[Montag, 23.5.2022 – sozusagen gerettet]

Eigentlich wollte ich das Relegationsrückspiel zusammen mit meinem Freund Klaus in der Kneipe schauen, aber er will sich das Rückspiel nicht mehr antun.
Also schaue ich es zuhause. Mit Frau und Hund.
Mir fiel auf, wie wir auch vor zehn Jahren das Relegationsrückspiel alleine zusammen schauten. Damals gegen Fortuna Düsseldorf. Das war noch in der alten Wohnung. Aber es war das gleiche Sofa. Damals stiegen wir ab.

Es ist der Tag des Wahrheit. Werden wir am späten Abend abgestiegen sein oder werden wir weiterhin in der ersten Liga spielen. Nach den letzten drei Jahren und dem Gurkensport (nix gegen GUrken!), den unsere Mannschaft seitdem betreibt, und den leidlichen Konflikten im Verein, mit dem polternden Investor und dem vielen verbrannten Geld, sagt die ganze Republik, dass unser Abstieg verdient wäre.

Aber dann. Dann bäumt sich diese Mannschaft ein letztes Mal auf, spielt ein begeisterndes Spiel und erreicht das minimale Ziel, einen zwei Tore Vorsprung, und wir sind plötzlich gerettet.
Ich kann mich gar nicht richtig freuen. Ich sitze nur in meinem Sessel, höre den Gesängen im Fernseher zu, lese die hunderten Nachrichten in verschiedenen Chats, Twitter und lasse es über mich ergehen.
Nach dem verlorenen Hinspiel am Donnerstag und der seitdem verlorenen Hoffnung, hatte ich die Emotionen abgeschaltet. Ich brauche jetzt erstmal ein paar Tage, bis alle Gefühle wieder hochgefahren sind.

Die Hündin müsste raus, ihr Blasendruck müsste längst überfällig sein. Aber sie bleibt ruhig liegen, also nutze ich die Zeit, alles auf mich einrieseln zu lassen.

Diese Woche wird vermutlich eine entscheidende Woche. Der Präsident wird mutmasslich zurücktreten um seinem Abwahlantrag vorauszueilen, der Geschäftsführer Finanzen tritt zurück, am Sonntag findet die Mitgliederversammlung statt, der Investor will mehr Einfluss, er will da eine Rede halten, es ist alles drunter und drüber.

Ich bin müde und will ins Bett.

[Sonntag, 22.5.2022 – die beiden Volksparks, Citroen C3]

Eigentlich waren wir heute mit einem Freund, seiner Frau und deren Hund verabredet. Unsere Frauen kennen einander nicht. Wir wollten mit den Hunden in den Wald. Das stellte ich mir sehr nett vor. Allerdings erkrankte heute die Frau des Freundes, also strichen wir den Plan. Meine Frau und ich gingen dafür mit der Hündin in den Volkspark Prenzlauer Berg. Der Name ist total verwirrend. Der Volkspark Prenzlauer Berg befindet sich gefühlt in Lichtenberg und der Volkspark Friedrichshain in Prenzlauer Berg.

Während der VP Friedrichshain von Altbauten umgeben und von schönen Menschen bevölkert ist, liegt der VP Prenzlauer Berg von Plattenbauten umgeben ziemlich leer und menschenlos da. Über die Luftlinie trennen die Parks ziemlich genau 1,14 Kilometer. Ich habs auf Googlemaps nachgemessen. Die beiden Parks sind wie zwei unterschiedliche Planeten.

Wir liefen einmal den einen Berg hoch und setzten uns aus das Plateau. In den 15 Minuten, die wir da sassen, kamen 3 Menschen und ein Hund. Danach liefen wir durch den Wald zum anderen Plateau. Wir trafen 4 Jugendliche.

Wer hingegen mal an einem sonnigen Sonntagnachmittag im Volkspark Friedrichshain war, weiss, wie anders es dort an einem sonnigen Sonntagnachmittag ist.

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Schon seit längerem überlegen wir, unser altes Auto zu verkaufen und uns ein neueres anzuschaffen. Das hat mehrere Gründe. Seit wir das Tier haben, stört uns aber vor allem, dass unser Auto nur 2 Türen hat und dadurch alles, was mit Logistik auf der Rückbank zu tun hat, für Muskelkrämpfe sorgt. Eigentlich wollte ich vor einem Jahr noch das Auto abschaffen bzw ich schwankte ständig hin und her, es komplett abzuschaffen, oder einen moderneren Wagen zu erwerben.

Als ich vor sechs Jahren den kleinen VW kaufte hatte ich keine Ansprüche, weil ich nicht wusste, was ich für Ansprüche an ein Auto haben könnte. Ich habe noch nicht so lange den Führerschein, ich wollte einfach mal mit meiner Frau aus Berlin raus fahren. Ich entschied mich für das billigste Auto, das halbwegs okay aussieht. Ein VW Up.
Mittlerweile stören mich aber ein paar Dinge:

  • kein Bluetooth
  • Handschaltung

Ich hasse es Gänge zu schalten. Es gibt nichts verblöderndes als Gänge zu schalten. Tempomat stand früher auch auf der Liste, das war mir aber dermassen wichtig, dass ich einen für 800€ einbauen habe lassen. Seitdem sind weite Reisen ein Traum geworden.

Dann gibt es viele Kleinigkeiten, die im Laufe der Zeit nervig wurden:

  • elektrischer Fensterheber lässt sich nur auf einer Seite bedienen
  • Kabel überall wegen fehlendem Navi und Bluetooth
  • die harten Sitze
  • Abstandstempomat wäre schon noch geiler als nur Tempomat

Ich bin ja Techniker. Während ich so mit diesem Auto durch die Jahre fuhr, musste ich ständig an technische Lösungen für meinen Fahrfrust denken und fand viele Lösungen, für die es bereits tatsächliche Lösungen gab. Und je mehr ich von diesen Lösungen wusste, desto mehr wuchs mein Fahrfrust.

Jetzt bin ich beim C3 von Citroen angelangt. Ich schrieb schon im August des letzten Jahres über ein neues Auto und den C3. Einer der Sätze befand: „Natürlich werden wir kein Auto kaufen“.
Heute beschlossen wir aber, dass wir bis zur nächsten Schwedenreise einen C3 haben werden.

Ich ging also auf wirkaufendeinauto.de und füllte das Formular aus um den Wert meines jetzigen Autos bestimmen zu lassen. Dafür musste ich auch hinunter auf die Strasse um den Wagen zu fotografieren. Auch die Kratzer und die Beulen. Ich fahre ja schon seit langem mit einem kaputten Kotflügel herum, den ich notdürftig mit Panzertape befestigt habe. Das dürfte sich jetzt rächen.

[Samstag, 21.5.2022 – kein Welpen mehr, Tshirts, LYB]

Wir gehen ja weiter zur Welpenschule, trotz des Einzeltrainings, das wir nehmen. Zum einen mögen wir diesen Termin am Samstagvormittag und in so einer großen Gruppe kostet es auch nicht viel. In der Gruppe lernt man nicht so viel und intensiv wie im Einzeltraining, aber es macht dem Tier und uns Spass, dort jede Woche die gleichen Hunde und Menschen zu treffen und kuratiert etwas zu tun.

Für diesen Samstag wurden wir upgegraded. Unsere Hündin ist ab sofort kein Welpen mehr sondern offiziell ein Junghund. Sie ist jetzt 5 Monate alt. Wir gehören nicht mehr zur Welpengruppe, sondern zur Junghundgruppe. Sie werden so schnell so groß. In dreivier Monaten ist sie geschlechtsreif, ende des Jahres macht sie den Führerschein.

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Es ist heute kalt. Nach den 29 Grad von gestern verliess ich das Haus mit kurzer Hose und Tshirt. Auf dem Hundetrainingsplatz regnet es und es weht ein kühler Wind. Ich bin nicht der einzige, der etwas unentspannt und mit hochgezogenen Schultern in der Gegend rumsteht. Meine Frau ist, wie immer, für alle Wetter gewappnet.

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Dann habe ich wiedermal 8 identische Tshirts bei WE bestellt. Deren Basic Tshirt Linie mit dem Rundhals ist das perfekte Tshirt.

Und weil ich schon dabei war, habe ich mir bei Spreadshirt ein Tshirtaufdruck designt. Neulich kam ich drauf, dass LONGYEARBYEN aus 12 Buchstaben besteht und man diese in drei Viererblöcken anordnen kann.

LONG
YEAR
BYEN

Muss mega aussehen. Habe ich dann so bestellt. Es ist übrigens wieder ein bisschen her, dass ich die Webcam auf Longyearbyen gepostet habe. Heute ist das Wetter da ein bisschen trüb. Es hat schon einen Plusgrad Celsius, es sieht daher ein bisschen schneematschig und schmutzig aus. Aber langsam beginnt der Sommer.

[Freitag, 20.5.2022 – Hundediebe, Regen, Grünflächenbanause]

Eine Tätowiererin, der ich auf Insta folge, wurde am Ostbahnhof ihr Hund gestohlen. Einfach so. Gestohlen. Glücklicherweise hat eine Überwachungskamera einen jungen Mann dabei aufgezeichnet. Einen Hund stehlen. Ich las mich zu dem Thema ein. Das ist offenbar einfacher als gedacht, da ein Hund in der Regel einfach mitgeht, wenn jemand ihn bei der Leine nimmt. Zwar wird der Hund weinen, weil er schon nicht getrennt werden will, aber er wird sich dem nicht widersetzen. Und nach einigen Tagen wird das Tier es wahrscheinlich vergessen haben, zumindest wenn es gut behandelt wird und schon gibt es ein neues Leben.

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Am Montag gibt es das Rückspiel, das wir mindestens 2:0 gewinnen müssen. Aber ich wollte ja nicht über das Thema reden.

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Am Nachmittag telefonierte ich mit einer Freundin, die ausserdem bei Hertha arbeitet. Wir vereinbarten, dass wir nicht über Hertha reden. Dann haben wir naturlich nur über Hertha geredet.

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Am Abend versprach mir die Regen-App Regen. Gekommen ist nur ein Plätschern. Ich ging mit dem Tier hinaus. Es wehte schon ein kräftiger Wind. Weiter weg gab es ein Donnern. Die Hündin bekam das nicht mit. Sie kennt Donner noch nicht, aber ich ahne, dass das ein Ding werden wird, wenn der Donner mal näher ist. Ich erinnere mich an schwere Gewitter in Schweden. Im schwedischen Wald haben Unwetter nochmal eine ganz besondere Bedrohlichkeit, man ist dem Wetter wesentlich ausgelieferter, in der Stadt teilst du dir das Schicksal mit vielen Menschen, im Wald bist du alleine. Mit dir und Thor.

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Am Sonntag werden wir mit einem Freund und seiner Frau die Hunde spazieren führen. Die Suche nach einem passenden Ort ist gar nicht so leicht. Vor allem jetzt, wo wir unser Tier nicht einer stundenlangen Autofahrt aussetzen wollen. Die Trainerin empfahl uns, das Autofahren erst wieder langsam hochzufahren.

Ich merke, dass ich total der Grünflächenbanause bin. Ich habe keine Ahnung von Grünflächen. Ich habe mich noch nie besonders viel für grün interessiert. Jetzt kenne ich die paar Grünflächen in unserer Nachbarschaft und ich kenne das Tempelhofer Feld und natürlich den Tiergarten, aber ich habe keine Vorschläge zu teilen. Wald. Ich war manchmal im Wald bei Wandlitz spazieren. Da gibt es einen schönen See und ein Schlossruine namens Dammsmühle. Das empfehle ich manchmal Menschen, dann komme ich mir voll wie der Brandenburgkenner vor. Aber das ist für meine Freunde zu weit, die kommen aus Südberlin. Wir werden schon etwas finden. Sonst laufen wir an der Spree entlang.

[Donnerstag, 19.5.2022 – Herrpfeiferhihihi, auf Kinder glotzen, HSV]

Über das verlorene Relegationsspiel will ich heute nicht reden. Ich hasse es, wie mir das immer so nahe geht.

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Am Morgen hatte ich den Zahnarzttermin. Ich bin schon lange bei dieser Zahnärztin und war dort auch sehr oft, da mich über mehrere Jahre hinweg hartnäckige Zahnfleischprobleme plagten. Das Personal hat sich in diesen 13 Jahren noch nie geändert. Es sind alles ältere Damen und sie kichern immer, wenn ich komme. Hallo Herr Pfeifer, hihihihi. Dahinter die andere, sie sagt nicht hallo, aber sie macht hihihi. Das ist bei denen immer so. Auch am Telefon. Ach, Herr Pfeifer, hallohihihi. Ich habe das einmal beobachtet, sie kichern nicht bei anderen Patienten. Zumindest nicht bei denjenigen, die ich beobachtet habe. Jetzt stelle ich mir natürlich Fragen über meine Persönlichkeit. Ich mache immer dumme Witze, wenn ich bei denen bin, vielleicht sollte ich damit aufhören. Andererseits macht es mir auch gute Laune wenn sie so kichern und dann mache ich noch dummere Witze und kriege eine noch bessere Laune, das schaukelt sich mit denen immer so hoch. Ich bin für die Herr Pfeiferhihihi.

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Am Nachmittag hatten wir das Erstgespräch mit einer Hundetrainerin, die uns individuelle Beratung geben wird. Ich werde so viele meiner aufgestauten Fragen los, das erleichtert mich. Ich war nie ein besonderer Hundefreund, das ist ja eher meine Frau, aber seit ich dieses Tier habe, nehme ich es unglaublich ernst und ich stelle fest, dass ich einen Grossteil meiner Emotionen in sie stecke, ich kann nicht anders, es hat mich einfach überfallen und ich muss das jetzt irgendwie handzuhaben lernen. Dabei weiss ich nicht ganz, wie ich damit umgehen soll. Ich habe simple Fragen wie: langweilt sie sich in meinem Leben? Oder das genaue Gegenteil: überfordere ich sie mit meinem Leben? Ich weiss es wirklich nicht. Und es könnte beides sein, ich kann es aus dem Tier schlichtweg nicht ablesen.

Das Gespräch dauert zwei Stunden. Die Hündin ist von der Trainerin sehr angetan. Sie kontrolliert das Tier mit wenigen Handgesten. Danach haben wir eine Liste von Todos. Bei der Gewöhnung an die Stadt haben wir vieles richtig gemacht. Sie ist sehr unempfindlich gegen Lärm, das ist super. Wir sollen sie allerdings auch an Kinder gewöhnen, vor allem Kinder unter sechs Jahren, wir sollen uns also einfach mit dem Tier auf einen Kinderspielplatz setzen und den Kindern zusehen. Das machen junge Hunde am liebsten: irgendwo sitzen und glotzen.

Vielleicht lasse ich das aber meine Frau machen. Es sieht komisch aus, wenn ein dicker, haariger Mann am Spielplatz sitzt und Kinder anschaut.

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Am Abend kommt mein Freund Klaus und wir schauen das Relegationsspiel. Achso, genau, ich brauche erstmal eine Auszeit.

[Mittwoch, 18.5.2022 – Menschen im Gras, Kalenderliste für morgen]

Heute arbeitete ich von zuhause aus. Am Vormittag ging ich in einen nahegelegenen Park in dem ich das Tier von der Leine lassen kann. Das geht nur vormittags, weil vormittags noch keine Menschen im Gras sitzen. — Vormittags sitzen Menschen selten im Gras. Je länger ich über diesen Fakt nachdenke, desto seltsamer wird er.

Wenn jedenfalls Menschen im Gras sitzen, ist es mit meiner Hündin immer etwas schwierig, da sie neugierig ist und mit allen spielen will und vermutlich spielen Gerüche eine Rolle, wenn jemand dort sitzt und ein Salamibrot verspeist.
Aber vormittags sitzen keine Menschen im Gras. Vormittags gibt es nur Joggerinnen und Menschen, die mit ihren Hunden spazieren. Es ist für mich die entspannteste Zeit, das Tier von der Leine zu lassen. Wir laufen den Park auf und ab, sie hält sich immer in meiner Nähe auf und schnüffelt im Gras. Wenn sich andere Hunde nähern, beginnen sie zu spielen und meist steht man dann mit anderen Hundebesitzerinnen herum. Manchmal redet man mit denen, manchmal schaut man einfach auf das Tier oder das Telefon.

Der morgige Tag hat vier private Einträge in meinem Kalender. Viele private Einträge verheissen meist nix Gutes. Aber das heisst für morgen nur:

  • Geburtstag meiner Nichte
  • Zahnarzttermin
  • Relegationsspiel Hertha gegen den HSV
  • Einzeltermin mit der Hundetrainerin

Gut, der Geburtstag der Nichte ist kein Termin in dem Sinne. Für den Zahnarzttermin empfinde ich fast so etwas wie Vorfreude. Eigentlich hatte ich den Termin Anfang April 2020. Aber dann kam Corona und alle Termine wurden abgesagt. Ich mag meine Zahnärztin sehr. Sie riecht immer so gut. Nichts besonderes, aber sie riecht immer nach frisch gewaschener Wäsche. Wenn sie sich über mich beugt und das rieche, werde ich immer zahm wie ein Lämmchen. Ah, darüber schrieb ich schon 2014 einmal.

Dann der Einzeltermin mit der Hundetrainerin. Deswegen bin ich schon ein bisschen nervös. Wir buchten diesen Termin vor mehreren Wochen, weil uns das wichtig schien. Es scheint mir immer noch wichtig, aber ich habe keinen Plan, was ich mit der Hundertrainerin genau trainieren will. Meine Frau und ich haben dafür eine Liste gemacht, aber es liest sich alles seltsam schwammig. Das einzig konkrete Anliegen ist der Rückruf. Aber ich wir wissen ja wie der Rückruf geht. Er funktioniert nur selten bzw nicht in den kritischen Situationen, aber das kommt daher, dass wir ihn kaum üben und daran sind wir selber Schuld. Andere konkrete Anliegen haben wir nicht, aber wir brauchen so etwas wie eine Grundlage für ein entspanntes Leben mit dem Hund in der Stadt. So werde ich ihr das morgen erklären.

Ausserdem kommt sie zu uns in die Wohnung. Ausrufezeichen. Wir müssen also auch noch die Wohnung putzen.

Nachdem die Trainerin gehen wird, findet dann das Relegationsspiel gegen den HSV statt. Da ich nicht ins Stadion gehen kann, werde ich es zusammen mit meinem Freund Klaus bei mir zuhause schauen. Ein Spiel in dem man einander womöglich Trost spenden müssen wird.

So wird das morgen sein.

[Dienstag, 17.5.2022 – Mutmacher von Mutter, Kubernetes]

Meine Mutter hat wirklich keine Ahnung von Fussball, sie hat in den südtiroler Medien aber mitbekommen, dass Hertha in eine gravierende sportliche Schieflage geraten ist und fragt deshalb bei mir nach. Was los ist und wie es mir geht. Es ist das erste Mal, dass sie deswegen nachfragt. Ich erkläre ihr das mit den Relegationsspielen und dass alles grosser Mist ist. Meine Mutter hat 30 Jahre als Rettungswagenfahrerin gearbeitet. Sie schrieb:

Weiss nicht. Fand das so rührend, dass ich diese Nachricht allen schicken möchte.

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Ähm, was ist heute sonst noch erzählenswertes geschehen? Ich lasse die Arbeit hier mehr oder weniger grundsätzlich aus. Aber heute habe ich ein Projekt angestossen, auf das ich mich schon seit 2 Jahren freue, aber dafür hatte ich bisher nicht das richtige Personal. Das habe ich jetzt. Das erste Kickoff war für eine Stunde angesetzt. Das war natürlich wesentlich zu kurz. Aber das ist egal. Wir werden noch viel Zeit damit verbringen.

[Montag, 16.5.2022 – Stadion, Tier schlecht gelaunt]

Ich werde am Donnerstag zum Relegationsspiel nicht ins Stadion gehen können. Meine Frau ist unaufschiebbar verabredet, und wo parkt man nun die Kinder Hündin? So ist das, wenn man ein Tier hat. Plötzlich ist der ganze Vorteil, keine Kinder zu haben, vorbei. Und ich ahne es, dass diese Form der Terminkollision nicht die letzte gewesen sein wird.

Die Hündin hatte heute schlechte Laune. Das war schon am Morgen so. Wollte nicht laufen, sondern blieb ständig stehen, hörte nicht auf Kommandos, tat ihr eigenes Ding. Das sind schlechte Voraussetzungen um mit ihr ins Büro zu gehen. In der Mittagspause übe ich auf der Wiese immer Orientierung. Das bedeutet, sie darauf zu konditionieren, dass sie unangeleint in meiner Umgebung bleibt, auch wenn sie währenddessen schnüffelt und Gras frisst.
Aber heute war sie schlecht gelaunt, tat ihr eigenes Ding. Einmal rannte sie zwei Krähen hinterher und rollte dabei einen Hang hinunter und später belästigte sie einen jungen Mann, der sitzend auf der Wiese gerade sein Brötchen verspeiste. Daraufhin nahm ich sie wieder an die Leine.
Der Rückruf funktioniert bei ihr natürlich nur mäßig, sie ist noch zu klein für eine hohe Erfolgsquote. Heute war ihr Verhalten aber zu unzuverlässig.

Später, als wir durch die Appartmentblocks am Potsdamer Platz liefen, sah ich eine Zuverschenkenbox mit Kram drin. Darin lag eine gelbe Quietsch-Ente, die noch Quietschgeräusche machte. Ich legte sie auf den Boden und trat mit dem Fuss darauf. Dann war es um meine Hündin geschehen.
Also nahm ich die Ente mit. Das wird eine lange Hassliebe-Beziehung zwischen dem Tier und dem Plastik.

[Sonntag, 15.5.2022 – Hundefriseur, schwedische kalte Platte]

Ich bin ja bei dieser Hundeapp Dogorama angemeldet. Einfach, weil ich immer alles installiere und ausprobiere. Anfangs wegen der Giftködermeldungen, aber mittlerweile habe ich verstanden, dass diese Meldungen von Panik und Angst getrieben sind ist und jeder verdächtige Gegenstand ungeprüft als Meldung auftaucht. Man könnte meinen, ganz Berlin werde von Hundemörderinnen terrorisiert. Neulich traf ich eine Frau, die ihren Hund deswegen nur mit Maulkorb auf die Strasse liess. Angeleint wohlgemerkt.
Die automatischen Warnungen halte ich deshalb ausgeschaltet.

Die App hat jedoch eine soziale Radarfunktion, von der ich ahne, dass ich sie irgendwann brauchen werde. Dort gibt Anfragen für Nachbarschaftstreffen. Gemeinsames Sozialisieren, gemeinsames Gassigehen und solche Dinge. Sogar eine Gruppe für läufige Hündinnen. Sich mit läufigen Hündinnen zu treffen, das klingt wie ein guter Plan. Ich habe schon ein wenig Angst vor ihrer ersten Läufigkeit. Wir werden unsere Hündin vermutlich nicht kastrieren, das bedeutet, dass man mehrere Wochen im Jahr andere Hunden meidet, dass man eventuell auch mal die Strassenseite wechselt und solche Sachen. Das Tier wird nicht verstehen, warum sie nicht mehr mit anderen Tieren umgehen darf.
Ich werde mich der Gruppe anschliessen, wenn es so weit ist.

Es gibt auf der App auch einen jungen, gutaussehenden Hundefriseur, der einfach Gassikontakte für seinen Welpen sucht. Auf den Fotos sieht man einen megasüssen, goldbraunen Zwerpudel. Man würde denken, dass ein gutaussehender Hundefriseur mit megasüssen goldbraunen Zwergpudel sich vor Gassikontakten nicht wehren kann.
Heute lief ich dann mit meinem Tier zu einem kleinen Park, wo ich sie regelmässig von der Leine lasse. Kurz vor dem Parkeingang begegnete sie einem megasüssen goldbraunen Zwergpudel. Sie beschnupperten sich sofort. Ich blickte auf und sah einen gutaussehenden jungen Mann mit jesushaften langen Haaren.
Weil ich oft ein bisschen peinlich und ungehalten bin, sagte ich: hey du bist der Hundefriseur auf Dogorama.
Er bestätigte das und schien sich zu freuen. Wir unterhielten uns über Hundehaar. Was man halt so macht.

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Am Nachmittag putzte ich die Wohnung. Am Abend bekamen wir unsere Nachbarn von gegenüber Besuch. Einer der Gäste hat eine Zeit lag in Schweden gelebt. Wir hatten daher von unserer Schwedenreise schwedische Sachen mitgebracht, die wir gemeinsam mit den Nachbarn verspeisen wollten. Schwedische Elchwurst, schwedische Rentierwurst, schwedische Rauchwurst, Polarbrot und lauter solche Sachen. Da schwedischer Käse eher so mittelmässig ist, wählten wir Käse aus anderen Gegenden. Aber Kartoffeln mussten aus Brandenburg sein, heheh.

[Samstag, 14.5.2022 – Relegation, Ozarkspoiler]

Nun ist es also doch passiert. Hertha verliert gegen Dortmund und Stuttgart gewinnt in Köln. Damit müssen wir jetzt die Relegationsspiele gegen den Dritten der zweiten Liga absolvieren.

Ich bin von den Relegationsspielen ja traumatisiert. Der Tiefpunkt meines Fanseins fand genau vor zehn Jahren statt, als Hertha die Relegationsspiele gegen Fortuna Düsseldorf absolvieren musste und in deren Folge mit lautem Getöse in die zweite Liga abstieg. Das zog mich sehr runter. In den darauffolgenden Jahren, als andere Clubs im Relegationslimbo landeten, ging ich oft in die Kneipe und schaute mit fremden Menschen, wie deren Clubs um den Abstieg bangten. Einfach da zu sitzen, fremde Relegationsspiele schauen, bei drei, vier, fünf Bieren diese Egaligkeit zu spüren. Davon heilten meine Wunden.

Jetzt hat es aber wieder uns erwischt. Seit drei Jahren weht kein lauschiger Wind um meinen Verein.
Wir haben nun die zwei letzten Strohhalme. Donnerstag und Dienstag. Und natürlich bin ich wieder dabei.

Und sonst so. Musste ein bisschen was arbeitsmäßiges machen, habe Wohnung geputzt, waren Welpenschule. Was noch? Haben spät am Abend Ozark fertig geguckt. Das Ende hat mich enttäuscht, falls es jemand gucken will, achtung jetzt SPOILERE ich, aber ich verstehe wirklich nicht, warum Ruth sterben musste und die Byrdes überleben. Ich dachte die Byrdes und überhaupt alle werden sterben, nur nicht Ruth. Mag sein, dass Leute wie die Byrdes immer irgendwie überleben und weiterkommen, während Trailerpark-White-Trash am Ende doch immer die Opfer sind, vielleicht wollte man das mit der outfading grinsenden Byrde-Familie auch sagen, aber gerade Ruth war die unberechenbarste und spannendste Figur, die trotz allem immer latent unsympathisch blieb, aber die als einzige immer integer war. Und auch, wenn wir alle Marty mochten, aber niemand hätte sich beschweren dürfen, wenn Marty am Ende niedergemäht worden wäre.

Das wollte ich noch sagen.

So bleibe ich jetzt mit diesem Ekelgefühl übrig und mit dem Gefühl, dass immer noch eine Fortsetzung möglich wäre.