[Fr, 20.6.2025 – Aperitif, Erkner]

Heute gingen wir noch auf einen spontanen Mittsommerdrink. Das Backaro an der Proskauer war zu unserer Enttäuschung leider schon überfüllt. Das Schöne daran, an der Proskauer zu sitzen, ist die Enge an der Straßenseite. Es führt nur dieser – für Berliner Verhältnisse enge – Bürgersteig zwischen Lokal und Außentischen. Es gibt uns dieses urbane Gefühl, den Aperitif in einer dichtbepackten mediterranen Stadt zu trinken. So funktionieren Aperitive am besten. Im Backaro, das eigentlich eine kleine Bäckerei ist, servieren sie zudem immer ein kleines Häppchen, oft getrocknetes Knoblauchbrot oder kleine Focacciaschnitten. In meiner Jugend aß ich manchmal gar kein richtiges Abendessen. Wenn man in Bozen in die richtigen Bars ging, bekam man zu jedem Bier oder Wein so viele Chips, Oliven oder Brotschnitten, dass man nach der dritten Runde eigentlich immer gegessen hatte. Damals war ich auch schlanker.

Stattdessen gingen wir runter zur Frankfurter Allee, auf diesen breiten, grünen Bereich nördlich der Straße, dieser Bereich, der fast schon die Qualität eines Parks hat, mit dem promenadenartigen Sandweg, der fast bis zum Alex führt. Ich wundere mich oft, dass dieser kilometerlange Abschnitt nie zu einer Gastromeile geworden ist. Berlinerinnen haben diese als repräsentative Flaniermeile konzipierte Straße nie wirklich angenommen, zumindest nie zu ihrem ganzen Potential ausgeschöpft. Stünde dieses Stück Stadt in Paris oder Rom, wäre es vermutlich die wichtigste Anlaufstelle für das Partyvolk. Aber Berlin feiert offenbar lieber in dunklen Kellern und finsteren Straßen, so ist meine Lesart, und das finde ich auch wieder sympathisch. Es passt auch durchaus zu der Einstellung, dass wir gerne an der dichtbepackten Proskauer sitzen.

Dennoch: Wir setzten uns mit der Hündin vor diese Cocktailbar an der Frankfurter. Wir bestellten einen Aperitif, schauten den Menschen zu, die sommerliche Abendluft umhüllte unsere Haut und wir wurden ganz cremig. Wir wollten gar nicht mehr weg.

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Am Abend sitze ich neuerdings immer in unserem Erkner. Seit wir dort passende Sitzmöbel hingestellt haben, die wir mit Kissen und einem Rentierfell auslegten, ist der Erkner die schönste Ecke der gesamten Wohnung geworden. Es ist kein richtiger Erker, es ist eine Ausstülpung des Wohnzimmers, die statisch in den kleinen Balkon überführen sollte. Weil er kein richtiger Erker ist, nennen wir ihn Erkner, wie die Endhaltestelle der U5, weil Erkner ja auch kein richtiges Berlin mehr ist, nur eine Ausstülpung, die ins Brandenburg überführt.

Ich war vor vielen Jahren einmal in Erkner. Ich stieg in die U5 und fuhr die ganze Strecke bis zur Endhaltestelle. In der Hoffnung, zu irgendeiner Erkenntnis zu gelangen. Als ich ausstieg, verließ ich einmal den Bahnhof, schaute in die Runde, konnte aber nicht recht zu einer Erkenntnis kommen. Also drehte ich wieder um und fuhr nach Hause.

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Loveletters.

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