heute endlich das Instrument über den Computer zum Laufen gekriegt, was notwendig ist um einen Ton in die Lautsprecher zu bekommen. Etliche Versuche, endloses Durchlesen der einschlägigen Foren. Nie ein Ton, nie ein Piep.
Heute habe ich dann diesen Haken bei „Mute“ gesehen. Unter dem Schalter für „Audioeingang“.
Das ist ärgerlich. Aber jetzt bin ich so froh darüber, dass gar kein Ärger aufkommen konnte.
Nachher werde ich mich noch mit dem Nachbarn treffen und über diesen unmöglichen Brief der Hausverwaltung schimpfen. Und natürlich Pläne zu schmieden um die Sache anzugehen.
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Mit der Kalenderfunktion auf dem Desktop binnen zwanzig Sekunden zurückgeblättert zu meinem Geburtstag. Ich bin ein Dienstagskind. Falls das jetzt etwas bedeutet.
Komische Sache übrigens, mit dem Datum des Rechners in den Siebzigern zu stehen.
[31.6.]
Sehr bettlägerig gewesen heute, wobei ich gar nicht weiß warum. Da ich aber keine Verpflichtungen hatte, ließ ich es mir gut gehen im Bett. Peter Handkes Tormann-Text aus dem Regal geholt und mit ins Bett genommen, auf Seite 34 musste ich Rainald Goetz (Dekonspiratione) aus dem Regal nehmen um eine Passage nachzulesen die mich an etwas aus Handkes Buch erinnerte, was dann aber nicht so war, weiß jetzt auch nicht mehr warum, und als ich aufgestanden war um Goetz zu holen hatte ich auch gleich Franzobel mit ins Bett genommen, weil ich das Buch letztes Jahr meiner Schwester geklaut habe (wofür ich mir später die Erlaubnis nachträglich eingeholt habe) und schon lange darin lesen wollte, Franzobel ist ja einer dieser Leute die ich nur vom Namen und von der Reputation her kenne, vor allem von der Reputation, und so lag ich irgendwann mit Jelinek, Bernhard und anderen deutschen Zeitgenossen im Bett und wurde später von meinem eigenen Schnarchen geweckt.
Am Abend zu C gegangen um Wein zu trinken auf ihrem Balkon. Zum Reden bei Regen. Man könnte glatt meinen ich wäre ein Balkonnomade.