[Notizen, Usedom]

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Regen, Wind, Regen, Regen, Regen, Wind.
Und Kälte.
Also: Regen, Wind, Regen, Regen, Kälte, Regen, Wind, Kälte.
Freitagabend in Zinnowitz.
Ich schrieb meiner Mutter eine SMS. Meine Mutter hat ein eigenartig inniges Band zu Usedom. Dass es nördlich der Alpen Strände gäbe, war ihr früher niemals in den Sinn gekommen. Letztes Jahr schrieb ich ihr ich läge an der Ostsee auf der Insel, auf Usedom. Das fand sie unheimlich toll, diese gewisse mystische Exotik einer Insel im Norden wenn man, wie sie, nur die brennenden Mittelmeerstrände kennt. Sie spricht den Namen Usedom aus als handele es sich um eine nordische Göttin. Zu allem Überfluß hat sie letzten Winter einen netten Südtirolurlauber aus Usedom kennengelernt und jetzt musste ich ihr eine Karte versprechen. Weil das Wetter aber dermassen Pest und Hagel war, beließ ich es erstmal bei einer SMS. Ich schrieb:
Bin auf usedom. Wunderbares wetter, wir liegen auf dem strand und stecken die füsse in den sand. Grüße dich herzlich. Dein sohn.
Sofort wurde mir wärmer.

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Den Preußenhof betreten wir hungrig. Und mit durchnässter Garderobe, mir durchnässtem Haar und durchnässtem Gemüt. Es gibt zwei freie Tische, doch sagt man uns sie seien reserviert. Die typischen Reservetische die man für erwünschte Gäste bereithält. Und dass wir nicht erwünscht sind ließt man dem Geruch ab, den Gästen, und dem Gesicht der Maitren. Trotz unserer guten Kleidung. Man ahnt unsere Gesinnung. Überhaupt, wie die sozialen Klassen verschwunden sind und durch die Gesinnung ersetzt wurden.

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Zum Ortspavillon gegangen weil Musik über die Bäume hinweg ins Dorf getragen wurde. Es spielte das Jugenorchester. Die Musiklehrerin dirigierte. Sie spielten La Bamba und ein Lied von ABBA. Im Publikum saßen Menschen zwischen 60 und 70. Sie klatschten den Rythmus. Was haben die bloß 1968 gemacht?

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LaConga, eine Cocktailbar. Die Szenekneipe in Zinnowitz. K bestellte einen Bushmills und dazu bitte ein Glas Leitungswasser. Die Szenewirtin, offensichtlich stolze Chefin des Hauses, lehnte ab. Sie könne ein Mineralwasser bringen, aber kein Wasser aus der Leitung. Das tun wir nicht. Komische Sache, Wasser zum Whiskey sei wie das Wasser zum Espresso– doch die Szenewirtin lehnte ab. Machen sie nicht. K fragte daher nach ein paar Eiswürfeln in einem eigenen Glas. Die würden schmelzen und sich als Wasser zum Verdünnen eignen. Das war wiederum in Ordnung.
Dann nahm sie meinen Wunsch auf. Auf der Getränkeliste gab es den Ardberg – Still Young, doch bei den ausgestellten (leeren) Flaschen an den Wänden sah ich den Ardbeg – TEN stehen. Ich zeigte auf den Stillyoung in der Karte und fragte ob sie von Ardbeg auch den zehnjährigen hätten, Stillyoung wäre mir heute nämlich ein bisschen zu grün. Und sie sagte: Stillyoung ist der zehnjährige. Ich sagte, neinnein, Stillyoung ist nicht der zehnjährige, Stillyoung ist der achtjährige, der zehnjährige trage den unmissverständlichen Namen: TEN. Und sie entgegnete: der Stillyoung ist der zehnjärhige.
Mir war das unangenehm, ich bin wahrlich kein Snob, es liegt mir nicht mit Namen und Fakten zu protzen, ich weiss nur was mir schmeckt und kenne mich daher ein bisschen aus, doch wollte ich nur wissen ob sie auch den zehnjährigen hätte. Ich zeigte auf eine der ausgestellten Flaschen an der Wand worauf stand: Ardbeg – TEN. Ob sie mir ein Glas aus so einer Flasche einschenken könne. Und sie sagte: Aber das sei doch der Stillyoung, und ich sagte resignierend, nein das ist der zehnjährige, auf dem Stillyoung stünde auch Stillyoung drauf. Und sie sagte, nein, das sei aber bei ihnen der Stillyoung. Ich sagte schongut. Also, fragte sie, Sie wollen einen Stillyoung? und ich dachte mir Baby, Dir geht es wirklich ums rechthaben, bevor ich also einen zehnjährigen als einen Stillyoung trinke, bestelle ich mir lieber einen Jack Daniels, nein, bäh, ich sagte: bitte einen Ardbeg aus der Flasche wo TEN draufsteht. Das reichte glücklicherweise.

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Am Montag auf dem Rückweg von den Ergebnissen der Wahlen im Iran gelesen.

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Ich wollte eigentlich schöne Sachen aufschreiben und jetzt habe ich nur von so bösem Zeug berichtet. War jedenfalls sehr schön wieder.

3 Kommentare

  1. Ach, wollte Sie gerade bitten, in Ahlbeck an meine Großmutter zu denken, aber nun sind Sie ja schon wieder zurück.

  2. Hätte ich gerne gemacht. Im Herbst wieder, bin von Usedom sehr angetan.

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