[Mo, 16.12.2024 – Hexenwetter, Popchor, grauer Bart]

Dieses Hexenwetter heute. Sturm. Elf Grad. Der dunkelgraue Himmel.
Nur der kalte Sprühregen muss nicht sein.

Mit der Superheldengeschichte komme ich nicht so gut voran. Ich habe bereits seit drei Tagen nicht mehr daran geschrieben. Sie liegt mir noch nicht, ich gerate in keinen Flow, um einmal länger am Stück daran zu schreiben. Ich denke zu wissen, woran es liegt. Dem Protagonisten (es ist jetzt doch ein Mann geworden) fehlt eine zweite Figur, eine befreundete Figur oder eine Referenzfigur, mit der er im Alltag interagiert.

Es gibt auch keine Neuigkeiten von der Novelle. Aber jetzt in der Weihnachtszeit schläft ohnehin die ganze Welt. Was ja auch das Schöne an dieser Zeit ist.

Abends waren meine Frau und ich auf einem Chorkonzert der Nachbarin. Sie singt in einem Pop-Chor, der gestern in der Mampe-Destillerie am Tempelhofer Berg sein Repertoire aufführte.
Ich wollte mich ja wieder einem Chor anschliessen. Eigentlich suche ich eher einen Chor, der ernsthaftes Zeug einstudiert. Vor allem Musik aus dem Frühbarock bis zur frühen Klassik. Auch späte Klassik meinetwegen oder italienische Romantik. Aber Pop kam für mich nie infrage. In meinen Teenagerjahren fand ich Popmusik widerlich. Damals hörte ich ausschliesslich Hardrock, Metal, Punkrock und industrielle Musik. Oder gross orchestrierten, symphonischen Rock wie Pink Floyd. Die einzige Pop-Etappe, die ich durchlief, war Madonna, in die ich natürlich verliebt war. Aber da war ich vielleicht 11. Insofern fehlt mir ein ganzes Stück Musikkultur. Manchmal stört mich das. Meistens aber nicht.
Von den vorgetragenen Liedern auf dem Konzert kannte ich lediglich Queens „Don’t stop me now“ und „Take on me“ von A-Ha. Die Schwester meines besten Freundes hörte ständig „Take on me“, daher kenne ich das. Und Queen holte ich nach, als ich dreissig Jahre alt war.

Auf dem Konzert dieses Pop-Chors musste ich allerdings feststellen, dass die Sängerinnen wesentlich mehr Spass zu haben schienen als in den Chören, in denen ich stets sang. Ausserdem waren sie wesentlich jünger bzw. in meinem Alter. In meinen früheren Chören sangen hauptsächlich ernsthafte alte Leute mit, die nie saufen gehen wollten.
Nun bin ich natürlich selber zwanzig Jahre älter als damals in meinem letzten Chor. Meine Frau meinte, dass die Leute in diesem Popchor alle jünger seien als wir. Vielleicht wollen wir ja gar nicht mehr saufen gehen.

Auch so eine Sache: Ich erkenne es immer sehr schlecht, wenn Menschen jünger sind als ich. Ich habe mein eigenes inneres Bild noch nicht korrigiert. Im Spiegel sehe ich aus wie 50, aber aus meinem inneren Spiegel heraus schaut mich immer noch der Mann Mitte dreissig an. Der mit dem schwarzen Gesichtshaar und der glatten Haut.

Ein Kommentar

  1. Ja, das ist erstaunlich, wie sehr das innere Bild von dem im Spiegel abweicht, oder? In Terry Pratchetts „Mort“ gibt es eine Szene, in der der Tod zu einer alten Hexe kommt. Dem alten, toten Körper entsteigt ein Geist, dessen Erscheinungsbild das einer jungen Frau ist. Daran muss ich immer wieder denken, wenn mir alte, aufgeschlossene Leute begegnen. Wie wohl deren inneres Selbstbild aussieht?
    Wobei mich ja sogar das, was ich selbst im Spiegel sehe, betrügt. Auf Fotos sehe ich für mich gänzlich anders aus! Es verursacht eine schwer kognitive Dissonanz, wie sehr meine Selbstwahrnehmung hier abweicht. Ich frage mich, wie vielen in meinem Alter das so geht. Obwohl: Mit Leuten in meinem Alter kann ich kaum etwas anfangen, mindestens 5 Jahre jünger, eventuell eher 10, dann funktioniert das schon eher. Und es kommen Momente, da bin ich nicht mal 20. Das ist alles sehr verwirrend, wenn man eigentlich schon 45 ist. Ständig dieses seltsame Gefühl, nicht den Erwartungen zu entsprechen, wie Leute in meinem Alter eigentlich sind.

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